Erstattungsfähigkeit von Rechtsanwaltskosten bei der Schadensregulierung mit dem eigenen Kaskoversicherer
BGH 11.7.2017, VI ZR 90/17Das Fahrzeug des Klägers und das bei der Beklagten zu 3) haftpflichtversicherte Fahrzeug des Beklagten zu 2) hatten einen Verkehrsunfall. Beide Fahrzeuge erlitten Schäden. Der Kläger wurde verletzt. Er beauftragte sodann seinen Anwalt, der mit der Abwicklung des Schadensfalls gegenüber der Beklagten betraut war, auch die Ansprüche gegenüber seinem Kaskoversicherer geltend zu machen. Der Bevollmächtigte nahm daher mit dem Kaskoversicherer Kontakt auf und übersandte ihm das Abrechnungsschreiben des gegnerischen Versicherers. Zunächst zahlte der Versicherer rd. 4.000 €.
Nach weiterem anwaltlichen Schreiben regulierte der Kaskoversicherer den Vollkaskoschaden anteilig mit rd. 4.900 €. Dieser Betrag entspricht der Hälfte des Gesamtschadens bestehend aus Reparatur-, Abschlepp- und Sachverständigenkosten. Der Bevollmächtigte rechnete sodann seine anwaltliche Tätigkeit gegenüber dem Kläger mit rd. 490 € auf Grundlage eines Gegenstandswerts von rd .4.900 € ab und setzte dabei eine Geschäftsgebühr von 1,3 an. Der Kläger machte mit seiner Klage u.a. die Zahlung der Rechtsanwaltskosten geltend.
Das LG nahm eine Haftung der Beklagten i.H.v. 50 % an und verurteilte die Beklagten - soweit hier noch erheblich - zur Zahlung von Schadensersatz i.H.v. weiteren rd. 500€. Wegen des Anspruchs auf Erstattung der durch die Vertretung gegenüber dem Kaskoversicherer angefallenen Rechtsanwaltskosten i.H.v. rd. 490 € wies es die Klage ab. Die auf auf den hälftigen Betrag in Höhe von rd. 245 € beschränkte Revision hatte vor dem BGH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Der Kläger hat im Ergebnis keinen Anspruch auf Ersatz der entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten gem. § 249 Abs. 1 BGB.
Zu den ersatzfähigen Aufwendungen zählen zwar grundsätzlich alle durch das Schadensereignis verursachten Kosten. Die Kosten für die Anmeldung des Versicherungsfalls bei dem eigenen Kaskoversicherer durch einen Anwalt können daher ersatzfähig sein. Dies ist aber nur dann der Fall, wenn die Inanspruchnahme der anwaltlichen Hilfe aus Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig war. Im vorliegenden Fall ist es dem Kläger selbst möglich gewesen, seinen Kaskoversicherer anzuschreiben und ihm den Schaden zu melden, denn es gab keine Hinweise darauf, dass der Kaskoversicherer zögerlich oder fehlerhaft regulieren werde. Die konkrete Tätigkeit des Bevollmächtigten bestand zunächst lediglich in der Übersendung der Unterlagen und Meldung des Schadensfalls, was auch dem Kläger möglich gewesen wäre.
Allein der Umstand, dass bei der späteren Abwicklung durch den Kaskoversicherer ein Quotenvorrecht u.U. zu berücksichtigen sein könnte, reicht nicht aus, um die Erforderlichkeit anwaltlicher Hilfe schon bei der ersten Kontaktaufnahme mit dem Kaskoversicherer zu begründen.
Wird jedoch im späteren Verlauf aufgrund einer umfangreichen Korrespondenz mit dem Kaskoversicherer eine anwaltliche Vertretung erforderlich, wird durch die zu frühe Einschaltung des Anwalts der gem. § 287 ZPO frei zu schätzende Schaden wegen der Rechtsverfolgungskosten nicht vollständig ausgeschlossen. Denn bei der Geschäftsgebühr handelt es sich um eine Satzrahmengebühr i.S.v. § 13 Abs. 1 S. 1, § 14 Abs. 1 S. 1 RVG, die zwar zum ersten Mal fällig wird, wenn der Anwalt die erste Tätigkeit des Auftrags ausführt. Aber bei jeder weiteren Erfüllung des Gebührentatbestands durch eine Tätigkeit entsteht die Rahmengebühren erneut. Der Anwalt kann die Gebühr jedoch nur einmal verlangen.
Im Ergebnis hat der Kläger jedoch keinen Anspruch auf Erstattung der Rechtsanwaltskosten, weil die entstandenen Kosten den Beklagten nicht zugerechnet werden können. Denn der Kläger nimmt den Kaskoversicherer nur auf den ihm selbst ohnehin verbleibenden Schadensanteil i.H.v. 50 % in Anspruch. Der Kläger und der Beklagte haften im Streitfall beide zu 50 %. Die eine Hälfte hat der Kläger selbst zu tragen.
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