Extrakt CBD (Cannabidiol) darf nicht unter der Rubrik "Nahrungsergänzungsmittel" beworben werden
LG Essen v. 17.6.2021 - 43 O 72/20
Der Sachverhalt:
Die Beklagte vertreibt über ihre Internetseite mehrere Produkte mit dem Extrakt CBD (Cannabidiol) unter der Rubrik "Nahrungsergänzungsmittel". Es handelt sich dabei um ein nikotinfreies sog. Liquid ohne psychotrope Eigenschaften, das in handelsüblichen Vaporizern verwendet werden kann. In ihrer Internetwerbung beschrieb die Beklagte ihr Produkt u.a. wie folgt:
1. "[...] und so gelangen die heilsamen Wirkstoffe über die Lunge in den Blutkreislauf.",
2. "Die Forscher sind sich sicher, dass CBD durchaus eine spannende und effektive Möglichkeit ist, der Nikotinsucht entgegen zu wirken. Sie sagen: "CBD ist für seine subtile und nachhaltige Wirkung bekannt." Ist eigentlich logisch, wenn man weiß wie positiv CBD im Körper agiert. Diese Erkenntnis rechtfertigt weitere Forschungen an dem Thema, denn CBD stellt eine potentielle Behandlungsform für die Nikotinabhängigkeit dar.",
3. "Apropos Nikotin: Wussten Sie, dass man mittels gesundem Vaporisieren von CBD vom schädlichen Zigarettenrauchen loskommen kann? Ja, das ist tatsächlich so und wurde 2013 in einer randomisierten Doppelblindstudie an der Universität von M nachgewiesen. Sieben Tage lang erhielten 12 Raucher Inhalatoren mit CBD und 12 weitere Raucher Inhalatoren mit einem Placebo Stoff. Immer wenn der Drang zum Rauchen aufkam sollten die Teilnehmer inhalieren.Die Raucher, die das CBD inhalierten konnten ihren Zigaretten-Konsum um 40 % reduzieren! Man beachte, dass man lediglich eine Woche lang den Test durchgeführt hat. Um die Wirkung zu unterstreichen wurden die Teilnehmer in den nächsten Wochen befragt. Der Effekt blieb erhalten und die Teilnehmer rauchten weniger.Die Placebo Gruppe bemerkte keinen Unterschied bei ihrer Nikotinsucht. Der Tabakkonsum blieb gleich."
Der Kläger ist ein Wettbewerbsverband. Er sah in der Werbung mehrerer Wettbewerbsverstöße. Mit Abmahnung im Juli 2020 forderte er die Beklagte zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung auf. Die Beklagte gab zwar eine Teilunterlassungserklärung ab, lehnte aber die Abgabe einer Unterlassungsverpflichtungserklärung ab.
Das LG gab der Unterlassungsklage vollumfänglich statt.
Die Gründe:
Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Unterlassungsanspruch gem. § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2 UWG in der bis zum 1.12.2020 geltenden Fassung zu.
Die Werbung ist irreführend. Wird in der Werbung auf die Gesundheit Bezug genommen, gelten besonders strenge Anforderungen an die Richtigkeit, Eindeutigkeit und Klarheit der Aussagen. Dies rechtfertigt sich durch die Bedeutung des Rechtsguts Gesundheit und die hohe Werbewirksamkeit gesundheitsbezogener Aussagen. Zwar hat die Beklagte eine randomisierte, placebo-kontrollierte Doppelblindstudie vorgelegt. Diese trägt jedoch die von der Beklagten getätigten Werbeaussagen nicht. Daher wird dem beworbenen Produkt eine therapeutische Wirksamkeit oder Wirkung beigelegt, die das Mittel nicht - nachgewiesen - hat (§ 3 S. 2 Nr. 1 HWG). So ist es entgegen der Werbeaussage Nr. 3 gerade nicht belegt, dass man durch Vaporisieren von CBD eine Nikotinabhängigkeit beenden kann.
Die hierdurch vermittelte Irreführung wird nicht dadurch aufgehoben, dass die Beklagte im Nachsatz ausführt, die Erkenntnisse rechtfertigten weitere Forschungen zu dem Thema, da CBD eine potientielle Behandlungsform für die Nikotinabhängigkeit darstelle. Schließlich wird auch die generelle Aussage, dass CBD "heilsame Wirkstoffe" aufweise (Werbeaussage Nr. 1), durch die Studie nicht gestützt. Damit wird nämlich nach dem Kontext der Werbeaussage nicht die suchthemmende Wirkung assoziiert, sondern eine unmittelbar positive Auswirkung auf die Lunge und den Blutkreislauf ("gelangen über die Lunge in den Blutkreislauf").
Da nach dem "Strengeprinzip" gesundheitsbezogene Aussagen in einer Werbung für Arzneimittel nur dann zulässig sind, wenn sie gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnis entsprechen, muss der vom Werbenden in Anspruch genommene Stand der Wissenschaft bereits im Zeitpunkt der Werbung dokumentiert sein. Nicht ausreichend ist es hingegen, wenn der Werbende sich erst im Laufe des Prozesses auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens beruft.
Justiz NRW
Die Beklagte vertreibt über ihre Internetseite mehrere Produkte mit dem Extrakt CBD (Cannabidiol) unter der Rubrik "Nahrungsergänzungsmittel". Es handelt sich dabei um ein nikotinfreies sog. Liquid ohne psychotrope Eigenschaften, das in handelsüblichen Vaporizern verwendet werden kann. In ihrer Internetwerbung beschrieb die Beklagte ihr Produkt u.a. wie folgt:
1. "[...] und so gelangen die heilsamen Wirkstoffe über die Lunge in den Blutkreislauf.",
2. "Die Forscher sind sich sicher, dass CBD durchaus eine spannende und effektive Möglichkeit ist, der Nikotinsucht entgegen zu wirken. Sie sagen: "CBD ist für seine subtile und nachhaltige Wirkung bekannt." Ist eigentlich logisch, wenn man weiß wie positiv CBD im Körper agiert. Diese Erkenntnis rechtfertigt weitere Forschungen an dem Thema, denn CBD stellt eine potentielle Behandlungsform für die Nikotinabhängigkeit dar.",
3. "Apropos Nikotin: Wussten Sie, dass man mittels gesundem Vaporisieren von CBD vom schädlichen Zigarettenrauchen loskommen kann? Ja, das ist tatsächlich so und wurde 2013 in einer randomisierten Doppelblindstudie an der Universität von M nachgewiesen. Sieben Tage lang erhielten 12 Raucher Inhalatoren mit CBD und 12 weitere Raucher Inhalatoren mit einem Placebo Stoff. Immer wenn der Drang zum Rauchen aufkam sollten die Teilnehmer inhalieren.Die Raucher, die das CBD inhalierten konnten ihren Zigaretten-Konsum um 40 % reduzieren! Man beachte, dass man lediglich eine Woche lang den Test durchgeführt hat. Um die Wirkung zu unterstreichen wurden die Teilnehmer in den nächsten Wochen befragt. Der Effekt blieb erhalten und die Teilnehmer rauchten weniger.Die Placebo Gruppe bemerkte keinen Unterschied bei ihrer Nikotinsucht. Der Tabakkonsum blieb gleich."
Der Kläger ist ein Wettbewerbsverband. Er sah in der Werbung mehrerer Wettbewerbsverstöße. Mit Abmahnung im Juli 2020 forderte er die Beklagte zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung auf. Die Beklagte gab zwar eine Teilunterlassungserklärung ab, lehnte aber die Abgabe einer Unterlassungsverpflichtungserklärung ab.
Das LG gab der Unterlassungsklage vollumfänglich statt.
Die Gründe:
Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Unterlassungsanspruch gem. § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2 UWG in der bis zum 1.12.2020 geltenden Fassung zu.
Die Werbung ist irreführend. Wird in der Werbung auf die Gesundheit Bezug genommen, gelten besonders strenge Anforderungen an die Richtigkeit, Eindeutigkeit und Klarheit der Aussagen. Dies rechtfertigt sich durch die Bedeutung des Rechtsguts Gesundheit und die hohe Werbewirksamkeit gesundheitsbezogener Aussagen. Zwar hat die Beklagte eine randomisierte, placebo-kontrollierte Doppelblindstudie vorgelegt. Diese trägt jedoch die von der Beklagten getätigten Werbeaussagen nicht. Daher wird dem beworbenen Produkt eine therapeutische Wirksamkeit oder Wirkung beigelegt, die das Mittel nicht - nachgewiesen - hat (§ 3 S. 2 Nr. 1 HWG). So ist es entgegen der Werbeaussage Nr. 3 gerade nicht belegt, dass man durch Vaporisieren von CBD eine Nikotinabhängigkeit beenden kann.
Die hierdurch vermittelte Irreführung wird nicht dadurch aufgehoben, dass die Beklagte im Nachsatz ausführt, die Erkenntnisse rechtfertigten weitere Forschungen zu dem Thema, da CBD eine potientielle Behandlungsform für die Nikotinabhängigkeit darstelle. Schließlich wird auch die generelle Aussage, dass CBD "heilsame Wirkstoffe" aufweise (Werbeaussage Nr. 1), durch die Studie nicht gestützt. Damit wird nämlich nach dem Kontext der Werbeaussage nicht die suchthemmende Wirkung assoziiert, sondern eine unmittelbar positive Auswirkung auf die Lunge und den Blutkreislauf ("gelangen über die Lunge in den Blutkreislauf").
Da nach dem "Strengeprinzip" gesundheitsbezogene Aussagen in einer Werbung für Arzneimittel nur dann zulässig sind, wenn sie gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnis entsprechen, muss der vom Werbenden in Anspruch genommene Stand der Wissenschaft bereits im Zeitpunkt der Werbung dokumentiert sein. Nicht ausreichend ist es hingegen, wenn der Werbende sich erst im Laufe des Prozesses auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens beruft.