Faire digitale Märkte: Torwächter müssen ab jetzt alle DMA-Regeln einhalten
Ziel des Gesetzes über digitale Märkte ist es, die digitalen Märkte in der EU bestreitbarer und fairer zu machen. (Bestreitbarkeit bezeichnet in der Mikroökonomie, wie zugänglich ein Markt für potentielle Konkurrenten ist). In dem Gesetz werden neue Vorschriften für zehn definierte zentrale Plattformdienste wie Suchmaschinen, Online-Marktplätze, Geschäfte für Software-Anwendungen, Online-Werbedienste und -Nachrichtenübermittlungsdienste festgelegt und europäischen Unternehmen und Endnutzern neue Rechte eingeräumt.
Möglichkeiten durch den DMA für gewerbliche Nutzer
In der EU niedergelassene gewerbliche Nutzer, die auf von den sechs Torwächtern angebotene Dienste angewiesen sind, um ihre Kunden zu erreichen, verfügen ab dem 7. März über neue Möglichkeiten. So können gewerbliche Nutzer nun beispielsweise
- im Wettbewerb mit Diensten der Torwächter auf deren Plattformen von einer fairen Behandlung und gleichen Wettbewerbsbedingungen profitieren
- Interoperabilität mit den Diensten der Torwächter beantragen, um neue, innovative Dienste anzubieten
- ihre Software-Anwendungen über andere Kanäle als die von den Torwächtern betriebenen Geschäfte für Software-Anwendungen verkaufen
- auf die durch ihre Tätigkeiten auf den Plattformen der Torwächter generierten Daten zugreifen
- außerhalb der Plattformen der Torwächter Angebote bewerben und Verträge mit Kunden abschließen
Größere Auswahl und mehr Innovation
Endnutzer profitieren von größerer Auswahl und mehr Innovation im digitalen Raum in Europa. Sie haben jetzt die Möglichkeit,
- ihre Entscheidungsfreiheit zurückzuerlangen, und sind nicht mehr an die vom Torwächter festgelegten Standardoptionen gebunden; so können sie alternative Geschäfte für Software-Anwendungen und andere Dienste als die von den Torwächtern angebotenen Dienste wählen
- eine bessere Kontrolle über ihre Daten zu erlangen, indem sie entscheiden können, ob die Torwächter ihre Konten miteinander verknüpfen und dadurch ihre personenbezogenen Daten über verschiedene Dienste hinweg erheben und zusammenführen können
- einfach Zugang zu Daten von einem Dienst oder einer Software-Anwendung zu erhalten und diese Daten auf einen anderen Dienst oder eine andere Software-Anwendung zu übertragen und dort zu nutzen, wodurch eine nahtlose Datensicherung und -übertragung zwischen verschiedenen Diensten möglich wird
- alternative elektronische Identifizierungsdienste und alternative Zahlungsdienste für in der Software-Anwendung integrierte Käufe zu verwenden
Berichtspflichten
Die Torwächter haben vor Ablauf der Frist begonnen, Maßnahmen zur Einhaltung des Gesetzes über digitale Märkte zu testen, zu denen Dritte Rückmeldungen gegeben haben. Ab dem 7. März sind die Torwächter verpflichtet, in einem Compliance-Bericht die wirksame Einhaltung der Vorschriften nachzuweisen und die ergriffenen Maßnahmen darzulegen. Die öffentlichen Fassungen dieser Berichte sind auf der speziellen Website der Kommission zum Gesetz über digitale Märkte einsehbar. Jetzt müssen die benannten Torwächter der Kommission zusätzlich zur nichtvertraulichen Fassung des Berichts auch eine von unabhängiger Stelle geprüfte Beschreibung aller zum Verbraucher-Profiling verwendeten Techniken vorlegen.
Die Kommission wird die Compliance-Berichte nun analysieren und prüfen, ob die ergriffenen Maßnahmen wirksam zur Erreichung der Ziele der entsprechenden im Gesetz über digitale Märkte vorgesehenen Verpflichtungen beitragen. Die Kommission berücksichtigt bei ihrer Prüfung auch Beiträge von Interessenträgern, so auch im Rahmen der Compliance-Workshops, bei denen Torwächter ihre Lösungsvorschläge präsentieren können.
Durchsetzung
Die Kommission kann förmliche Durchsetzungsmaßnahmen ergreifen und dabei das ihr zur Verfügung stehende Instrumentarium zur vollständigen Durchsetzung des Gesetztes über digitale Märkte voll ausschöpfen.
Besteht der Verdacht einer Zuwiderhandlung, kann die Kommission ein Verfahren zur Untersuchung des möglichen Verstoßes einleiten. Bei Zuwiderhandlungen kann die Kommission Geldbußen von bis zu 10 % des von dem betreffenden Unternehmen weltweit erzielten Gesamtumsatzes verhängen; bei einer wiederholten Zuwiderhandlung kann die Geldbuße auf bis zu 20 % hochgesetzt werden. Darüber hinaus ist die Kommission im Falle systematischer Zuwiderhandlungen auch befugt, zusätzliche Abhilfemaßnahmen aufzuerlegen. Beispielsweise kann sie einen Torwächter dazu verpflichten, ein Unternehmen oder Teile davon zu verkaufen, oder sie kann dem Torwächter verbieten, zusätzliche Dienste zu erwerben, die mit der systematischen Nichteinhaltung der Vorschriften in Verbindung stehen.
Hintergrund
Das Gesetz über digitale Märkte und das Gesetz über digitale Dienste bilden ein einheitliches, für die gesamte EU geltendes Regelwerk, mit dem ein sicherer digitaler Raum, in dem die Grundrechte der Nutzer gewahrt werden, und gleiche Wettbewerbsbedingungen für Unternehmen geschaffen werden sollen.
Ziel des Gesetzes über digitale Märkte ist es, für bestreitbare und faire Märkte im digitalen Sektor zu sorgen. Das Gesetz regelt die Verpflichtungen der Torwächter, bei denen es sich um große digitale Plattformen handelt, die gewerblichen Nutzern als wichtiges Zugangstor zu Kunden dienen und die aufgrund ihrer Stellung die Macht haben, den Marktzugang in der digitalen Wirtschaft zu kanalisieren.
Am 5. September 2023 benannte die Kommission sechs Torwächter - Alphabet, Amazon, Apple, ByteDance, Meta, Microsoft - und 22 ihrer zentralen Plattformdienste. Nach der Benennung hatten die Torwächter sechs Monate Zeit, die Einhaltung aller im Gesetzt über digitale Märkte vorgesehenen Verpflichtungen sicherzustellen, damit den Endnutzern und gewerblichen Nutzern der Dienste der Torwächter größere Auswahlmöglichkeiten geboten werden und mehr Freiheit eingeräumt wird. Die Kommission hat einen Jahresbericht über die Umsetzung des Gesetzes über digitale Märkte im Jahr 2023 und die Fortschritte bei der Erreichung seiner Ziele veröffentlicht.
Am 12. Februar 2024 stellte die Kommission vier Marktuntersuchungen ein, nachdem sie festgestellt hatte, dass Apple und Microsoft für die folgenden zentralen Plattformdienste nicht als Torwächter benannt werden sollten: für den Nachrichtenübermittlungsdienst iMessage von Apple sowie für die Online-Suchmaschine Bing, den Webbrowser Edge und den Online-Werbedienst Microsoft Advertising von Microsoft.
Am 1. März 2024 teilten Booking, ByteDance und X der Kommission mit, dass ihre Dienste möglicherweise die im Gesetz über digitale Märkte festgelegten Schwellenwerte erreichen. In dem Fall würden sie den neuen EU-Vorschriften für Plattformen von Torwächtern unterliegen. Die Kommission wird innerhalb von 45 Arbeitstagen, also spätestens am 13. Mai 2024, eine diesbezügliche Entscheidung treffen.
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