29.09.2023

Femannose: EuGH soll Blasenmittel pharmakologisch einordnen

Handelt es sich um eine pharmakologische Wirkung i.S.v. Art. 1 Nr. 2 b Fall 1 der Richtlinie 2001/83/EG, wenn die in Frage stehende Substanz (hier: D-Mannose) durch eine im Wege von Wasserstoffbrücken vermittelte reversible Bindung an Bakterien verhindert, dass sich die Bakterien an menschliche Zellen (hier: die Blasenwand) binden?

BGH v. 14.9.2023 - I ZR 4/21
Der Sachverhalt:
Die Beklagte zu 1) hat das Produkt "Femannose®" als Medizinprodukt "zur Behandlung und Prävention von Zystilitis (Blasenentzündung) sowie anderen Harnwegsinfekten" vertrieben. In dem Produkt waren als wesentliche Bestandteile D-Mannose und Cranberry-Extrakt enthalten. Die Beklagte zu 2) betreibt eine Internetseite, auf der das Produkt bis Mitte Oktober 2017 beworben worden war. Seit Oktober 2017 bringt die Beklagte zu 1) das Produkt ohne den Inhaltsstoff Cranberry-Extrakt unter der Bezeichnung "Femannose® N" in den Verkehr. Auf der Verpackung heißt es nun "zur Prävention und unterstützenden Behandlung von Zystilitis (Blasenentzündung) sowie anderen Harnwegsinfekten".

Der Kläger war der Ansicht, die Produkte seien nicht als Medizinprodukte verkehrsfähig, vielmehr handele es sich um - als solche unstreitig nicht zugelassene - Arzneimittel. Seine Abmahnung blieb erfolglos.

Das LG hat der Unterlassungsklage stattgegeben. Das OLG hat die Entscheidung bestätigt. Auf die hiergegen gerichtete Revision der Beklagten hat der BGH das Verfahren ausgesetzt und die Sache dem EuGH hinsichtlich der Auslegung des Art. 1 Nr. 2 b Fall 1 der Richtlinie 2001/83/EG zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel zur Vorabentscheidung vorgelegt.

Gründe:
Der Erfolg der Revision hängt davon ab, ob das Berufungsgericht zu Recht einen Verstoß gegen § 3a Satz 1 HWG und § 21 Abs. 1 Satz 1 AMG angenommen hat, weil die Produkte der Beklagten zu 1) eine pharmakologische Wirkung hätten, die menschlichen physiologischen Funktionen in nennenswerter Weise beeinflussen könnten und daher Funktionsarzneimittel i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 2 a AMG und Art. 1 Nr. 2 b der Richtlinie 2001/83/EG seien.

Dem EuGH wird zur Auslegung von Art. 1 Nr. 2 b Fall 1 der Richtlinie 2001/83/EG zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Handelt es sich um eine pharmakologische Wirkung i.S.v. Art. 1 Nr. 2 b Fall 1 der Richtlinie 2001/83/EG, wenn die in Frage stehende Substanz (hier: D-Mannose) durch eine im Wege von Wasserstoffbrücken vermittelte reversible Bindung an Bakterien verhindert, dass sich die Bakterien an menschliche Zellen (hier: die Blasenwand) binden?

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Aufsatz:
Irreführende Werbung mit "Klimaneutralität"
Stefan Ernst, MDR 2022, 1320

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