Festlegung der Eigenkapitalzinssätze für die zweite Regulierungsperiode
BGH v. 11.12.2019 - EnVR 48/17Die Betroffene betreibt ein Strom- und ein Gasverteilernetz. Sie wendet sich gegen die Festlegung der Eigenkapitalzinssätze gem. § 7 Abs. 6 StromNEV und § 7 Abs. 6 GasNEV (im Folgenden nur: StromNEV) für die zweite Regulierungsperiode. Mit Beschluss vom 31.10.2011 (BK4-11-304) legte die Bundesnetzagentur den Eigenkapitalzinssatz zur Bestimmung der Erlösobergrenzen für die Betreiber von Strom- und Gasnetzen in der zweiten Regulierungsperiode für Neuanlagen auf 9,05 % vor Steuern und für Altanlagen auf 7,14 % vor Steuern fest.
Das OLG hob diesen Beschluss insoweit auf, als die Festlegung nach Nr. 2 ihres Tenors unter dem Vorbehalt des Widerrufs stand. Die weitergehende, auf vollständige Aufhebung und Neubescheidung gerichtete Beschwerde der Betroffenen blieb hingegen ohne Erfolg. Die Rechtsbeschwerde der Betroffenen hatte vor dem BGH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Es ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, dass das OLG die Einbeziehung von Wertpapieren mit einer Restlaufzeit von sieben Jahren und weniger als zulässig angesehen hat.
Nach § 7 Abs. 4 Satz 1 StromNEV darf der Eigenkapitalzinssatz den auf die letzten zehn abgeschlossenen Kalenderjahre bezogenen Durchschnitt der von der Deutschen Bundesbank veröffentlichten Umlaufsrenditen festverzinslicher Wertpapiere inländischer Emittenten zuzüglich eines angemessenen Zuschlags zur Abdeckung netzbetriebsspezifischer unternehmerischer Wagnisse nach § 7 Abs. 5 StromNEV nicht überschreiten. Der Wortlaut dieser Vorschrift sieht eine weitere Differenzierung zwischen einzelnen Kategorien von Wertpapieren der darin festgelegten Art nicht vor. Dies spricht für den von der Bundesnetzagentur eingeschlagenen Weg, den gemittelten Wert heranzuziehen, den die Deutsche Bundesbank in ihrer Statistik unter der Rubrik "Insgesamt" für alle Arten von Wertpapieren inländischer Emittenten ausweist.
Ob sich aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift ergibt, dass die Regulierungsbehörde stattdessen den Wert für diejenige Unterkategorie von Wertpapieren heranzuziehen hat, deren Anlagestruktur möglichst weitgehende Ähnlichkeiten mit der Investition in ein Strom- oder Gasnetz aufweist, kann dahingestellt bleiben. Auch bei Anlegung dieses Maßstabes erweist sich die Entscheidung des OLG als frei von Rechtsfehlern. Die Statistik der Deutschen Bundesbank erfasst Wertpapiere mit einer Gesamtlaufzeit von mehr als vier Jahren. Die längste Laufzeit beträgt mehr als 55 Jahre. Diese Variationsbreite entspricht der typischen Nutzungsdauer der zu einem Versorgungsnetz gehörenden Gegenstände. Eine Auswahl, die sich nicht nur an der Laufzeit, sondern auch an der Restlaufzeit der Wertpapiere orientiert, hat der Senat in früheren Entscheidungen bereits als wenig einleuchtend angesehen, weil auch für die Verzinsung des Eigenkapitals nicht nach der voraussichtlichen Restnutzungsdauer des jeweiligen Netzes unterschieden wird.
Aus dem Vorbringen der Rechtsbeschwerde zur Bedeutung der Restlaufzeit eines Wertpapiers für die zu erwartende Umlaufsrendite und aus den von ihr wiedergegebenen Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen, wonach der von der Bundesnetzagentur herangezogene Wert einen Anlagehorizont von durchschnittlich fünf Jahren widerspiegle, während ein Netz typischerweise mehr als zehn Jahre genutzt werde, ergibt sich keine abweichende Beurteilung. Aus diesem Vorbringen ergibt sich zwar, dass der Restlaufzeit im Zeitpunkt der Anlage ausschlaggebende Bedeutung für die Rendite zukommt. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde folgt daraus indes nicht zwingend, dass als Vergleichsmaßstab Wertpapiere mit einer Restlaufzeit von mehr als sieben Jahren heranzuziehen sind.
Das OLG hat sich mit dieser Fragestellung befasst und ist in tatrichterlicher Würdigung zu dem Ergebnis gelangt, dass auch eine Restlaufzeit von fünf bis zehn Jahren nicht als kurzfristig anzusehen ist. Es hat den von der Bundesnetzagentur herangezogenen Wert unter Bezugnahme auf die Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen als besonders geeignet angesehen, weil ein Wertpapier typischerweise über die gesamte Laufzeit denselben Zinssatz bietet, während die Verzinsung einer Netzinvestition typischerweise Schwankungen unterliegt. Diese Erwägungen lassen keinen Rechtsfehler erkennen. Sie tragen vielmehr der von der Betroffenen postulierten Vorgabe, dass die Anlagestruktur der berücksichtigten Wertpapiere die Besonderheiten einer Netzinvestition möglichst weitgehend widerspiegeln muss, in angemessener Weise Rechnung.
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