Finanzierter Autokauf: Annahmeverzug bzw. Voraussetzungen des wörtlichen Angebots nach § 295 BGB
BGH v. 14.6.2022 - XI ZR 552/20
Der Sachverhalt:
Die Kläger hatte im März 2017 einen gebrauchten Land Rover für 37.100 € erworben. Zur Finanzierung des über eine Anzahlung von 9.600 € hinausgehenden Kaufpreises schlossen die Parteien einen Darlehensvertrag über 27.500 € ab. Im Juni 2019 erklärten die Kläger den Widerruf ihrer auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärungen und boten der Beklagten an, ihr "im Rahmen der Abwicklung des Widerrufs das finanzierte Fahrzeug an Ihren Geschäftssitz zu übergeben".
Nachdem die Beklagte den Widerruf als verfristet zurückgewiesen hatte, forderten die Kläger im Juli 2019 die Beklagte auf, die geleistete Anzahlung sowie die Zins- und Tilgungsleistungen Zug um Zug gegen Rückgabe des finanzierten Fahrzeugs herauszugeben. Im April 2020 lösten die Kläger das Darlehen mit Zahlung der Schlussrate vertragsgemäß ab.
Die Kläger begehrten zuletzt die Rückzahlung der Anzahlung sowie der von ihnen auf das Darlehen erbrachten Leistungen i.H.v. insgesamt rund 37.742 € nebst Rechtshängigkeitszinsen Zug um Zug gegen, hilfsweise nach Rückgabe und Rückübereignung des finanzierten Fahrzeugs; ferner verlangen sie die Feststellung, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Fahrzeugs in Annahmeverzug befinde, und die Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten.
Die Klage blieb in allen Instanzen erfolglos.
Gründe:
Der Auffassung des OLG konnten nur im Ergebnis zugestimmt werden.
Das Berufungsgericht ist zwar zutreffend davon ausgegangen, dass den Klägern bei Abschluss des Darlehensvertrags gem. § 495 Abs. 1 i.V.m. § 355 BGB ein Widerrufsrecht zustand und die Widerrufsfrist nicht zu laufen begann, bevor die Kläger die Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB erhalten hatten. Es hat aber zu Unrecht angenommen, dass die Beklagte ihre aus § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 1 und 2 EGBGB resultierende Verpflichtung, über das nach § 495 Abs. 1 BGB bestehende Widerrufsrecht zu informieren, ordnungsgemäß erfüllt hatte. Des Weiteren hat es zu Unrecht angenommen, dass die Beklagte die Kläger gem. § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 11 EGBGB über den Verzugszinssatz und die Art und Weise seiner etwaigen Anpassung ordnungsgemäß unterrichtet hatte.
Das Berufungsurteil erwies sich jedoch aus anderen Gründen als richtig, so dass die Revision zurückzuweisen war. Denn der von den Klägern mit der Revision verfolgte Klageanspruch aus § 358 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 355 Abs. 3 Satz 1 BGB auf Rückgewähr der von ihnen an die Beklagte geleisteten Zins- und Tilgungszahlungen ist jedenfalls derzeit unbegründet. Insoweit steht der Beklagten - was sie mit der Klageerwiderung geltend gemacht hat - nach § 358 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 357 Abs. 4 Satz 1 BGB gegenüber den vorleistungspflichtigen Klägern ein Leistungsverweigerungsrecht zu, bis sie das finanzierte Fahrzeug zurückerhalten hat oder die Kläger den Nachweis erbracht haben, dass sie das Fahrzeug abgesandt haben.
Das Leistungsverweigerungsrecht nach § 358 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 357 Abs. 4 Satz 1 BGB steht der Beklagten - was der Senat mit Urteil vom 25.1.2022 (XI ZR 559/20) entschieden und im Einzelnen begründet hat auch in Bezug auf die von den Klägern nach der Widerrufserklärung auf das Darlehen geleisteten Zahlungen zu. Soweit die Kläger hilfsweise Zahlung "nach" Herausgabe des Fahrzeugs begehren, setzt dies in entsprechender Anwendung des § 322 Abs. 2 BGB voraus, dass die Beklagte mit der Entgegennahme des Fahrzeugs im Verzug der Annahme ist. Doch liegen die gesetzlichen Voraussetzungen des Annahmeverzugs hier nicht vor.
Grundsätzlich erfordert der Annahmeverzug ein tatsächliches Angebot nach § 294 BGB. Ein solches haben die Kläger nicht abgegeben. Soweit nach § 295 BGB ausnahmsweise ein wörtliches Angebot genügen kann, liegen dessen Tatbestandsvoraussetzungen nicht vor. Danach genügt ein wörtliches Angebot des Schuldners u.a. dann, wenn der Gläubiger ihm erklärt hat, dass er die Leistung nicht annehmen werde. Hierfür fehlt es vorliegend aber bereits an einer bestimmten und eindeutigen Erklärung der Beklagten, dass sie die Leistung nicht annehmen werde. Allein darin, dass die Beklagte vorgerichtlich und im Rechtstreit das Vorliegen der materiell-rechtlichen Voraussetzungen eines wirksamen Widerrufs bestritten hatte, konnte keine Erklärung dahin, dass sie die Leistung nicht annehmen werde, gesehen werden.
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Die Kläger hatte im März 2017 einen gebrauchten Land Rover für 37.100 € erworben. Zur Finanzierung des über eine Anzahlung von 9.600 € hinausgehenden Kaufpreises schlossen die Parteien einen Darlehensvertrag über 27.500 € ab. Im Juni 2019 erklärten die Kläger den Widerruf ihrer auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärungen und boten der Beklagten an, ihr "im Rahmen der Abwicklung des Widerrufs das finanzierte Fahrzeug an Ihren Geschäftssitz zu übergeben".
Nachdem die Beklagte den Widerruf als verfristet zurückgewiesen hatte, forderten die Kläger im Juli 2019 die Beklagte auf, die geleistete Anzahlung sowie die Zins- und Tilgungsleistungen Zug um Zug gegen Rückgabe des finanzierten Fahrzeugs herauszugeben. Im April 2020 lösten die Kläger das Darlehen mit Zahlung der Schlussrate vertragsgemäß ab.
Die Kläger begehrten zuletzt die Rückzahlung der Anzahlung sowie der von ihnen auf das Darlehen erbrachten Leistungen i.H.v. insgesamt rund 37.742 € nebst Rechtshängigkeitszinsen Zug um Zug gegen, hilfsweise nach Rückgabe und Rückübereignung des finanzierten Fahrzeugs; ferner verlangen sie die Feststellung, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Fahrzeugs in Annahmeverzug befinde, und die Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten.
Die Klage blieb in allen Instanzen erfolglos.
Gründe:
Der Auffassung des OLG konnten nur im Ergebnis zugestimmt werden.
Das Berufungsgericht ist zwar zutreffend davon ausgegangen, dass den Klägern bei Abschluss des Darlehensvertrags gem. § 495 Abs. 1 i.V.m. § 355 BGB ein Widerrufsrecht zustand und die Widerrufsfrist nicht zu laufen begann, bevor die Kläger die Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB erhalten hatten. Es hat aber zu Unrecht angenommen, dass die Beklagte ihre aus § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 1 und 2 EGBGB resultierende Verpflichtung, über das nach § 495 Abs. 1 BGB bestehende Widerrufsrecht zu informieren, ordnungsgemäß erfüllt hatte. Des Weiteren hat es zu Unrecht angenommen, dass die Beklagte die Kläger gem. § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 11 EGBGB über den Verzugszinssatz und die Art und Weise seiner etwaigen Anpassung ordnungsgemäß unterrichtet hatte.
Das Berufungsurteil erwies sich jedoch aus anderen Gründen als richtig, so dass die Revision zurückzuweisen war. Denn der von den Klägern mit der Revision verfolgte Klageanspruch aus § 358 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 355 Abs. 3 Satz 1 BGB auf Rückgewähr der von ihnen an die Beklagte geleisteten Zins- und Tilgungszahlungen ist jedenfalls derzeit unbegründet. Insoweit steht der Beklagten - was sie mit der Klageerwiderung geltend gemacht hat - nach § 358 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 357 Abs. 4 Satz 1 BGB gegenüber den vorleistungspflichtigen Klägern ein Leistungsverweigerungsrecht zu, bis sie das finanzierte Fahrzeug zurückerhalten hat oder die Kläger den Nachweis erbracht haben, dass sie das Fahrzeug abgesandt haben.
Das Leistungsverweigerungsrecht nach § 358 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 357 Abs. 4 Satz 1 BGB steht der Beklagten - was der Senat mit Urteil vom 25.1.2022 (XI ZR 559/20) entschieden und im Einzelnen begründet hat auch in Bezug auf die von den Klägern nach der Widerrufserklärung auf das Darlehen geleisteten Zahlungen zu. Soweit die Kläger hilfsweise Zahlung "nach" Herausgabe des Fahrzeugs begehren, setzt dies in entsprechender Anwendung des § 322 Abs. 2 BGB voraus, dass die Beklagte mit der Entgegennahme des Fahrzeugs im Verzug der Annahme ist. Doch liegen die gesetzlichen Voraussetzungen des Annahmeverzugs hier nicht vor.
Grundsätzlich erfordert der Annahmeverzug ein tatsächliches Angebot nach § 294 BGB. Ein solches haben die Kläger nicht abgegeben. Soweit nach § 295 BGB ausnahmsweise ein wörtliches Angebot genügen kann, liegen dessen Tatbestandsvoraussetzungen nicht vor. Danach genügt ein wörtliches Angebot des Schuldners u.a. dann, wenn der Gläubiger ihm erklärt hat, dass er die Leistung nicht annehmen werde. Hierfür fehlt es vorliegend aber bereits an einer bestimmten und eindeutigen Erklärung der Beklagten, dass sie die Leistung nicht annehmen werde. Allein darin, dass die Beklagte vorgerichtlich und im Rechtstreit das Vorliegen der materiell-rechtlichen Voraussetzungen eines wirksamen Widerrufs bestritten hatte, konnte keine Erklärung dahin, dass sie die Leistung nicht annehmen werde, gesehen werden.
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