Fondsbeteiligung: Zur Verantwortlichkeit des Gründungsgesellschafters für unrichtige Angaben eines Untervermittlers
BGH 14.5.2012, II ZR 69/12Die Klägerin begehrt aus eigenem und aus abgetretenem Recht ihres Ehemanns im Wege des Schadensersatzes die Rückabwicklung einer Beteiligung an der D. AG & Co. KG. Die Beklagte ist Gründungs- und Treuhandkommanditistin dieser Kommanditgesellschaft. Die Klägerin und ihr Ehemann zeichneten im Oktober 1996 Anteile an diesem Fonds, vermittelt durch den Anlagevermittler K, und beauftragten die Beklagte als Treuhänderin, eine Beteiligung als Treuhandkommanditistin in Höhe einer Gesamteinlage von 100.000 DM zu begründen und zur Finanzierung zzgl. des Agios ein Darlehen zu den jeweils gültigen Konditionen bei den finanzierenden Kreditinstituten aufzunehmen.
Die Beklagte schloss zur Finanzierung der Fondsanlage im November 1996 im Namen der Klägerin und ihres Ehegatten einen Darlehensvertrag mit einer Landeskreditbank über 106.600 DM. Die Klägerin und ihr Ehemann zahlten bis März 2004 insgesamt rd. 35.000 € in Raten an die Landeskreditbank und - nach einer Umschuldung - rd. 10.000 € an die V-Bank. Sie erhielten Ausschüttungen i.H.v. rd. 20.000 € und erzielten Steuervorteile über insgesamt rd. 11.000 €.
Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Zahlung von rd. 15.000 € nebst Zinsen und Freistellung von den Darlehensverpflichtungen Zug um Zug gegen Übertragung der Anteile an der D. AG & Co. KG. Sie behauptet, sie und ihr Ehemann seien durch die unzutreffende Information des Anlagevermittlers K, die Anlage sei eine gute Rentenanlage, die todsicher eine gute Rendite erwirtschaften würde und keinerlei Risiken aufweise, zum Abschluss des Treuhandvertrages und zur Zeichnung des Fonds veranlasst worden.
Das LG gab der Klage bis auf einen Teil der Zinsen antragsgemäß statt. Das OLG wies die Klage ab. Auf die hiergegen gerichtete Revision der Klägerin hob der BGH das Berufungsurteil auf und wies die Berufung der Beklagten zurück.
Die Gründe:
Der Beklagten sind fehlerhafte Angaben des Vermittlers K zu den Risiken der Anlage nach § 278 BGB zuzurechnen.
Die Beklagte hatte als Gründungsgesellschafterin die Pflicht, einem Beitrittsinteressenten für seine Beitrittsentscheidung ein zutreffendes Bild über das Beteiligungsobjekt zu vermitteln und ihn insbes. über die mit der angebotenen speziellen Beteiligungsform verbundenen Nachteile und Risiken zutreffend, verständlich und vollständig aufzuklären. Der Gründungsgesellschafter, der sich zu den vertraglichen Verhandlungen über einen Beitritt eines Vertriebs bedient und diesem oder von diesem eingeschalteten Untervermittlern die geschuldete Aufklärung der Beitrittsinteressenten überlässt, haftet über § 278 BGB für deren unrichtige oder unzureichende Angaben. Er muss sich das Fehlverhalten von Personen, die er mit den Verhandlungen zum Abschluss des Beitrittsvertrages ermächtigt hat, zurechnen lassen.
Die Verwendung eines Prospekts zur Aufklärung der Beitrittsinteressenten schließt es nicht aus, unzutreffende Angaben des Vermittlers dem Gründungsgesellschafter zuzurechnen. Vermittelt der Prospekt hinreichende Aufklärung, ist dies kein Freibrief, Risiken abweichend hiervon darzustellen und mit Erklärungen ein Bild zu zeichnen, das die Hinweise im Prospekt für die Entscheidung des Anlegers entwertet oder mindert. Nach § 278 BGB haftet der Schuldner für Pflichtverletzungen eines Erfüllungsgehilfen auch dann, wenn der Erfüllungsgehilfe von seinen Weisungen abweicht, solange sein Handeln noch im Zusammenhang mit den ihm übertragenen Aufgaben steht.
Die Beklagte hat die Pflicht zur Aufklärung teilweise auf die Vertriebsgesellschaft übertragen. Dass sie nach dem Prospekt nicht selbst für den Vertrieb der Anlage zuständig war, sondern der Vertrieb Aufgabe der E-GmbH war, ändert an der Zurechnung nichts. Die Beklagte hat die Aufklärung der Beitrittsinteressenten der Vertriebsgesellschaft übertragen, weil sie nach dem im Prospekt genannten Konzept Beitrittsinteressenten nicht selbst, sondern über die Vertriebsgesellschaft warb. Dieser Vertriebsgesellschaft wurden damit auch die Verhandlungen mit den Beitrittsinteressenten und ihre Aufklärung übertragen.
Wenn das mit den Beitrittsverhandlungen und der Aufklärung beauftragte Vertriebsunternehmen weitere Untervermittler zugezogen hat, führt dies zur Haftung der Gründungsgesellschafter nach § 278 BGB für ein Verschulden der Untervermittler. Das Verschulden von Untervermittlern ist schon dann zuzurechnen, wenn mit ihrem Einsatz gerechnet werden musste. Vorliegend musste die Beklagte bereits deshalb mit der Einschaltung weiterer Untervermittler rechnen, weil nach den Feststellungen des OLG das mit dem Vertrieb beauftragte Unternehmen Untervermittler einschalten durfte.
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