Fondsgebundene Lebensversicherung mit Investition in einen Garantiefonds
OLG Karlsruhe v. 4.5.2021 - 12 U 355/20
Der Sachverhalt:
Der Kläger hatte zum 30.12.2004 bei der Beklagten, einem Versicherer mit Sitz in Dublin/Irland, eine fondsgebundene Lebensversicherung abgeschlossen. Die Vertragslaufzeit betrug zwölf Jahre, die Beitragszahlungsdauer fünf Jahre. Laut dem Versicherungsschein sollte der Sparanteil der Beiträge in einen Fonds (Garantie) investiert werden, der sich an einem Korb aus Aktien von zwölf einzeln bezeichneten internationalen, börsennotierten Gesellschaften "orientiere". Dem Vertrag lagen "Allgemeine Versicherungsbedingungen für die fondsgebundene Lebensversicherung (AVB) zugrunde.
Der Kläger leistete Beiträge in Gesamthöhe von 25.000 €. Einzelne Aktien des Referenzkorbs notierten in den letzten fünf Jahren der Laufzeit unter 60% ihres Anfangskurses. Zum 30.12.2016 gab die Fondsverwalterin in einem "Finalen Reporting" die "Performance des Referenzkorbes" mit 65,36% seit Auflage an. Nach Erreichen des Ablaufdatums rechnete die Beklagte den Vertrag ab und zahlte als Versicherungsleistung 25.000 € an den Kläger aus.
Der Kläger erklärte seinen Widerspruch gegen den Vertragsschluss, den die Beklagte zurückwies. Der Kläger teilte daraufhin der Beklagten mit, ihm stünde auch bei fortbestehendem Vertrag ein weitergehender Zahlungsanspruch zu, und verlangte unter Bezugnahme auf die Angaben im "finalen Reporting" die Überweisung weiterer 16.340 € (= 25.000 EUR x 65,36%) bis zum 01.11.2019.
Der Kläger war der Ansicht, die Schlussabrechnung der Beklagten entspreche nicht den vertraglichen Vereinbarungen. Den Versicherungsbedingungen sei nicht zu entnehmen, dass die dort in Aussicht gestellte Partizipation des Versicherungsnehmers an dem Fondsguthaben und der Wertentwicklung des zugrundeliegenden Aktienkorbs von weitergehenden Rechenschritten abhängig sei, welche die Teilhabe deutlich einschränkten. Das gleiche gelte für den Abzug der Garantiegebühr. Die Berechnungsformel in der Verbraucherinformation sei unwirksam, weil sie intransparent und hinsichtlich der sich daraus ergebenden Einschränkungen für den Versicherungsnehmer überraschend sei.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Auch die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers vor dem OLG blieb erfolglos.
Die Gründe:
Der Kläger hat aber nicht dargelegt, dass ihm eine Versicherungsleistung zustünde, die über die von der Beklagten bereits gezahlten 25.000 € hinausginge. Dass die Beklagte fehlerhaft abgerechnet hätte, ergab sich insbesondere nicht aus den weiteren Angaben im Versicherungsschein.
So wird dort lediglich ausgeführt, dass sich der Fonds an einem Korb aus Aktien "orientiere". Was hiermit gemeint ist, wird im Versicherungsschein nicht näher erläutert; vielmehr wird hinsichtlich der näheren Beschreibung der Fondsleistungen auf die Verbraucherinformationen verwiesen. Daraus wird ein durchschnittlicher, um Verständnis bemühter Versicherungsnehmer, auf dessen Sicht insoweit maßgeblich abzustellen ist (vgl. BGH-Urt. v. 18.11.2020 - IV ZR 217/19), nicht den Schluss ziehen, dass die Wertentwicklung der in den Fonds investierten Versicherungsbeiträge dem Verlauf der Börsenkurse der Aktienwerte entspräche, die im Aktienkorb zusammengefasst wurden. Für die Forderungsberechnung des Klägers findet sich in den maßgeblichen Vertragsbestimmungen danach keine Grundlage.
Eine abweichende Beurteilung ergibt sich nicht aus der erteilten Verbraucherinformation. Grundlage für die Erteilung einer Verbraucherinformation war § 10a Abs. 1 Satz 1 VAG in der bei Vertragsschluss Ende Dezember 2004 gültigen Fassung. Danach diente die Verbraucherinformation grundsätzlich allein der Unterrichtung des Versicherungsnehmers über die für das Versicherungsverhältnis maßgeblichen Tatsachen und Rechte, nicht hingegen einer abändernden Ausgestaltung jener - anderweitig vereinbarten - Regelungen.
Es handelt sich folglich nur um eine allgemeine Information, die allenfalls ergänzend zur Interpretation der Vertragsbedingungen herangezogen werden kann, insbesondere soweit diese erläuterungsbedürftig sein sollten. Dieses Verständnis wird im Streitfall nicht dadurch in Frage gestellt, dass sowohl der Versicherungsschein als auch die AVB an mehreren Stellen hinsichtlich der Leistungen des Garantiefonds auf die Verbraucherinformation Bezug nehmen. Denn dabei handelt es sich, jedenfalls soweit es die Ablaufleistung betrifft, um keinen Verweis zur Beschreibung der Versicherungsleistung, sondern der Fondsleistung, aus der zwar die Versicherungsleistung folgt, die aber nicht die Versicherungsleistung selbst darstellt. Dass diese Regelungen verbindlich sind und damit die Versicherungsleistung maßgeblich beeinflussen, ändert nichts daran, dass sie den Inhalt des Versicherungsvertrags selbst nicht gestalten.
Die in der Verbraucherinformation und den Ausstattungsmerkmalen enthaltenen Ausführungen zur Berechnung der Ablaufleistung genügen dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Das Transparenzerfordernis schließt nicht die Investition in komplexe Fondsprodukte aus, sondern fordert vom Versicherer nur, die bestehenden Rechte und Pflichten seines Vertragspartners im Rahmen des Möglichen klar und durchschaubar darzustellen. Hingegen muss der Versicherungsnehmer nicht in die Lage versetzt werden, die ihm zustehende Ablaufleistung auf einem für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer in allen Einzelheiten verständlichen Rechenweg selbst ermitteln zu können. Inwiefern die Beklagte die Berechnung bei identischer mathematischer Formel im Streitfall klarer und verständlicher hätte formulieren können, zeigte auch die Berufung nicht auf.
Landesrechtsprechung Baden-Württemberg
Der Kläger hatte zum 30.12.2004 bei der Beklagten, einem Versicherer mit Sitz in Dublin/Irland, eine fondsgebundene Lebensversicherung abgeschlossen. Die Vertragslaufzeit betrug zwölf Jahre, die Beitragszahlungsdauer fünf Jahre. Laut dem Versicherungsschein sollte der Sparanteil der Beiträge in einen Fonds (Garantie) investiert werden, der sich an einem Korb aus Aktien von zwölf einzeln bezeichneten internationalen, börsennotierten Gesellschaften "orientiere". Dem Vertrag lagen "Allgemeine Versicherungsbedingungen für die fondsgebundene Lebensversicherung (AVB) zugrunde.
Der Kläger leistete Beiträge in Gesamthöhe von 25.000 €. Einzelne Aktien des Referenzkorbs notierten in den letzten fünf Jahren der Laufzeit unter 60% ihres Anfangskurses. Zum 30.12.2016 gab die Fondsverwalterin in einem "Finalen Reporting" die "Performance des Referenzkorbes" mit 65,36% seit Auflage an. Nach Erreichen des Ablaufdatums rechnete die Beklagte den Vertrag ab und zahlte als Versicherungsleistung 25.000 € an den Kläger aus.
Der Kläger erklärte seinen Widerspruch gegen den Vertragsschluss, den die Beklagte zurückwies. Der Kläger teilte daraufhin der Beklagten mit, ihm stünde auch bei fortbestehendem Vertrag ein weitergehender Zahlungsanspruch zu, und verlangte unter Bezugnahme auf die Angaben im "finalen Reporting" die Überweisung weiterer 16.340 € (= 25.000 EUR x 65,36%) bis zum 01.11.2019.
Der Kläger war der Ansicht, die Schlussabrechnung der Beklagten entspreche nicht den vertraglichen Vereinbarungen. Den Versicherungsbedingungen sei nicht zu entnehmen, dass die dort in Aussicht gestellte Partizipation des Versicherungsnehmers an dem Fondsguthaben und der Wertentwicklung des zugrundeliegenden Aktienkorbs von weitergehenden Rechenschritten abhängig sei, welche die Teilhabe deutlich einschränkten. Das gleiche gelte für den Abzug der Garantiegebühr. Die Berechnungsformel in der Verbraucherinformation sei unwirksam, weil sie intransparent und hinsichtlich der sich daraus ergebenden Einschränkungen für den Versicherungsnehmer überraschend sei.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Auch die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers vor dem OLG blieb erfolglos.
Die Gründe:
Der Kläger hat aber nicht dargelegt, dass ihm eine Versicherungsleistung zustünde, die über die von der Beklagten bereits gezahlten 25.000 € hinausginge. Dass die Beklagte fehlerhaft abgerechnet hätte, ergab sich insbesondere nicht aus den weiteren Angaben im Versicherungsschein.
So wird dort lediglich ausgeführt, dass sich der Fonds an einem Korb aus Aktien "orientiere". Was hiermit gemeint ist, wird im Versicherungsschein nicht näher erläutert; vielmehr wird hinsichtlich der näheren Beschreibung der Fondsleistungen auf die Verbraucherinformationen verwiesen. Daraus wird ein durchschnittlicher, um Verständnis bemühter Versicherungsnehmer, auf dessen Sicht insoweit maßgeblich abzustellen ist (vgl. BGH-Urt. v. 18.11.2020 - IV ZR 217/19), nicht den Schluss ziehen, dass die Wertentwicklung der in den Fonds investierten Versicherungsbeiträge dem Verlauf der Börsenkurse der Aktienwerte entspräche, die im Aktienkorb zusammengefasst wurden. Für die Forderungsberechnung des Klägers findet sich in den maßgeblichen Vertragsbestimmungen danach keine Grundlage.
Eine abweichende Beurteilung ergibt sich nicht aus der erteilten Verbraucherinformation. Grundlage für die Erteilung einer Verbraucherinformation war § 10a Abs. 1 Satz 1 VAG in der bei Vertragsschluss Ende Dezember 2004 gültigen Fassung. Danach diente die Verbraucherinformation grundsätzlich allein der Unterrichtung des Versicherungsnehmers über die für das Versicherungsverhältnis maßgeblichen Tatsachen und Rechte, nicht hingegen einer abändernden Ausgestaltung jener - anderweitig vereinbarten - Regelungen.
Es handelt sich folglich nur um eine allgemeine Information, die allenfalls ergänzend zur Interpretation der Vertragsbedingungen herangezogen werden kann, insbesondere soweit diese erläuterungsbedürftig sein sollten. Dieses Verständnis wird im Streitfall nicht dadurch in Frage gestellt, dass sowohl der Versicherungsschein als auch die AVB an mehreren Stellen hinsichtlich der Leistungen des Garantiefonds auf die Verbraucherinformation Bezug nehmen. Denn dabei handelt es sich, jedenfalls soweit es die Ablaufleistung betrifft, um keinen Verweis zur Beschreibung der Versicherungsleistung, sondern der Fondsleistung, aus der zwar die Versicherungsleistung folgt, die aber nicht die Versicherungsleistung selbst darstellt. Dass diese Regelungen verbindlich sind und damit die Versicherungsleistung maßgeblich beeinflussen, ändert nichts daran, dass sie den Inhalt des Versicherungsvertrags selbst nicht gestalten.
Die in der Verbraucherinformation und den Ausstattungsmerkmalen enthaltenen Ausführungen zur Berechnung der Ablaufleistung genügen dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Das Transparenzerfordernis schließt nicht die Investition in komplexe Fondsprodukte aus, sondern fordert vom Versicherer nur, die bestehenden Rechte und Pflichten seines Vertragspartners im Rahmen des Möglichen klar und durchschaubar darzustellen. Hingegen muss der Versicherungsnehmer nicht in die Lage versetzt werden, die ihm zustehende Ablaufleistung auf einem für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer in allen Einzelheiten verständlichen Rechenweg selbst ermitteln zu können. Inwiefern die Beklagte die Berechnung bei identischer mathematischer Formel im Streitfall klarer und verständlicher hätte formulieren können, zeigte auch die Berufung nicht auf.