24.08.2012

GbR in der Insolvenz: Gesellschafter verlieren Prozessführungsbefugnis

In Fällen, in denen über das Vermögen einer GbR das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, ist die von einem Gesellschafter gegen einen Gesellschaftsgläubiger erhobene Klage auf Feststellung, diesem nicht persönlich für eine Verbindlichkeit der Gesellschaft zu haften, unzulässig. Die Sperrwirkung und die Ermächtigungswirkung gem. § 93 InsO begründen die alleinige Einziehungs- und Prozessführungsbefugnis des Insolvenzverwalters.

BGH 12.7.2012, IX ZR 217/11
Der Sachverhalt:
Der Kläger war seit 1991 an einer GbR beteiligt, über deren Vermögen im April 2010 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Die Beklagte hatte der GbR zuvor mehrere Darlehen gewährt. Infolgedessen forderte sie im Oktober 2009 vom Kläger als Gesellschafter der GbR einen Betrag i.H.v. rund 21.559 € zurück.

Der Kläger, der einen wirksamen Beitritt zu der GbR in Abrede stellte und seine Beteiligung gekündigt hatte, nahm die Beklagte auf die Feststellung in Anspruch, ihr aus den Darlehensverträgen nicht persönlich zur Zahlung verpflichtet zu sein. Die Klage blieb allerdings in allen Instanzen erfolglos.

Die Gründe:
Der Zulässigkeit des von dem Kläger erhobenen Feststellungsbegehrens stand § 93 InsO entgegen.

Von dieser Regelung gehen zwei Wirkungen aus, die Sperrwirkung und die Ermächtigungswirkung. Diese begründen die alleinige Einziehungs- und Prozessführungsbefugnis des Insolvenzverwalters für die Geltendmachung von Haftungsansprüchen der Gesellschaftsgläubiger gegen Gesellschafter. Die dem Insolvenzverwalter in § 93 InsO vorbehaltene Prozessführungsbefugnis für die Geltendmachung von Haftungsansprüchen gegen Gesellschafter umfasst ebenso Aktivprozesse und - wie im Streitfall - Passivprozesse. Im Umkehrschluss verlieren die Gesellschaftsgläubiger die Einziehungs- und Prozessführungsbefugnis für die Geltendmachung von Haftungsansprüchen gegen die Gesellschafter.

Hätte die hier erhobene Feststellungsklage Erfolg, stünde rechtskräftig fest, dass die Beklagte den Kläger nicht als Gesellschafter der Schuldnerin in Anspruch nehmen kann. Damit würde jedoch dem Insolvenzverwalter die ihm durch § 93 InsO kraft der Ermächtigungswirkung vorbehaltene Einziehungs- und Prozessführung entzogen. Würde die negative Feststellungsklage hingegen aus sachlichen Gründen abgewiesen, hätte das Urteil dieselbe Rechtskraftwirkung wie ein Urteil, welches das Gegenteil dessen, was mit der negativen Feststellungsklage begehrt wird, positiv feststellt. Dann stünde fest, dass die Beklagte als Gesellschaftsgläubigerin gegen den Kläger als Gesellschafter Rückgriff nehmen kann. Ein solches von dem Gesellschaftsgläubiger erstrittenes Erkenntnis wäre jedoch, weil der Kläger auf der Grundlage des Feststellungsurteils nicht befreiend an die Beklagte leisten dürfte, mit der in § 93 InsO zu Gunsten des Insolvenzverwalters verankerten Sperrwirkung unvereinbar. Bei dieser Sachlage erwies sich die hier erhobene Klage als unzulässig.

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