Gefälschter Impfpass: Kündigung eines Messwärters rechtswirksam
LAG Düsseldorf v. 2.2.2023 - 11 Sa 433/22
Der Sachverhalt:
Der Kläger war seit dem 1.9.2002 als Messwärter bei der Beklagten tätig. Er war einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt. Mit In-Kraft-Treten des § 28b Abs. 1 IfSG in der Fassung ab dem 24.11.2021 forderte die Beklagte alle ihre Beschäftigten auf, im Rahmen der "3G-Regelung" vor Dienstantritt einen vollständigen Impf-, Genesenen- oder Testnachweis vorzulegen.
Am 24.11.2021 und 25.11.2021 zeigte der Kläger der Personalabteilung jeweils einen negativen Corona-Test vor. Am 26.11.2021 legte er einen Impfausweis vor. Ausweislich dessen war er am 5.7.2021 mit der Impfcharge COMIRNATY Ch.-B.: EX9661 und am 16.8.2021 mit der Impfcharge COMIRNATY Ch.-B.: EX9117 geimpft worden. Beide Impftermine waren mit folgendem Stempel versehen: "Impfzentrum Duisburg Im auftrag des Landes NRW" und trugen dieselbe Unterschrift.
Am 29.12.2021 kündigte die Beklagte nach Beteiligung des Betriebsrats und der Schwerbehindertenvertretung sowie nach eingeholter Zustimmung des Inklusionsamts das Arbeitsverhältnis des Klägers fristlos und hilfsweise fristgerecht. Sie behauptet, der Impfausweis sei gefälscht. Dem hat der Kläger widersprochen.
Das ArbG wies die Kündigungsschutzklage ab. Hiergegen wandte sich der Kläger mit seiner Berufung. Nach einem Hinweis des LAG, dass seine Klage kaum Aussicht auf Erfolg habe, nahm der Kläger seine Berufung zurück.
Die Gründe:
Das LAG hat in einer umfangreichen Beweisaufnahme u.a. eine Kriminalhauptkommissarin, den damaligen ärztlichen Leiter des Test- und Impfzentrums Duisburg, die Amtsapothekerin der Stadt Duisburg sowie einen vom Kläger benannten Zeugen vernommen. Die Beweislage zu Lasten des Klägers ist danach erdrückend.
Es ist dreifach abgesichert, dass es die auf seinem Impfpass verzeichneten Chargennummern nicht gab. Dies hat zunächst die Kriminalhauptkommissarin aufgrund einer Abfrage über den sog. "Chargenchecker" bei dem Paul-Ehrlich-Institut bekundet. Der Leiter des Impf- und Testzentrums Duisburg konnte eine Liste des zentralen Apothekenkühlschranks der Stadt Duisburg vorlegen, auf der mit Datum versehen sämtliche verimpften Chargen verzeichnet waren. Am 5.7.2021 und am 16.8.2021 sind die im Impfpass des Klägers verzeichneten Chargen nicht verimpft worden. Und schließlich bekundete die Amtsapothekerin der Stadt Duisburg, dass eine Herstellerabfrage bei Biontech ergeben habe, dass diese Chargen nicht existieren.
Die Zeugen haben zudem bekundet, dass aufgrund des Rechtschreibfehlers ("Im auftrag") im verwendeten Stempel sowie in Anbetracht von Qualität, Design und Größe von einer nicht im Impfzentrum Duisburg verwendeten Fälschung auszugehen ist. Der Leiter des Impf- und Testzentrums Duisburg hat außerdem ausgesagt, dass im hier relevanten Zeitraum - anders als vom Kläger behauptet - grundsätzlich keine Impfungen ohne Termin erfolgten. Soweit der vom Kläger benannte Zeuge bekundet hat, dass er mit dem Kläger am 16.8.2021 zum Impfzentrum gefahren sei, konnte er nur bekunden, dass er auf dem Parkplatz gewartet und nicht einmal gesehen hat, ob der Kläger in das Impfzentrum gegangen ist. Selbst wenn man insoweit nicht abschließend von einer Falschaussage ausgeht, ändert dies an der erdrückenden Beweislage nichts.
Die Vorlage eines gefälschten Impfausweises in der Absicht die Nachweispflicht des § 28b Abs. 1 IfSG zu umgehen, stellt eine Verletzung einer arbeitsvertraglichen Nebenpflicht dar. Die Verletzung wiegt so schwer, dass sie geeignet ist, eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen. Die Vorlage eines gefälschten Impfausweises zeugt von einem hohen Maß krimineller Energie, so dass das Vertrauensverhältnis zum Arbeitgeber nachhaltig gestört war. Der Gebrauch eines unrichtigen Gesundheitszeugnisses ist zudem eine Straftat (§ 279 StGB). Wegen der Schwere des Verstoßes kam es weder auf eine Wiederholungsgefahr noch auf den langjährigen störungsfreien Bestand des Arbeitsverhältnisses an.
Der Kläger hat im Anschluss an das Rechtsgespräch und die Hinweise der Kammer seine Berufung zurückgenommen.
Mehr zum Thema:
Rechtsprechung:
Tätigkeitsverbot bei Verstoß gegen Impfpflicht
ArbG Köln vom 21.07.2022 - 8 CA 1779/22
Annegret Müller-Mundt, ArbRB 2022, 332
LAG Düsseldorf PM vom 2.2.2022
Der Kläger war seit dem 1.9.2002 als Messwärter bei der Beklagten tätig. Er war einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt. Mit In-Kraft-Treten des § 28b Abs. 1 IfSG in der Fassung ab dem 24.11.2021 forderte die Beklagte alle ihre Beschäftigten auf, im Rahmen der "3G-Regelung" vor Dienstantritt einen vollständigen Impf-, Genesenen- oder Testnachweis vorzulegen.
Am 24.11.2021 und 25.11.2021 zeigte der Kläger der Personalabteilung jeweils einen negativen Corona-Test vor. Am 26.11.2021 legte er einen Impfausweis vor. Ausweislich dessen war er am 5.7.2021 mit der Impfcharge COMIRNATY Ch.-B.: EX9661 und am 16.8.2021 mit der Impfcharge COMIRNATY Ch.-B.: EX9117 geimpft worden. Beide Impftermine waren mit folgendem Stempel versehen: "Impfzentrum Duisburg Im auftrag des Landes NRW" und trugen dieselbe Unterschrift.
Am 29.12.2021 kündigte die Beklagte nach Beteiligung des Betriebsrats und der Schwerbehindertenvertretung sowie nach eingeholter Zustimmung des Inklusionsamts das Arbeitsverhältnis des Klägers fristlos und hilfsweise fristgerecht. Sie behauptet, der Impfausweis sei gefälscht. Dem hat der Kläger widersprochen.
Das ArbG wies die Kündigungsschutzklage ab. Hiergegen wandte sich der Kläger mit seiner Berufung. Nach einem Hinweis des LAG, dass seine Klage kaum Aussicht auf Erfolg habe, nahm der Kläger seine Berufung zurück.
Die Gründe:
Das LAG hat in einer umfangreichen Beweisaufnahme u.a. eine Kriminalhauptkommissarin, den damaligen ärztlichen Leiter des Test- und Impfzentrums Duisburg, die Amtsapothekerin der Stadt Duisburg sowie einen vom Kläger benannten Zeugen vernommen. Die Beweislage zu Lasten des Klägers ist danach erdrückend.
Es ist dreifach abgesichert, dass es die auf seinem Impfpass verzeichneten Chargennummern nicht gab. Dies hat zunächst die Kriminalhauptkommissarin aufgrund einer Abfrage über den sog. "Chargenchecker" bei dem Paul-Ehrlich-Institut bekundet. Der Leiter des Impf- und Testzentrums Duisburg konnte eine Liste des zentralen Apothekenkühlschranks der Stadt Duisburg vorlegen, auf der mit Datum versehen sämtliche verimpften Chargen verzeichnet waren. Am 5.7.2021 und am 16.8.2021 sind die im Impfpass des Klägers verzeichneten Chargen nicht verimpft worden. Und schließlich bekundete die Amtsapothekerin der Stadt Duisburg, dass eine Herstellerabfrage bei Biontech ergeben habe, dass diese Chargen nicht existieren.
Die Zeugen haben zudem bekundet, dass aufgrund des Rechtschreibfehlers ("Im auftrag") im verwendeten Stempel sowie in Anbetracht von Qualität, Design und Größe von einer nicht im Impfzentrum Duisburg verwendeten Fälschung auszugehen ist. Der Leiter des Impf- und Testzentrums Duisburg hat außerdem ausgesagt, dass im hier relevanten Zeitraum - anders als vom Kläger behauptet - grundsätzlich keine Impfungen ohne Termin erfolgten. Soweit der vom Kläger benannte Zeuge bekundet hat, dass er mit dem Kläger am 16.8.2021 zum Impfzentrum gefahren sei, konnte er nur bekunden, dass er auf dem Parkplatz gewartet und nicht einmal gesehen hat, ob der Kläger in das Impfzentrum gegangen ist. Selbst wenn man insoweit nicht abschließend von einer Falschaussage ausgeht, ändert dies an der erdrückenden Beweislage nichts.
Die Vorlage eines gefälschten Impfausweises in der Absicht die Nachweispflicht des § 28b Abs. 1 IfSG zu umgehen, stellt eine Verletzung einer arbeitsvertraglichen Nebenpflicht dar. Die Verletzung wiegt so schwer, dass sie geeignet ist, eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen. Die Vorlage eines gefälschten Impfausweises zeugt von einem hohen Maß krimineller Energie, so dass das Vertrauensverhältnis zum Arbeitgeber nachhaltig gestört war. Der Gebrauch eines unrichtigen Gesundheitszeugnisses ist zudem eine Straftat (§ 279 StGB). Wegen der Schwere des Verstoßes kam es weder auf eine Wiederholungsgefahr noch auf den langjährigen störungsfreien Bestand des Arbeitsverhältnisses an.
Der Kläger hat im Anschluss an das Rechtsgespräch und die Hinweise der Kammer seine Berufung zurückgenommen.
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Annegret Müller-Mundt, ArbRB 2022, 332
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