04.03.2022

Gewährung von Rabatten und Skonti auf verschreibungspflichtige Fertigarzneimittel gegenüber Apotheken

Zwar ist den Gesetzgebungsmaterialien zur Neuregelung des § 2 AMPreisV in Art. 12 Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) nicht in eindeutiger Weise zu entnehmen, ob der Gesetzgeber im Handel allgemein übliche Skonti, die zu einer Unterschreitung des zwingend zu erhebenden Festzuschlages führen, untersagen wollte, um die seit Jahren bestehende Diskussion um die Zulässigkeit von Skonti zu beenden. Für die Auslegung einer Gesetzesvorschrift ist jedoch in erster Linie der in dieser zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers maßgeblich.

LG Cottbus v. 7.10.2021 - 11 O 3/20
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist eine Wettbewerbszentrale. Zu seinen Mitgliedern zählen neben maßgeblichen Bundes- und Landesapothekerverbänden zahlreiche Einzelapotheken und pharmazeutische Unternehmen. Die Beklagte ist nach den Angaben auf ihrer Homepage ein Parallel- und Reimporteur von Originalarzneimitteln und Generika. Sie kauft Präparate anderer pharmazeutischer Unternehmer auf anderen Märkten auf und vertreibt die importierten Arzneimittel in Deutschland im Wege des Direktvertriebs. Öffentliche Apotheken geben bei der Beklagten direkt Bestellungen der jeweiligen Präparate ohne Zwischenschaltung eines pharmazeutischen Großhändlers auf und werden von der Beklagten beliefert. Die von der Beklagten geforderten Preise ergeben sich aus einer Preisliste, in der die angebotenen Präparate in alphabetischer Reihenfolge aufgeführt sind.

Der Kläger hatte die Beklagte wegen der Gewährung von Rabatten und Skonti im August 2019 abgemahnt. Er war der Ansicht, die Bewerbung und Gewährung von Preisreduzierungen, wie von der Beklagten vorgenommen, verstoße gegen § 2 Abs. 1 S. 1 AMPreisV. Die Beklagte wies die Abmahnung zurück.

Das LG hat der Unterlassungsklage stattgegeben.

Die Gründe:
Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Unterlassungsanspruch gem. § 8 Abs. 1 UWG i.V.m. §§ 3, 3a UWG, § 78 Abs. 1, 3 S. 1 AMG und § 2 Abs. 1 S. 1 AMPreisV zu. Die Beklagte verstößt mit der Gewährung der streitgegenständlichen Rabatte und Skonti und der Werbung hiermit gegen die Vorschriften der § 78 Abs. 1, 3 S. 1 AMG, § 2 Abs. 1 S. 1 AMPreisV.

Die Vorschriften der § 78 AMG, § 2 Abs. 1 AMPreisV stellen Marktverhaltensregeln i.S.v. § 3a UWG dar, weil sie nach ihrem Zweck dazu bestimmt sind, den Preiswettbewerb unter pharmazeutischen Unternehmen zu regeln. Die Bewerbung, Ankündigung und Gewährung eines Rabattes von 3,04 % und eines Skontos i.H.v. 3 % in der streitgegenständlichen Preisgestaltung stellt einen Verstoß gegen §§ 78 Abs. 1, 3 AMG, § 2 Abs. 1 S. 1 AMPreisV in der seit dem 11.5.2019 geltenden Fassung dar.

Zwar ist den Gesetzgebungsmaterialien zur Neuregelung des § 2 AMPreisV in Art. 12 Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) nicht in eindeutiger Weise zu entnehmen, ob der Gesetzgeber im Handel allgemein übliche Skonti, die zu einer Unterschreitung des zwingend zu erhebenden Festzuschlages führen, untersagen wollte, um die seit Jahren bestehende Diskussion um die Zulässigkeit von Skonti zu beenden. Für die Auslegung einer Gesetzesvorschrift ist jedoch in erster Linie der in dieser zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers maßgeblich, so wie er sich aus dem Wortlaut der Gesetzesbestimmung und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den diese hineingestellt ist. Nicht entscheidend ist die subjektive Vorstellung der am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Organe über die Bedeutung der Bestimmung.

Der Entstehungsgeschichte einer Vorschrift kommt für deren Auslegung nur insofern Bedeutung zu, als sie die Richtigkeit einer nach den angegebenen Grundsätzen ermittelten Auslegung bestätigt oder Zweifel behebt, die allein nach dem Wortlaut der Norm und dem Sinnzusammenhang des Gesetzes nicht auszuräumen sind. Zu berücksichtigen ist bei der Auslegung zudem, dass es sich bei Preisvorschriften um Berufsausübungsregelungen handelt, die die verfassungsrechtlich garantierte, wenn auch unter einem Gesetzesvorbehalt stehende Berufsfreiheit einschränken.

Ausgehend vom danach maßgeblichen Wortlaut der Regelung des § 2 Abs. 1 S. 1 AMPreisV muss der Mindestpreis aus Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers, Festzuschlag von 70ct und Umsatzsteuer erhoben werden. Auf diese Preisbestandteile dürfen weder Rabatte noch Skonti gewährt werden. Nur so lässt sich das über den Festzuschlag vom Gesetzgeber verfolgte Ziel erreichen. Auch eine wirtschaftliche Betrachtung kommt nicht zu dem Ergebnis, dass der Gesetzgeber echte Skonti hätte zulassen wollen. Ein "echtes Skonto" stellt einen aufschiebend bedingten Teilerlass der Forderung für den Fall fristgerechter Zahlung gemäß §§ 397 Abs. 1, 158 Abs. 1 BGB dar. Auch unter dem Gesichtspunkt der "Handelsüblichkeit" eines gewährten Skontos ergibt sich keine andere Beurteilung.

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