12.04.2022

Gezielte Behinderung durch Aufstellung minderwertiger Altkleider-Container entgegen Ankündigung

Erweckt eine Firma durch Vorlage einer CE-Zertifizierung und des Datenblattes eines Produkts eines anderen Unternehmens den Eindruck, sie verwende deren Produkte (hier: Altkleider-Container), kann hieraus eine Erfolgsabwendungspflicht entstehen, die zu einer Verpflichtung führt, darüber aufzuklären, wenn die Verwendung dieser Produkte nicht (mehr) möglich ist. Das Unterlassen dieser Aufklärung kann eine gezielte Behinderung nach § 4 Nr. 4 UWG gegenüber der Herstellerin der Produkte darstellen.

OLG Frankfurt a.M. v. 10.3.2022 - 6 U 196/20
Der Sachverhalt:
Die Klägerin stellt Container her, die im Bereich der Altkleidersammlung eingesetzt werden. Zudem vertreibt sie die Gerätschaften. Die Beklagte ist im Bereich der Sammlung von Altkleidern tätig. Sie erwarb über Dritte gebrauchte Kleidercontainer der Klägerin.

Die Beklagte erhielt am 11.11.2019 eine Sondernutzungserlaubnis zum Aufstellen von Altkleidercontainern. Als Auflage war in dem Genehmigungsbescheid die Verwendung von Kleidercontainern mit CE-Kennung und Übersendung der Konformitätserklärungen bis zum 30.12.2019 enthalten. Nicht Voraussetzung war, dass Container der Klägerin aufgestellt werden müssen. Da die Beklagte zunächst Informationen aus ihrer Logistikabteilung hatte, ausreichend Container der Beklagten in den Lagerbeständen zu haben, sollten diese aufgestellt werden. Die Unterlagen über das CE-Zertifikat der Klägerin wurden der Stadt am 18.12.2019 per E-Mail zugesandt. Bei der Aufstellung der Container zu Beginn des Jahres 2020 wurde dann festgestellt, dass nicht mehr genügend Container der Klägerin bei der Beklagten verfügbar waren, so dass ein anderes - qualitativ schlechteres - Containermodell aufgestellt wurde.

Hiergegen wandte sich die Klägerin. Das LG hat die auf Unterlassung gerichtete Klage abgewiesen. Es war der Ansicht, es fehle bereits an der Anspruchsberechtigung der Klägerin, da diese keine Mitbewerberin der Beklagten sei. Auf die Berufung der Klägerin hat das OLG die Entscheidung abgeändert und der Klage teilweise stattgegeben.

Die Gründe:
Mit ihrem Hauptantrag hat die Klägerin keinen Erfolg. Die Klägerin ist als Mitbewerberin der Beklagten nach § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG zwar aktivlegitimiert für einen Unterlassungsanspruch aus UWG. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG ist Mitbewerber jeder Unternehmer, der mit einem oder mehreren Unternehmern als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis steht. Soweit ein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb in Betracht kommen könnte, ist die hierfür erforderliche Zielgerichtetheit allerdings nicht vorgetragen. Soweit die Klägerin schließlich Ansprüche aus einer Benutzungsmarke nach § 4 Nr. 2 MarkenG geltend gemacht, sind die Schutzvoraussetzungen nicht dargetan. Der Hinweis auf eine 10-jährige Firmierung ist nicht geeignet, die Entstehung einer Marke zu begründen. Zudem ist das Markenrecht nach § 24 MarkenG erschöpft.

Die Klägerin hat jedoch mit ihrem Hilfsantrag Erfolg. Denn sie hat gegen die Beklagte einen Unterlassungsanspruch aus §§ 8 Abs. 1 und 3 Nr. 1 i.V.m. § 4 Nr. 4 UWG, da diese es unterlassen hat, die Stadt darüber zu unterrichten, dass statt der avisierten Container der Klägerin solche ein Drittherstellers aufgestellt wurden, und dies eine gezielte Behinderung der Klägerin darstellt.

Erweckt eine Firma durch Vorlage einer CE-Zertifizierung und des Datenblattes eines Produkts eines anderen Unternehmens den Eindruck, sie verwende deren Produkte, kann hieraus eine Erfolgsabwendungspflicht entstehen, die zu einer Verpflichtung führt, darüber aufzuklären, wenn die Verwendung dieser Produkte nicht (mehr) möglich ist. Das Unterlassen dieser Aufklärung kann eine gezielte Behinderung nach § 4 Nr. 4 UWG gegenüber der Herstellerin der Produkte darstellen, da deren Ruf beeinträchtigt werden kann, wenn die tatsächlich verwendeten Produkte mangelhaft sind.

Das Interesse der Beklagten, trotz ihres auf kostengünstigen Erwerb von Gebrauchtcontainern angelegten Geschäftsmodells bei Eintritt eines Mangels an Containern der Klägerin trotzdem die Stadt in dem Glauben zu lassen, die aufgestellten Container seien die der Klägerin, ist nicht schützenswert. Es ist geeignet, den Ruf der Klägerin, der bei Problemen und Defekten diese Probleme angelastet werden, zu beschädigen. Zwar erfolgte die Unterlassung hier gegenüber der Stadt; jedoch richtete sich diese gegen die Klägerin als Mitbewerberin. Der gute Ruf deren Produkte nutzte die Klägerin aus, obwohl sie tatsächlich Container minderer Qualität aufgestellt hatte.

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