Google-Rezension: Feststellungsinteresse bei behaupteter Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts
OLG Dresden v. 15.8.2022 - 4 U 462/22Die Klägerin ist im Bereich der Immobilienvermarktung als Maklerin tätig. Der Beklagte beauftragte im Jahr 2016 die von der Klägerin unabhängige XXX Baubetreuung GmbH mit der Betreuung seines Bauprojektes. Der Beklagte veröffentlichte am 1.3.2020 eine negative Kritik über die XXX Baubetreuung GmbH auf der Internetseite der Klägerin bei google.de. Er löschte die Rezension am 9.3.2020. Die Klägerin begehrt mit ihrer am 10.8.2021 eingereichten Klage, den Beklagten zur Unterlassung der Bewertung zu verurteilen und festzustellen, dass der Beklagte der Klägerin sämtliche weiteren bereits entstandenen sowie zukünftigen Schäden zu ersetzen hat, die auf die in Rede stehende Google-Rezension zurückzuführen sind.
Die Klägerin behauptet, es bestehe ein Feststellungsinteresse, da nicht auszuschließen sei, dass ihr durch die streitgegenständliche Rezension bereits Schäden entstanden seien, die sie noch nicht kenne oder weitere Schäden entstehen werden. Der Schadenseintritt erscheine möglich. In der mündlichen Verhandlung behauptete die Klägerin, dass sie Umsatzeinbußen erlitten habe. Der Beklagte bestritt den Schadenseintritt.
Das LG gab der Klage teilweise statt. Es verurteilte den Beklagten zur Unterlassung, wies den Feststellungsantrag aber ab. Es fehle ein Feststellungsinteresse. Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin. Das OLG wies die Klägerin mit dem vorliegenden Beschluss darauf hin, dass es beabsichtige, die Berufung zurückzuweisen.
Die Gründe:
Das LG hat den Feststellungsantrag zu Recht abgewiesen. Es fehlt am Feststellungsinteresse gem. § 256 Abs. 1 ZPO.
Im vorliegenden Fall fehlt es schon an der Möglichkeit von materiellen Schäden für die Annahme des Feststellungsinteresses. Für die Zulässigkeit der Feststellungsklage kommt es im vorliegenden Fall nicht auf die Wahrscheinlichkeit eines auf die Verletzungshandlung zurückzuführenden Schadeneintrittes an, denn es handelt sich nicht um einen reinen Vermögensschaden. Unstreitig liegt eine Persönlichkeitsverletzung gem. § 823 Abs. 1 BGB vor. Es handelt sich daher um Schäden, die der Klägerin aus der behaupteten Verletzung ihres (Unternehmer-)Persönlichkeitsrechtes, eines sonstigen absolut geschützten Rechtsgutes i.S.v. § 823 Abs. 1 BGB, resultieren. Die Möglichkeit materieller Schäden reicht hier für die Annahme eines Feststellungsinteresses aus. Daran fehlt es hier.
Der Vortrag der Klägerin ist hierzu schon widersprüchlich und daher nicht schlüssig. Die Klägerin hat mit ihrer eineinhalb Jahre nach der Löschung der Rezension eingereichten Klage ausgeführt, dass nicht auszuschließen ist, dass ihr Schäden entstanden seien, die sie noch nicht kenne oder weitere Schäden entstehen können. Mit Schriftsatz vom 2.11.2021 hat sie dargelegt, dass sie gar nicht vorgetragen habe, dass ihr ein Schaden entstanden sei. Sie wisse nicht, ob bereits ein Schaden entstanden sei oder ein solcher noch entstehen werde. Dies erscheine aber möglich. In der mündlichen Verhandlung hat sie behauptet, es sei zu Umsatzeinbrüchen gekommen. Dies ist vor dem Hintergrund ihres früheren Vortrages nicht verständlich und widersprüchlich.
Zu Unrecht meint die Klägerin, dass ihr Vortrag, dass es zu Umsatzeinbrüchen gekommen sei, von dem Beklagten nicht bestritten worden und daher unstreitig sei. Der Beklagte hat in der Klageerwiderung vom 5.10.2021 bestritten, dass durch die Bewertung ein Schaden entstanden sei bzw. in Zukunft entstehen werde. Es war daher nicht erforderlich, dieses Bestreiten zu wiederholen. Auch in einem vorausgegangenen Vortrag der Partei kann ein Bestreiten nachfolgender Behauptungen der Gegenseite liegen, wenn jener Vortrag diesen Behauptungen widerspricht. Dies ist hier der Fall. Unabhängig davon ist das Vorbringen auch unsubstantiiert. Wenn die Klägerin Umsatzeinbrüche behauptet, so muss es ihr auch möglich sein, ihre Umsätze darzulegen. Ein künftiger Schadenseintritt ist nicht zu erwarten. Aus Sicht des Senates erscheint es nicht vorstellbar, dass zwei Jahre nach Löschen der negativen Bewertung bei Google, potentielle Kunden davon abgehalten werden, mit ihr einen Vertrag zu schließen.
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Aufsatz:
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Olaf Sosnitza, CR 2021, 329
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