17.05.2024

Hersteller von Katzenfutter trifft Beweislast für behauptete Werbeaussage

Im Humanbereich gilt für den Bereich der Gesundheitswerbung, dass diese wissenschaftlich hinreichend gesichert sein muss, wobei die Beweislast den Werbenden trifft, wenn der Gegner die wissenschaftliche Absicherung der behaupteten Werbung substantiiert in Abrede stellt. Es ist sachgerecht, diese Grundsätze auch auf die gesundheitsbezogene Wirkung von Futtermitteln zu übertragen, weil Verbraucher werbenden gesundheitsbezogenen Angaben im Veterinärbereich ein vergleichbar großes Vertrauen entgegen bringen wie im Humanbereich.

LG Trier v. 19.4.2024 - 7 HK O 43/23
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist ein e.V. und in der Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände eingetragen. Die Beklagte ist eine Herstellerin von Futtermitteln für den Heimtierbereich. Für ein von ihr in den Verkehr gebrachtes Produkt, bei dem es sich nach der Kennzeichnung um ein Ergänzungsfuttermittel für Katzen handelt, wirbt sie u.a. mit den Aussagen, dass es sich um ein Wurmmittel handele, das der effektiven akuten Entwurmung diene und auch vorbeugend angewandt werden könne. Es sei eine Alternative zur klassischen chemischen Wurmkur.

Der Kläger mahnte die Beklagte im September 2023 ab. Er meinte, dass ein Verstoß gegen Art. 13 Abs. 3 der Verordnung EG 767/2009 vorliege, da es sich um Aussagen mit Krankheitsbezug handele. Ein Parasitenbefall stelle eine Krankheit dar. Dem Produkt kämen die ausgelobten Wirkungen nicht zu. Er verlangte Unterlassung und 200 € netto als Kostenpauschale für die Abmahnung. Der Beklagte trug vor, die Aussagen seien nicht krankheitsbezogen. Wurmbefall bei Tieren sei als normal anzusehen. Er könne zwar Krankheiten auslösen, sei aber nicht selbst die Krankheit. Letztlich müsse der Kläger beweisen, dass dem Produkt die ausgelobten Wirkungen nicht zukämen.

Das LG gab der Klage vollumfänglich statt.

Die Gründe:
Ein Unterlassungsanspruch ergab sich insgesamt aus §§ 8, 3, 3a UWG, 19 LFGB i.V.m. Art. 11 Abs. 1b VO (EG) Nr. 767/2009 als Marktverhaltensregelung. Danach liegt eine unzulässige irreführende Werbung dann vor, wenn Futtermitteln Wirkungen beigelegt werden, die sie nicht haben. Nach Art. 3 Nr. 4 der Lebensmittel-Basisverordnung - VO (EG) Nr. 178/2002 - sind Futtermittel Stoffe oder Erzeugnisse, auch Zusatzstoffe, die verarbeitet, teilweise verarbeitet oder unverarbeitet, die zur oralen Tierfütterung bestimmt sind. Dies war hier bei dem Ergänzungsfuttermittel der Fall.

Bei der Frage der Irreführung ist auf den durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher abzustellen. Die Kammer sah sich zu der in diesem Rahmen erforderlichen Beurteilung in der Lage, weil ihr Mitglied zu den durch die Werbung angesprochenen Verkehrskreisen gehört. In der streitgegenständlichen Werbung werden Wirkungen angegeben, die das Futtermittel nicht nachweislich besitzt. Im Humanbereich gilt für den Bereich der Gesundheitswerbung, dass diese wissenschaftlich hinreichend gesichert sein muss, wobei die Beweislast den Werbenden trifft, wenn der Gegner die wissenschaftliche Absicherung der behaupteten Werbung substantiiert in Abrede stellt. Es ist sachgerecht, diese Grundsätze auch auf die gesundheitsbezogene Wirkung von Futtermitteln zu übertragen, weil Verbraucher werbenden gesundheitsbezogenen Angaben im Veterinärbereich ein vergleichbar großes Vertrauen entgegen bringen wie im Humanbereich.

Der Vortrag des Beklagten bezog sich nur auf einzelnen Inhaltsstoffe des Produkts. Vorgelegt wurde nur ein Review einer Studie "Antimicrobial Activity of Basil, Oregano, and Thyme Essential Oils", aus dem unklar blieb, was das Ergebnis der Studie war und ob sich diese auch mit Wurmbefall beschäftigte. Aus dem weiter vorgelegten Preview einer Studie zu Kokosnuss und Zwiebeln bei Wurmbefall ergab sich zwar eine Reduzierung des Wurmbefalls bei Schafen und Pferden. Davon, dass bei Katzen ähnliche Wirkungen eintreten würden, konnte zwar ausgegangen werden. Aus dem Preview war aber nicht ersichtlich, welche Masse an Wirkstoffen und welcher Inhaltsstoff die Reduzierung des Wurmbefalls auslöst und ob diese Masse auch in dem Produkt der Beklagten enthalten ist. Insofern war auch nicht nachgewiesen, dass das Produkt der Beklagten Wurmbefall reduziert. Die Frage, ob im Veterinärbereich an das Vorliegen einer wissenschaftlichen Absicherung geringere Anforderungen zu stellen sind als im Humanbereich, konnte insoweit offen bleiben.

Mehr zum Thema:

Beratermodul Zeitschriften Wirtschaftsrecht
Jetzt neu: Führende Zeitschriften zum Wirtschaftsrecht, Aktienrecht, Gesellschaftsrecht und Versicherungsrecht stehen hier zur Online-Recherche bereit. Inklusive Selbststudium nach § 15 FAO bei ausgewählten Zeitschriften (GmbHR, ZIP, VersR). Wann immer es zeitlich passt: Für Fachanwälte bietet das Beratermodul Beiträge zum Selbststudium mit Lernerfolgskontrolle und Fortbildungszertifikat. 4 Wochen gratis nutzen!
Landesrecht Rheinland-Pfalz
Zurück