Im Namen des Schuldners? Sofortige Beschwerde durch anwaltlichen Betreuer des Schuldners gegen Festsetzung der Vergütung des Insolvenzverwalters
BGH v. 12.9.2024 - IX ZB 9/24
Der Sachverhalt:
Mit Beschluss vom 6.8.2021 eröffnete das AG - Insolvenzgericht - das Verbraucherinsolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners und bestellte den weiteren Beteiligten zum Insolvenzverwalter. Mit Beschluss vom 18.4.2023 setzte das Insolvenzgericht die Vergütung des weiteren Beteiligten einschließlich Auslagen und Umsatzsteuer antragsgemäß auf rd. 9.100 € fest.
Gegen diesen Beschluss legte der Betreuer des Schuldners sofortige Beschwerde ein. Das LG änderte den Beschluss des AG ab und setzte die Vergütung einschließlich Auslagen und Umsatzsteuer auf rd. 1.900 € fest. Mit der Rechtsbeschwerde möchte der weitere Beteiligte die Festsetzung der Vergütung in der von ihm beantragten Höhe und die Zurückweisung der sofortigen Beschwerde erreichen.
Der BGH hob den Beschluss des LG auf und verwies die Sache zur erneuten Entscheidung dorthin zurück.
Die Gründe:
Anders als die Rechtsbeschwerde meint, liegt eine zulässige sofortige Beschwerde des Schuldners vor, weil die vom Betreuer des Schuldners eingelegte Beschwerde als eine solche des Schuldners auszulegen ist. Soweit das LG im Rubrum seines Beschlusses den Betreuer als Beschwerdeführer bezeichnet, ist dies unzutreffend.
Prozesserklärungen sind auslegungsfähig. Im Zweifel ist dasjenige gewollt, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und dem recht verstandenen Interesse entspricht, wobei nicht unter allen Umständen am buchstäblichen Sinn der Wortwahl einer Partei festzuhalten ist. Das Vorbringen des Betreuers vor dem AG wie vor dem LG macht deutlich, dass es ihm ausschließlich um die Interessen des Schuldners geht. Ein eigenes Rechtsmittel steht ihm auch nicht zu.
Allein aus der Verwendung der "Ich-Form" durch den Rechtsanwalt in einem Rechtsmittelschriftsatz - wie im Streitfall durch den anwaltlichen Betreuer des Schuldners - können grundsätzlich keine Zweifel daran aufkommen, dass der Rechtsanwalt gerade in seiner Eigenschaft als Prozessbevollmächtigter seiner Partei für diese das Rechtsmittel einlegen will. Für den Fall, dass der Rechtsanwalt zum Betreuer des Schuldners bestellt ist, gilt Entsprechendes.
Das LG wird im erneuten Beschwerdeverfahren den Einwendungen des Beteiligten zur Ermittlung der Berechnungsgrundlage nachzugehen haben. Die bisherigen Überlegungen des LG zur Berechnungsgrundlage sind rechtsfehlerhaft.
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Mit Beschluss vom 6.8.2021 eröffnete das AG - Insolvenzgericht - das Verbraucherinsolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners und bestellte den weiteren Beteiligten zum Insolvenzverwalter. Mit Beschluss vom 18.4.2023 setzte das Insolvenzgericht die Vergütung des weiteren Beteiligten einschließlich Auslagen und Umsatzsteuer antragsgemäß auf rd. 9.100 € fest.
Gegen diesen Beschluss legte der Betreuer des Schuldners sofortige Beschwerde ein. Das LG änderte den Beschluss des AG ab und setzte die Vergütung einschließlich Auslagen und Umsatzsteuer auf rd. 1.900 € fest. Mit der Rechtsbeschwerde möchte der weitere Beteiligte die Festsetzung der Vergütung in der von ihm beantragten Höhe und die Zurückweisung der sofortigen Beschwerde erreichen.
Der BGH hob den Beschluss des LG auf und verwies die Sache zur erneuten Entscheidung dorthin zurück.
Die Gründe:
Anders als die Rechtsbeschwerde meint, liegt eine zulässige sofortige Beschwerde des Schuldners vor, weil die vom Betreuer des Schuldners eingelegte Beschwerde als eine solche des Schuldners auszulegen ist. Soweit das LG im Rubrum seines Beschlusses den Betreuer als Beschwerdeführer bezeichnet, ist dies unzutreffend.
Prozesserklärungen sind auslegungsfähig. Im Zweifel ist dasjenige gewollt, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und dem recht verstandenen Interesse entspricht, wobei nicht unter allen Umständen am buchstäblichen Sinn der Wortwahl einer Partei festzuhalten ist. Das Vorbringen des Betreuers vor dem AG wie vor dem LG macht deutlich, dass es ihm ausschließlich um die Interessen des Schuldners geht. Ein eigenes Rechtsmittel steht ihm auch nicht zu.
Allein aus der Verwendung der "Ich-Form" durch den Rechtsanwalt in einem Rechtsmittelschriftsatz - wie im Streitfall durch den anwaltlichen Betreuer des Schuldners - können grundsätzlich keine Zweifel daran aufkommen, dass der Rechtsanwalt gerade in seiner Eigenschaft als Prozessbevollmächtigter seiner Partei für diese das Rechtsmittel einlegen will. Für den Fall, dass der Rechtsanwalt zum Betreuer des Schuldners bestellt ist, gilt Entsprechendes.
Das LG wird im erneuten Beschwerdeverfahren den Einwendungen des Beteiligten zur Ermittlung der Berechnungsgrundlage nachzugehen haben. Die bisherigen Überlegungen des LG zur Berechnungsgrundlage sind rechtsfehlerhaft.
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