31.05.2012

Iran-Embargo verpflichtet Banken nicht zur Kündigung der Konten gelisteter Unternehmen

Das nach dem Iran-Embargo vorgesehene "Einfrieren" von Geldern sieht vor, dass ein unkontrollierter Kapitalfluss betroffener Unternehmen verhindert werden soll. Es bedeutet jedoch nicht, dass die Bankkonten dieser Unternehmen gekündigt werden sollen.

OLG Hamburg 30.5.2012, 13 W 17/12
Der Sachverhalt:
Die Antragstellerin in dem vorliegenden Eilverfahren ist eine Kapitalgesellschaft, die Dienstleistungen insbes. für die Islamic Republic of Iran Shipping Lines erbringt. Die Antragstellerin ist im Anhang zur Europäischen Verordnung 267/12 gelistet und fällt damit unter das sog. Iran-Embargo. Die Antragsgegnerin, eine Hamburger Bank, teilte der Antragstellerin im März 2012 mit, sie werde die Bankverbindung mit der Antragstellerin im Wege der ordentlichen Kündigung im Mai 2012 beenden.

Die Antragstellerin widersprach der Kündigung mit der Begründung, das Konto bei der Antragsgegnerin sei ihr einziges aktives Geschäftskonto, und es sei ihr trotz erheblicher Bemühungen nicht gelungen, bei einer anderen Bank ein Konto zu eröffnen. Die Antragsgegnerin meinte hingegen, es stehe ihr im Rahmen der Vertragsfreiheit zu, eine Kontoverbindung aus geschäftspolitischen Gründen zu kündigen.

Das OLG gab dem Eilantrag statt und verpflichtete die Antragsgegnerin, das Girokonto der Antragstellering vorläufig fortzuführen. Das Urteil ist rechtskräftig.

Die Gründe:
Die Kündigung des Girovertrags ist unwirksam. Die Antragsgegnerin ist verpflichtet, das Konto solange weiterzuführen, bis es der Antragstellerin gelingt, bei einer anderen europäischen Bank ein neues Konto zu eröffnen.

Nach den von den Parteien vereinbarten allgemeinen Vertragsbedingungen ist die Antragsgegnerin im Falle einer Kündigung verpflichtet, den berechtigten Belangen des Kunden Rechnung zu tragen und nicht zur Unzeit zu kündigen. Eine solche Kündigung zur Unzeit liegt hier jedoch vor, da die Antragstellerin auf das Konto angewiesen ist, um ihren Geschäftsbetrieb aufrechtzuerhalten. Die Antragstellerin hat glaubhaft gemacht, dass sie bei über 100 deutschen und europäischen Banken erfolglos wegen der Eröffnung eines Bankkontos angefragt hat. Die Antragsgegnerin kann sich dagegen nicht auf den Grundsatz der Vertragsfreiheit berufen, denn es ist anerkannt, dass eine Verpflichtung zum Vertragsschluss besteht, wenn der Vertragspartner keine zumutbare Möglichkeit hat, die dringend benötigte Leistung anderweitig zu erhalten.

Auch nach der europäischen Verordnung zum sog. Iran-Embargo ist die Kündigung des Girovertrags nicht geboten. Das "Einfrieren" sämtlicher Gelder und wirtschaftlicher Ressourcen der gelisteten Personen und Organisationen bedeutet für das Verhältnis der Antragsgegnerin zur Antragstellerin, dass keine Kontobewegung ohne Genehmigung der Bundesbank erfolgen darf. Aus der Verordnung ergibt sich dagegen nicht, dass die mit den gelisteten Personen bestehenden Bankverbindungen gekündigt werden sollen. Ansonsten hätte es auch der Einführung des speziellen Genehmigungsverfahrens bei der Bundesbank nicht bedurft.

OLG Hamburg PM vom 30.5.2012
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