16.02.2022

Irreführung durch den auf Bio-Eier-Kartons angebrachten Hinweis "Eier von nachweislich salmonellenfreien Hühnern"

Selbst wenn die einzelnen Hühner zum Nachweis ihrer Salmonellenfreiheit getestet würden, kann bei einem zweiwöchentlichen Testturnus nicht ausgeschlossen werden, dass Hühner zwischen zwei Testungen infiziert wurden und das zweite Testergebnis bei dem Inverkehrbringen der Eier noch nicht vorlag. Einer Irreführung steht es auch nicht entgegen, dass der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. auf der von ihm betriebenen Internetseite lebensmittelklarheit.de, davon ausgeht, dass die Werbung zulässig sei.

OLG Celle v. 11.11.2021 - 13 U 84/20
Der Sachverhalt:
Die zur einer dänischen Unternehmensgruppe gehörende Beklagte vertreibt in Dänemark produzierte Eier in Deutschland. Sie hat u.a. Bio-Eier, Eier aus Freilandhaltung und Eier aus Bodenhaltung im Sortiment. Die Eierkartons der Beklagten tragen je nach Haltungsform und Packungsgröße (6er-Karton oder 10er Karton) unterschiedliche Bezeichnungen. Auf den Kartons befindet sich jeweils ein Aufkleber mit einem Barcode, der u.a. das Mindesthaltbarkeitsdatum ausweist. Diesen Aufkleber versieht die Beklagte mit der Angabe "Eier von nachweislich salmonellenfreien Hühnern". Die Angabe ist drucktechnisch hervorgehoben (schwarze Schrift auf gelbem Grund mit einer roten Umrandung).

In Dänemark müssen seit 2013 die Legehennen-Herden alle zwei Wochen auf Salmonellen getestet werden. Wegen dieses staatlichen Kontrollprogramms nimmt Dänemark - neben Schweden und Finnland - in der EU eine Sonderstellung in Bezug auf die Bekämpfung von Salmonellen bei Tieren und tierischen Produkten ein.

Der Kläger mahnte die Beklagte wegen der Verwendung der streitgegenständlichen Werbeaussage "Eier von nachweislich salmonellenfreien Hühnern" in Bezug auf die Bio-Eier "g. G." ab. Er war der Ansicht, die Angabe sei unlauter, weil sie gegen das lebensmittelrechtliche und das allgemeine Irreführungsverbot verstoße. Die Angabe erwecke nämlich bei den Kaufinteressenten die Vorstellung, dass die hiermit beworbenen Eier tatsächlich salmonellenfrei seien. Diese Erwartung werde allerdings enttäuscht.

Das LG hat der Unterlassungsklage vollumfänglich stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten blieb vor dem OLG erfolglos.

Die Gründe:
Der Kläger hat insoweit einen Unterlassungsanspruch gem. § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 2, § 3, § 3a UWG i.V.m. § 11 Abs. 1 Nr. 1 LFGB, Art. 7 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 (LMIV) bzw. § 5 Abs. 1 UWG, weil die Angabe "Eier von nachweislich salmonellenfreien Hühnern" eine irreführende Information über die Eigenschaften der verkauften Bio-Eier darstellte.

Abzustellen ist auf den durchschnittlich informierten und verständigen Verbraucher, der der Werbung die der Situation angemessene Aufmerksamkeit entgegenbringt. Das Verbraucherleitbild des deutschen Lauterkeitsrechts entspricht dem des europäischen Rechts. Bei geringwertigen Gegenständen des täglichen Bedarfs ist die Aufmerksamkeit des Verbrauchers regelmäßig eher gering, so dass er die Werbung eher flüchtig zur Kenntnis nehmen wird.

Die angesprochenen Verbraucher verstehen die Angabe dahin, dass die Eier, die sich in dem abgepackten Karton mit der streitgegenständlichen Angabe befinden, von Hühnern stammen, deren Salmonellenfreiheit zum Zeitpunkt des Eierlegens oder aber jedenfalls vor dem Inverkehrbringen der Eier durch die Beklagte jeweils durch einen entsprechenden Test nachgewiesen ist. Dieses Verständnis entspricht dem Wortlaut der Angabe. Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass die Angabe sich nicht auf dem vorgedruckten Etikett befindet, sondern auf dem jeweils individuell hergestellten Etikett, dass die Packstelle mit dem jeweiligen Packdatum und einem Barcode ausweist. Dies bestärkt die schon durch den Wortlaut bedingte Vorstellung, dass diejenigen Hühner, die die in dem Karton befindlichen Eier gelegt haben, nachweislich salmonellenfrei sind.

Selbst wenn die einzelnen Hühner zum Nachweis ihrer Salmonellenfreiheit getestet würden, kann bei einem zweiwöchentlichen Testturnus nicht ausgeschlossen werden, dass Hühner zwischen zwei Testungen infiziert wurden und das zweite Testergebnis bei dem Inverkehrbringen der Eier noch nicht vorlag. Darüber hinaus wird durch eine negative Testung der Herde aber auch nicht nachgewiesen, dass alle Hühner zum Testzeitpunkt salmonellenfrei waren. Einer Irreführung steht es entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht entgegen, dass der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. auf der von ihm betriebenen Internetseite lebensmittelklarheit.de, davon ausgeht, dass die Werbung zulässig sei. Diese Einschätzung beruht nämlich nicht auf einer abweichenden Beurteilung des Verbraucherverständnisses, sondern auf einer - ersichtlich unzutreffenden - rechtlichen Beurteilung.

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