Kartellverstöße im Zusammenhang mit dem Medikament Perindopril
EuGH v. 27.6.2024 - C-176/19 P
Der Sachverhalt:
Der Pharmakonzern Servier hat Perindopril, ein Arzneimittel zur Behandlung bestimmter Herzkrankheiten, entwickelt und in Verkehr gebracht. Er meldete für das Verfahren zur Herstellung von dessen Wirkstoff, der Anfang der 2000er-Jahre gemeinfrei wurde, mehrere Patente an, u.a. das Patent EP1296947, das 2004 erteilt wurde. Dieses Patent wurde von mehreren Generikaherstellern angegriffen. Mit einigen von ihnen schloss Servier Vergleiche, mit denen die Generikahersteller gegen eine Zahlung von Servier darauf verzichteten, das Patent anzugreifen und in den Markt für Perindopril einzutreten.
Die Kommission nahm an, dass diese Vergleiche Einschränkungen des Wettbewerbs darstellten und dass Servier eine Ausschlussstrategie umgesetzt habe, die einen Missbrauch einer beherrschenden Stellung darstelle. Sie verhängte gegen Servier Geldbußen i.H.v. mehr als 330 Mio. €, und gegen die betreffenden Generikahersteller i.H.v. etwa 97 Mio. €. Servier und die Generikahersteller erhoben dagegen Klage beim EuG.
Das EuG wies diese Klagen teilweise ab. Die Vergleiche, die Servier mit Niche/Unichem, Matrix (jetzt Mylan), Teva und Lupin geschlossen habe, seien rechtswidrig gewesen. Den Beschluss der Kommission, was den Missbrauch einer beherrschenden Stellung durch Servier und die Vereinbarungen, die Servier mit Krka geschlossen hat, angeht, erklärte das EuG jedoch für nichtig. Servier, ihre Tochtergesellschaft Biogaran und die Generikahersteller, gegen die Geldbußen verhängt wurden, legten gegen die betreffenden Urteile Rechtsmittel ein. Die Kommission legte ihrerseits gegen die Urteile des Gerichts Servier u.a./Kommission und Krka/Kommission Rechtsmittel ein.
Der EuGH wies die Rechtsmittel von Lupin, Niche Generics, Unichem Laboratories, Matrix, Teva und Biogaran zurück und bestätigt die Urteile des EuG.
Die Gründe:
Das EuG hat zu Recht entschieden, dass die Vereinbarungen, die Servier und Biogaran geschlossen haben, Marktausschlussvereinbarungen darstellen, die den Wettbewerb eingeschränkt haben. Die genannten Unternehmen haben die Geldbußen, die die Kommission gegen sie verhängt hat, also zu zahlen.
Nach Prüfung aller Gesichtspunkte, die die Kommission und Servier mit ihren Rechtsmitteln geltend gemacht haben, waren die Urteile des EuG teilweise aufzuheben. Was den Missbrauch einer beherrschenden Stellung angeht, ist festzustellen, dass das EuG die von der Kommission vorgenommene Definition des relevanten Marktes zu Unrecht nicht hat gelten lassen. Was die Rechtswidrigkeit von zweien der drei Vereinbarungen angeht, die Servier mit Krka geschlossen hat, ist weiterhin festzuhalten, dass dem EuG mehrere Rechtsfehler unterlaufen sind - die Klagen von Servier und Krka, soweit sie sich auf diese Vereinbarungen beziehen, waren daher endgültig abzuweisen.
Da das EuG über die dritte Vereinbarung, die Servier mit Krka geschlossen hat, nicht entschieden hat, waren die Sachen zur Entscheidung über die Rechtmäßigkeit dieser dritten Vereinbarung an das EuG zurückverweisen, da die Rechtsstreitigkeiten insoweit nicht zur Endentscheidung reif sind. Was speziell die Zuwiderhandlung durch den mit Lupin geschlossenen Vergleich angeht, ist festzustellen, dass das EuG die bei der Festsetzung der Geldbuße zugrunde gelegte Dauer der Zuwiderhandlung zu Unrecht nicht beanstandet habe. Die ursprünglich auf rd.37 Mio. € festgesetzte Geldbuße wird deshalb auf rd. 35 Mio. € herabgesetzt.
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EuGH PM Nr. 24 vom 1.2.2024
Der Pharmakonzern Servier hat Perindopril, ein Arzneimittel zur Behandlung bestimmter Herzkrankheiten, entwickelt und in Verkehr gebracht. Er meldete für das Verfahren zur Herstellung von dessen Wirkstoff, der Anfang der 2000er-Jahre gemeinfrei wurde, mehrere Patente an, u.a. das Patent EP1296947, das 2004 erteilt wurde. Dieses Patent wurde von mehreren Generikaherstellern angegriffen. Mit einigen von ihnen schloss Servier Vergleiche, mit denen die Generikahersteller gegen eine Zahlung von Servier darauf verzichteten, das Patent anzugreifen und in den Markt für Perindopril einzutreten.
Die Kommission nahm an, dass diese Vergleiche Einschränkungen des Wettbewerbs darstellten und dass Servier eine Ausschlussstrategie umgesetzt habe, die einen Missbrauch einer beherrschenden Stellung darstelle. Sie verhängte gegen Servier Geldbußen i.H.v. mehr als 330 Mio. €, und gegen die betreffenden Generikahersteller i.H.v. etwa 97 Mio. €. Servier und die Generikahersteller erhoben dagegen Klage beim EuG.
Das EuG wies diese Klagen teilweise ab. Die Vergleiche, die Servier mit Niche/Unichem, Matrix (jetzt Mylan), Teva und Lupin geschlossen habe, seien rechtswidrig gewesen. Den Beschluss der Kommission, was den Missbrauch einer beherrschenden Stellung durch Servier und die Vereinbarungen, die Servier mit Krka geschlossen hat, angeht, erklärte das EuG jedoch für nichtig. Servier, ihre Tochtergesellschaft Biogaran und die Generikahersteller, gegen die Geldbußen verhängt wurden, legten gegen die betreffenden Urteile Rechtsmittel ein. Die Kommission legte ihrerseits gegen die Urteile des Gerichts Servier u.a./Kommission und Krka/Kommission Rechtsmittel ein.
Der EuGH wies die Rechtsmittel von Lupin, Niche Generics, Unichem Laboratories, Matrix, Teva und Biogaran zurück und bestätigt die Urteile des EuG.
Die Gründe:
Das EuG hat zu Recht entschieden, dass die Vereinbarungen, die Servier und Biogaran geschlossen haben, Marktausschlussvereinbarungen darstellen, die den Wettbewerb eingeschränkt haben. Die genannten Unternehmen haben die Geldbußen, die die Kommission gegen sie verhängt hat, also zu zahlen.
Nach Prüfung aller Gesichtspunkte, die die Kommission und Servier mit ihren Rechtsmitteln geltend gemacht haben, waren die Urteile des EuG teilweise aufzuheben. Was den Missbrauch einer beherrschenden Stellung angeht, ist festzustellen, dass das EuG die von der Kommission vorgenommene Definition des relevanten Marktes zu Unrecht nicht hat gelten lassen. Was die Rechtswidrigkeit von zweien der drei Vereinbarungen angeht, die Servier mit Krka geschlossen hat, ist weiterhin festzuhalten, dass dem EuG mehrere Rechtsfehler unterlaufen sind - die Klagen von Servier und Krka, soweit sie sich auf diese Vereinbarungen beziehen, waren daher endgültig abzuweisen.
Da das EuG über die dritte Vereinbarung, die Servier mit Krka geschlossen hat, nicht entschieden hat, waren die Sachen zur Entscheidung über die Rechtmäßigkeit dieser dritten Vereinbarung an das EuG zurückverweisen, da die Rechtsstreitigkeiten insoweit nicht zur Endentscheidung reif sind. Was speziell die Zuwiderhandlung durch den mit Lupin geschlossenen Vergleich angeht, ist festzustellen, dass das EuG die bei der Festsetzung der Geldbuße zugrunde gelegte Dauer der Zuwiderhandlung zu Unrecht nicht beanstandet habe. Die ursprünglich auf rd.37 Mio. € festgesetzte Geldbuße wird deshalb auf rd. 35 Mio. € herabgesetzt.
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