02.08.2017

Kein Abschluss einer Schiedsvereinbarung durch Handelsbrauch

Nach Aufhebung von § 1027 Abs. 2 ZPO a.F. kommt der Abschluss einer Schiedsvereinbarung durch Handelsbrauch nicht mehr in Betracht. Dies wäre mit dem Wortlaut des § 1031 ZPO und dem vom Gesetzgeber mit der Aufhebung des § 1027 Abs. 2 ZPO a.F. verfolgten Ziel unvereinbar.

BGH 6.4.2017, I ZB 69/16
Der Sachverhalt:
Die Antragstellerin bietet einen Linienschifffahrtsdienst zwischen dem Nordwestkontinent und Nordafrika an. Die Antragsgegnerin handelt mit Holz. Im März 2013 verständigten sich die OMT und die Antragsgegnerin über die Verschiffung einer Partie Holz nach Algerien mit Ankunft zwischen dem 13. und 15.4.2013. Streitig ist, ob die OMT im eigenen Namen mit der Antragsgegnerin einen Vertrag geschlossen oder als Agentin der Antragstellerin gehandelt hat. Aus zwischen den Parteien ebenfalls streitigen Gründen wurde der Transport nicht durchgeführt. Da keine Ladung aufgenommen wurde, stellte die Antragstellerin kein Konnossement aus. Sie macht nun Fehlfracht gegenüber der Antragsgegnerin geltend.

Klausel 3 c der Konnossement-Bedingungen der Antragstellerin lautet: "Any dispute arising under, or in connection with, the contract evidenced by the Bill of Lading regarding a cargo carried or intended to be carried, or originally agreed for so being carried, to or from Algerian ports to be referred to arbitration in Hamburg." Die E-Mail-Signatur der OMT enthält folgende Gerichtsstandklausel: "In case of disputes the Antwerp courts are exclusively competent and the Belgian jurisdiction will be applicable." In einer E-Mail vom 20.3.2013, mit der der Geschäftsführer der Antragsgegnerin der OMT den ausgehandelten Preis bestätigte, heißt es: "As I mention earlier I need the BL with the date of 30th March."

Die Antragstellerin meint, die Schiedsklausel der Konnossementbedingungen sei bereits mit der Buchung wirksam in den Vertrag einbezogen worden. Aufgrund einer nur wenige Wochen zuvor erfolgten anderen Buchung habe die Antragsgegnerin konkrete Kenntnis der Konnossementbedingungen gehabt. Die Antragstellerin beantragte, festzustellen, dass zwischen den Parteien im Zusammenhang mit Streitigkeiten aus der streitgegenständlichen Buchung eine Schiedsvereinbarung besteht und durchführbar ist, sowie hilfsweise, festzustellen, dass zwischen den Parteien im Zusammenhang mit Streitigkeiten aus dieser Buchung ein wirksamer Frachtvertrag zwischen den Parteien unterstellt eine Schiedsvereinbarung besteht und durchführbar ist.

Das OLG wies sowohl den Antrag als auch den Hilfsantrag zurück. Die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde der Antragstellerin hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Die Rechtsbeschwerde ist nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zulässig, weil es das OLG versäumt hat, anhand von § 1031 Abs. 4 ZPO a.F. zu prüfen, ob eine Schiedsvereinbarung zwischen den Parteien abgeschlossen worden ist. Zwar ist die Vorschrift auf den Streitfall anwendbar. Die Beurteilung des OLG, es fehle an einer formwirksamen Schiedsvereinbarung, erweist sich aber auch nach dieser Bestimmung als rechtsfehlerfrei.

Auf den im März 2013 abgeschlossenen Frachtvertrag ist § 1031 ZPO in der bis zum 24.4.2013 geltenden Fassung anzuwenden. Nach § 1031 Abs. 4 ZPO a.F. konnte eine Schiedsvereinbarung auch durch die Begebung eines Konnossements begründet werden, wenn darin ausdrücklich auf die in einem Chartervertrag enthaltene Schiedsklausel Bezug genommen wurde. Auf § 1031 Abs. 4 ZPO a.F. kommt es hier jedoch nicht an. Die Begründung einer Schiedsvereinbarung nach dieser Bestimmung kommt nicht in Betracht, weil kein Konnossement begeben worden ist. Die Antragsgegnerin hat zwar mit E-Mail vom 20.3.2013 ein Konnossement von der OMT erbeten. Die Antragstellerin hat aber kein Konnossement ausgestellt, weil keine Ladung aufgenommen wurde. Die Begebung eines nicht ausgestellten Konnossements ist begrifflich ausgeschlossen. Die Ausstellung durch den Verfrachter ist notwendige Bedingung für die Entstehung des Konnossements als Wertpapier.

Das OLG hat auch nicht den Anspruch der Antragstellerin auf rechtliches Gehör gem. Art. 103 Abs. 1 GG verletzt. Das OLG hat angenommen, ein bloßer Handelsbrauch genüge nicht für den Abschluss einer Schiedsvereinbarung. Auf der Grundlage dieser Beurteilung hatte es keinen Anlass, Beweis zu dem Sachvortrag der Antragstellerin zu erheben, wonach es in der Linienschifffahrt Handelsbrauch sei, dass die Konnossementbedingungen eines Linienreeders Schiedsklauseln enthalten. Die Entscheidung des OLG steht auch nicht in Widerspruch zu Entscheidungen anderer OLG. Aus einem Urteil des OLG Hamburg vom 30.6.1992 etwa ergeben sich schon deshalb keine Aufschlüsse für den Streitfall, weil nach der bis zum 31.12.1997 geltenden Bestimmung des § 1027 Abs. 2 ZPO eine Schiedsvereinbarung auch stillschweigend nach Handelsbrauch abgeschlossen werden konnte. § 1027 Abs. 2 ZPO a.F. begründete für Handelsgeschäfte eine Ausnahme von § 1027 Abs. 1 ZPO a.F., wonach ein Schiedsvertrag ausdrücklich geschlossen werden musste.

Mit der Neuregelung des Schiedsverfahrensrechts zum 1.1.1998 wurde die Vorschrift des § 1027 Abs. 2 ZPO a.F. gestrichen und klargestellt, dass Schiedsvereinbarungen immer ungültig sind, wenn sie die Erfordernisse des § 1031 ZPO nicht erfüllen. Nach Aufhebung von § 1027 Abs. 2 ZPO a.F. kommt der Abschluss einer Schiedsvereinbarung durch Handelsbrauch nicht mehr in Betracht. Die Gegenansicht ist mit dem Wortlaut des § 1031 ZPO und dem vom Gesetzgeber mit der Aufhebung des § 1027 Abs. 2 ZPO a.F. verfolgten Ziel unvereinbar.

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