23.04.2012

Kein Entschädigungsanspruch nach dem EAEG für haupttätige Anlagevermittler

Ein Anspruch auf Entschädigung nach dem Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz steht aufgrund des Ausschlusstatbestands des § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EAEG auch solchen Unternehmen nicht zu, die als Haupttätigkeit nur Anlagevermittlung i.S.d. § 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 1 KWG betreiben. Der Begriff des Wertpapiergeschäfts i.S.d. Ziffer 7e) des Anhangs zur Richtlinie 89/646/EWG ist nicht im Hinblick auf den vorangestellten Terminus "Handel für eigene Rechnung oder im Auftrag der Kundschaft" dahingehend enger auszulegen, dass die einfache Anlagevermittlung nicht darunter fällt.

BGH 20.3.2012, XI ZR 377/11
Der Sachverhalt:
Die K-GmbH hatte sich im Oktober 2004 und Januar 2005 im eigenen Namen und für eigene Rechnung mit einem Anlagebetrag von insgesamt 62.000 € an dem Phoenix Managed Account beteiligt. Deren Gegenstand war die Anlage der Kundengelder in "Termingeschäften (Futures und Optionen) für gemeinsame Rechnung zu Spekulationszwecken mit Vorrang von Stillhaltergeschäften".

Geschäftsgegenstand der K-GmbH war die Anlagevermittlung gem. § 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 1 KWG mit der Maßgabe, dass die Gesellschaft nicht befugt ist, sich bei der Erbringung von Finanzdienstleistungen Eigentum oder Besitz an Geldern oder Wertpapieren von Kunden zu verschaffen" und die "Durchführung von solchen Finanzdienstleistungen, die nicht dem Kreditwesengesetz unterliegen sowie der Erwerb, das Halten und das Veräußern von Vermögenswerten und Unternehmensanteilen im eigenen Namen und für eigene Rechnung". Die Phoenix Kapitaldienst GmbH war bis Ende 1997 auf dem sog. Grauen Kapitalmarkt tätig. Ab 1998 wurde sie als Wertpapierhandelsbank eingestuft. Seitdem wurde ein Großteil der Gelder im Wege eines "Schneeballsystems" für Zahlungen an Altanleger und für die laufenden Geschäfts- und Betriebskosten verwendet. An die K. GmbH wurden keine Auszahlungen geleistet.

Nachdem die BaFin im Jahr 2005 der Phoenix den weiteren Geschäftsbetrieb untersagt sowie den Entschädigungsfall festgestellt hatte und das Insolvenzverfahren über ihr Vermögen eröffnet worden war, meldete die K-GmbH bei der beklagten Entschädigungseinrichtung der Wertpapierhandelsunternehmen einen Entschädigungsanspruch an, den sie an den Kläger abtrat. Die Beklagte lehnte eine Entschädigung ab, weil die K-GmbH zum Zeitpunkt des Eintritts des Entschädigungsfalles ein Institut i.S.d. § 3 Abs. 2 Nr. 1 EAEG gewesen sei, dem kein Anspruch auf Entschädigung zustehe. Der Kläger war der Ansicht, die K-GmbH falle nicht unter den Ausschlusstatbestand, weil ihre Haupttätigkeit die Anlagevermittlung, nicht aber der Handel mit Finanzinstrumenten oder der Erwerb von Beteiligungen gewesen sei.

Die Klage blieb in allen Instanzen erfolglos.

Die Gründe:
Das Berufungsgericht hatte einen Entschädigungsanspruch des Klägers aus § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 EAEG i.V.m. § 398 BGB zu Recht verneint, weil der K-GmbH ein solcher Anspruch gem. § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 Fall 2 EAEG nicht zustand und die Abtretung damit ins Leere ging.

Danach haben Finanzinstitute i.S.d. Art. 1 Nr. 6 der Richtlinie 89/646/EWG zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute und zur Änderung der Richtlinie 77/780/EWG mit Sitz im In- oder Ausland keinen Entschädigungsanspruch nach dem Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz, soweit sie im eigenen Namen und auf eigene Rechnung handeln. Diese Voraussetzungen lagen hier vor. Die K-GmbH war als Finanzinstitut i.S.d. Art. 1 Nr. 6 der Richtlinie 89/646/EWG anzusehen.

Der Begriff der Wertpapiergeschäfte wird in der Richtlinie 89/646/EWG zwar nicht definiert. Insoweit konnte aber auf die Richtlinie 97/9/EG über Systeme für die Entschädigung der Anleger zurückgegriffen werden, deren Art. 4 Abs. 2 i.V.m. Anhang I Nr. 1 dritter Spiegelstrich durch § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 Fall 2 EAEG in nationales Recht umgesetzt wurde. Unter die "Dienstleistung" fällt die Anlagevermittlung, d.h. die Vermittlung von Geschäften über die Anschaffung und die Veräußerung von Finanzinstrumenten i.S.d. § 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 1 KWG, der auf Art. 1 Nr. 1 i.V.m. Anhang Abschnitt A Nr. 1 Buchst. a) der Richtlinie 93/22/EWG beruht.

Entgegen der Auffassung des Klägers war der Begriff des Wertpapiergeschäfts i.S.d. Ziffer 7e) des Anhangs zur Richtlinie 89/646/EWG nicht im Hinblick auf den vorangestellten Terminus "Handel für eigene Rechnung oder im Auftrag der Kundschaft" dahingehend enger auszulegen, dass die einfache Anlagevermittlung nicht darunter fiel. Vielmehr war der Begriff "Handel für eigene Rechnung oder im Auftrag der Kundschaft" als Oberbegriff zu verstehen, der durch die nachfolgende Liste der Buchstaben a) bis e) näher präzisiert und ausgefüllt wird. Dafür, dass der Richtliniengeber dem Begriff der Wertpapiergeschäfte in der Richtlinie 89/646/EWG einen anderen Inhalt beimessen wollte als in der - wenn auch zeitlich späteren - Richtlinie 93/22/EWG, war kein Anhaltspunkt ersichtlich.

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