19.02.2025

Kein Erstattungsanspruch bei telefonischer pushTAN Freigabe an Dritte

Die Behauptung eines vermeintlichen Bankmitarbeiters am Telefon, dass die Löschung der Kreditkarte erforderlich sei, obwohl es angeblich nur eine versuchte Kreditkartenanmeldung gegeben hat, muss bei einem Bankkunden Misstrauen wecken. Dies gilt auch für die Behauptung, dass die EC-Karte trotz Sperrung des Kontos weiter genutzt werden kann.

OLG Braunschweig v. 6.1.2025 - 4 U 439/23
Der Sachverhalt:
Die Klägerin besaß bei der beklagten Bank ein Girokonto und authentifizierte sich beim Online-Banking mit dem pushTan-Verfahren. Bei diesem Verfahren wird die Auftragsfreigabe direkt auf dem Smartphone oder Tablet in einer speziellen App durchgeführt. Diesbezüglich hatte die Klägerin einen Anruf eines vermeintlichen Bankmitarbeiters erhalten, der ihr von einem Versuch einer unberechtigten Kreditkartenanmeldung berichtete. Er forderte sie auf, das pushTAN-Verfahren durchzuführen, um die Kreditkartenanmeldung zu ihrem Konto zu löschen. Auf seine Anweisung hin wiederholte sie diesen Vorgang vier Mal. Er gab ihr anschließend die Auskunft, dass ihr Konto zur Sicherheit gesperrt werde, sie aber mit der EC-Karte weiterhin zahlen könne.

Von dem Konto der Klägerin wurden infolgedessen Abbuchungen mittels einer neu registrierten Kreditkarte i.H.v. insgesamt 7.885,83 € vorgenommen, die nicht von der Klägerin autorisiert waren. Die beklagte Bank lehnte die Regulierung des Schadens ab, da die Klägerin, die Abbuchungen durch eine grob fahrlässige Freigabe mittels pushTAN-Verfahren mitverursacht habe.

Das LG wies die anschließende Klage ab. Zwar stehe der Klägerin ein Erstattungsanspruch zu, da die Abbuchungen von ihr nicht autorisiert waren. Jedoch berufe sich die Beklagte zu Recht auf einen aufrechenbaren Gegenanspruch nach § 675v Abs. 3 Nr. 2 BGB. Die Klägerin habe pflichtwidrig einen durch Dritte veranlassten Buchungsvorgang im Wege des pushTAN-Verfahrens freigegeben. Aus den Sicherheitshinweisen ergebe sich eindeutig, dass Bankmitarbeiter am Telefon niemals dazu auffordern, eine TAN zu nennen oder einen Auftrag mit der push-TAN-App freizugeben.

Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin blieb vor dem OLG erfolglos.

Die Gründe:
Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten keinen Erstattungsanspruch. Sie hatte gegen die ihr obliegende Pflicht verstoßen, die Verwendung des pushTan-Verfahrens vor unberechtigtem Zugriff zu schützen. Damit hatte sie zudem pflichtwidrig entgegen der Sicherheitshinweise der Bank gehandelt.

Trotz verschiedener Verdachtsmomente bzw. Widersprüche hatte die Klägerin auf Weisung des unbekannten Anrufers mehrfach die Freigabe von pushTans erteilt. Diese Handlung war als schwere Sorgfaltspflichtverletzung zu werten. Die Klägerin hätte aus verschiedenen Gründen an dem Vorgehen des vermeintlichen Bankmitarbeiters zweifeln müssen: So hatte es bereits zuvor einen Anruf gegeben, der sich auch nach Rücksprache mit der Bank nicht aufklären ließ.

Auch die Behauptung des vermeintlichen Bankmitarbeiters, dass die Löschung der Kreditkarte erforderlich sei, obwohl es angeblich nur eine versuchte Kreditkartenanmeldung gegeben hatte, hätte bei der Klägerin Misstrauen wecken müssen. Dies galt auch für die Behauptung, dass die EC-Karte trotz Sperrung des Kontos weiter genutzt werden könnten. Der Senat hat bei der erforderlichen Einzelfallbetrachtung zudem berücksichtigt, dass die Klägerin - entgegen der üblichen Praxis - für einen Vorgang wiederholt pushTAN Freigaben erteilt hatte.

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OLG Braunschweig - Pressemitteilung v. 18.2.2025