13.08.2024

Kein Fachhandelsgeschäft: Tankstelle darf nicht für Tabakwaren werben

Das OLG Stuttgart hat einen Tankstellenbetreiber dazu verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr Außenwerbung für Tabakerzeugnisse und elektronische Zigaretten zu betreiben. Denn ein Ausnahmetatbestand von dem Verbot der Werbung für Tabakwaren gemäß § 20a Satz 2 TabakerzG liege nicht vor, da es sich bei der Tankstelle nicht um einen Fachhandel für die beworbenen Erzeugnisse handele.

OLG Stuttgart v. 1.8.2024 - 2 UKl 2/24
Der Sachverhalt:
Der Verfügungskläger begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes als Verbraucherschutzverein die Unterlassung von Werbung für Tabakerzeugnisse an einer Tankstelle. Der Verfügungskläger wendet sich dagegen, dass der Verfügungsbeklagte an der von ihm betriebenen Tankstelle über einen hinter der Außenscheibe angebrachten Bildschirm für zwei Zigarettenmarken warb und die Werbung außerhalb des Verkaufsraumes ungehindert sichtbar war. Die Parteien streiten im Kern über die rechtliche Zulässigkeit dieser Werbung nach dem TabakerzG.

Das OLG gab dem Antrag statt.

Die Gründe:
Der Verfügungsantrag ist begründet. Dem Verfügungskläger steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu und der Einwand des Verfügungsbeklagten, die Sache eigne sich nicht für eine Entscheidung im einstweiligen Verfügungsverfahren, geht fehl. Die Dringlichkeitsvermutung aus § 5 UKlaG i.V.m. § 12 Abs. 1 UWG ist entgegen der Auffassung des Verfügungsbeklagten nicht widerlegt.

Dem aus §§ 2 Abs. 1 Satz 1, 3 Abs. 1 Nr. 1 UKlaG antragsberechtigten Verfügungskläger steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus § 20a Satz 1 i.V.m. § 2 Nr. 9 TabakerzG zu. Durch die streitgegenständliche, vom Verfügungsbeklagten durchgeführte als prozessrechtliche Einheit anzusehende Handlung hat der Verfügungsbeklagte Außenwerbung für Tabakerzeugnisse und elektronische Zigaretten i.S.d. § 20a Abs. 1 Satz 1 TabakerzG i.V.m. § 2 Nr. 9 TabakerzG betrieben und dadurch gegen das verbraucherschützende Verbot aus § 20a Abs. 1 Satz 1 TabakerzG verstoßen. Denn der Ausnahmetatbestand des § 20a Satz 2 TabakerzG greift nicht zu Gunsten des Verfügungsbeklagten ein. Obwohl sich die Werbemaßnahme auf Zigaretten beschränkte, erfasst der Unterlassungsanspruch als kerngleiche Handlungen auch Werbung für die anderen im Tenor Ziffer 1 genannten Tabakerzeugnisse.

Der Verfügungskläger hat durch seine streitgegenständliche Werbung gegen das dem Verbraucherschutz dienende Verbot aus § 20a Abs. 1 Satz 1 TabakerzG verstoßen. Denn der Ausnahmetatbestand des nachfolgenden Satz 2 greift nicht zu seinen Gunsten ein. Nach der amtlichen Begründung (BT.-Drs. 19/19495) wird hier der einschlägige Fachhandel privilegiert, mithin der Fachhandel für Tabakerzeugnisse, elektronische Zigaretten und Nachfüllbehälter.

Die Tankstelle des Verfügungsbeklagten erfüllt die Voraussetzungen des Ausnahmetatbestandes nicht. Eine Tankstelle wird gemeinhin nicht als Fachhandelsgeschäft für Tabakerzeugnisse verstanden. Ihr primärer Zweck ist die Versorgung der Bevölkerung mit Fahrzeugtreibstoffen. Hinzugekommen sind im Laufe der Zeit der u.a. Verkauf von Reisebedarf (Getränken, Süßigkeiten etc.).

Der Verfügungsbeklagte, welcher die für den Ausnahmetatbestand erforderlichen Tatsachen vortragen und glaubhaft machen müsste, hat nichts vorgetragen, woraus sich ergäbe, dass in seiner Tankstelle eine Spezialisierung vorliegt, wie sie von einem Fachhandel zu erwarten wäre.

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