23.11.2015

Kein GWB-Verstoß: Bundeskartellamtsbeschluss zur Übernahme des Discounters Plus durch Edeka aufgehoben

Es ist nicht erwiesen, dass Edeka nach der Übernahme von rund 2.300 "Plus"-Filialen unter Ausnutzung einer besonderen Marktmacht u.a. Rabatte (sog. "Hochzeitsrabatte") und verbesserte Zahlungsziele von vier Sektherstellern gefordert hat. Der vom Bundeskartellamt angenommene Verstoß gegen § 20 Abs. 3 GWB 2007 ließ sich ebenfalls nicht bestätigen.

OLG Düsseldorf 18.11.2015, VI - Kart 6/14 (V)
Der Sachverhalt:
Ende 2008 übernahm die Edeka Zentrale AG & Co. KG rund 2.300 Filialen der Discounterschiene "Plus" vom Wettbewerber Tengelmann mit dem Ziel, diese Filialen in die eigene Discounterschiene "Netto" (rund 2.000 Filialen) zu integrieren. In den ersten Monaten des Jahres 2009 führte Edeka im Anschluss an die Jahresverhandlungen für 2009 mit über 500 Lieferanten, zu denen auch die vier Sekthersteller Rotkäppchen-Mumm Sektkellereien GmbH, die Henkell & Co. Sektkellerei KG, die Freixenet Deutschland GmbH und die Sektkellerei Schloss Wachenheim AG gehörten, sog. Sonderverhandlungen.

Zu Beginn der Sonderverhandlungen forderte Edeka rückwirkend zum 1.1.2009 u.a. eine Anpassung des bisher vereinbarten Zahlungsziels auf das Zahlungsziel, das für die Plus-Filialen vereinbart war, eine Preisanpassung an die bisherigen Plus-Preise, einen Sortimentserweiterungsbonus sowie die Zahlung eines dauerhaften "Synergiebonus" für potenzielle Kosteneinsparungen auf Seiten der Lieferanten. Dieses Verhalten sah das Bundeskartellamt als rechtswidrig an und stellte mit dem angegriffenen Beschluss nachträglich eine Zuwiderhandlung von Edeka gegen das GWB fest.

Das OLG hob den Beschluss des Bundeskartellamts auf. Der Beschluss ist nicht rechtskräftig. Das Bundeskartellamt kann beim BGH Nichtzulassungsbeschwerde einlegen.

Die Gründe:
Es war nicht festzustellen, dass Edeka nach der Übernahme von rund 2.300 "Plus"-Filialen unter Ausnutzung einer besonderen Marktmacht u.a. Rabatte (sog. "Hochzeitsrabatte") und verbesserte Zahlungsziele von vier Sektherstellern gefordert hat. Der vom Bundeskartellamt angenommene Verstoß gegen § 20 Abs. 3 GWB 2007 ließ sich ebenfalls nicht bestätigen.

Die nach der Übernahme der Plus-Märkte zwischen Edeka und den Sektherstellern vereinbarten "Hochzeitsrabatte" waren das Ergebnis von Verhandlungen zwischen annähernd gleichstarken Parteien. Dies hat die Vernehmung zahlreicher Zeugen, darunter insbesondere auch der Verhandlungsführer auf Seiten der Sekthersteller, ergeben. Danach wurde die konkrete Marktstärke von Edeka durch die Gegenmacht der Sekthersteller ausgeglichen. Edeka war als Vollsortimenter auf die Artikel der Sekthersteller angewiesen, da der Endkunde sie aufgrund der Bekanntheit der Marke im Sortiment des Lebensmitteleinzelhandels erwartet und nachfragt.

Den Gesprächen war vor diesem Hintergrund ein kaufmännischer Verhandlungsprozess mit Forderungen und Gegenforderungen zu eigen, wie er typischerweise nur unter annähernd gleichstarken Verhandlungspartner stattfindet. Alle vier Sekthersteller konnten die Ausgangsforderung von EDEKA teils erheblich reduzieren sowie in den Verhandlungen gewichtige Gegenleistungen aushandeln.

Ein Teil der gegen Edeka erhobenen Vorwürfe ist zudem bereits deshalb unberechtigt, weil das Bundeskartellamt von unzutreffenden Tatsachen ausgegangen ist. Entgegen der Annahme des Bundeskartellamtes hat Edeka gegenüber den Sektherstellern etwa keine verbesserten Zahlungsziele "einseitig festgelegt". Vielmehr hat Edeka neue Zahlungsziele von der Zustimmung der Sekthersteller abhängig gemacht und ist nach deren Widerspruch in Verhandlungen über das künftig geltende Zahlungsziel eingetreten.

OLG Düsseldorf PM vom 18.11.2015
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