Kein Rückstand der Erfüllung des Insolvenzplans bei fehlender Feststellung zur Tabelle und fehlender Entscheidung über vorläufige Berücksichtigung
BGH 10.5.2012, IX ZR 206/11Der Kläger ist Verwalter in dem im August 2005 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der S-GmbH. Der Beklagte ist Geschäftsführer und Gesellschafter der GmbH sowie Gesellschafter einer GbR, von welcher die GmbH Betriebsräume angemietet hatte. Über das Vermögen des Beklagten wurde im Mai 2007 ebenfalls das Insolvenzverfahren eröffnet. Dieses Verfahren wurde im Juni 2009 aufgehoben, nachdem ein Insolvenzplan angenommen und bestätigt worden war.
Der Plan sah für die privatrechtlichen Gläubiger ohne Absonderungsrechte eine Erlassquote von 97,61 % vor. Die Quotenzahlungen waren am Ende des Monats fällig, der auf die Festsetzung der Massekosten und die Abnahme der Schlussrechnung des Insolvenzverwalters folgte. Der Plan enthielt eine Wiederauflebensklausel nach § 255 InsO. Der Kläger, der im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Beklagten keine Forderungen angemeldet hatte, hat im Dezember 2009 verschiedene Zahlungen der GmbH an den Beklagten angefochten und letztlich Rückgewähr von insgesamt 64.200 € gefordert.
Das LG verurteilte den Beklagten zur Zahlung von rund 1.634 €; das OLG gab der Klage in voller Höhe statt. Auf die Revision des Beklagten hob der BGH das Berufungsurteil auf und wies die Berufung des Klägers zurück.
Die Gründe:
Entgegen der Ansicht der Revision waren die Forderungen des Klägers nicht präkludiert.
Zwar kann die Erfüllung von Insolvenzplänen durch nachträglich erhobene Forderungen gefährdet oder unmöglich werden. Der Schuldner gerät allerdings nicht mit der Erfüllung des Insolvenzplans in Rückstand, wenn die nicht erfüllte Forderung nicht zur Tabelle festgestellt worden und keine Entscheidung des Insolvenzgerichts über die vorläufige Berücksichtigung der Forderung ergangen ist. Die nicht begründete, aber angesichts des Kommissionsberichts bewusste Entscheidung des Gesetzgebers, das mit der Zulassung nachträglich erhobener Forderungen verbundene Risiko eines Scheiterns der Planerfüllung ohne Abhilfemöglichkeiten hinzunehmen, ist für die Gerichte grundsätzlich bindend.
Entgegen der Ansicht des OLG lebte die nicht festgestellte und nicht nach Maßgabe des Insolvenzplans erfüllte Forderung nicht dadurch wieder auf, dass der Schuldner innerhalb der ihm gesetzten Nachfrist keine Entscheidung des Insolvenzgerichts über die vorläufige Berücksichtigung der Forderung beantragt hatte. Zwar waren die Voraussetzungen des § 255 Abs. 1 InsO erfüllt. Der Beklagte konnte sich jedoch auf die Ausnahmevorschrift des § 256 Abs. 1 InsO berufen, nach der ein Rückstand nicht anzunehmen ist, wenn der Schuldner eine bestrittene Forderung bis zu deren endgültiger Feststellung durch das Prozessgericht nur im Umfang der Entscheidung des Insolvenzgerichts über das Stimmrecht oder die vorläufige Berücksichtigung der Forderung begleicht. Die Vorschrift ist auf erst nach der Annahme und Bestätigung des Insolvenzplans erhobene Forderungen entsprechend anwendbar.
Der Beklagte war auch nicht gehalten, zur Meidung der Rechtsfolgen des § 255 Abs. 1 InsO innerhalb der ihm gesetzten Nachfrist eine vorläufige Entscheidung des Insolvenzgerichts über die Berücksichtigung der Forderung zu beantragen. § 256 Abs. 1 S. 2 InsO gewährt dem Schuldner ein Antragsrecht, begründet aber keine Antragspflicht und regelt nicht die Rechtsfolgen eines nicht gestellten Antrags. Ist eine Forderung nicht zur Tabelle festgestellt worden und liegt auch keine Entscheidung des Insolvenzgerichts über das Stimmrecht oder über die vorläufige Berücksichtigung der Forderung gemäß § 256 Abs. 1 S. 1 InsO vor, kann der Gläubiger einer vom Schuldner bestrittenen Forderung folglich erst dann wirksam eine Frist nach § 255 Abs. 1 S. 2 InsO setzen, wenn seine Forderung vom Prozessgericht rechtskräftig festgestellt worden ist. Frühere Fristsetzungen sind wirkungslos.
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