20.03.2012

Kein Schadensersatzanspruch für dänische Schweinezüchter gegen die Bundesrepublik Deutschland

Der Branchenverband genossenschaftlich organisierter dänischer Schlachthofgesellschaften und Schweinezüchter hat gegen die Bundesrepublik Deutschland keinen Anspruch aus Verletzung europäischen Gemeinschaftsrechts wegen eines faktischen Importverbotes für Fleisch von nicht kastrierten männlichen Schweinen aus Dänemark. Ein unmittelbarer Kausalzusammenhang zwischen dem gemeinschaftsrechtlichen Verstoß und dem geltend gemachten Schaden war nicht zu erkennen.

OLG Köln 15.3.2012, 7 U 29/04
Der Sachverhalt:
Ein Großteil der dänischen Schweinefleischproduktion ist für den Export in die Bundesrepublik Deutschland. Neben dem Fleisch von weiblichen Schweinen gelangte ursprünglich vorwiegend das Fleisch von kastrierten männlichen Schweinen zur Ausfuhr. Aufgrund von Forschungsergebnissen gelangte man in Dänemark zu der Ansicht, dass die Aufzucht von nicht kastrierten männlichen Schweinen erhebliche - neben Tierschutzaspekten vor allem wirtschaftliche - Vorteile biete. Das Fleisch von nicht kastrierten männlichen Schweinen kann allerdings einen starken Geschlechtsgeruch und strengen Geschmack aufweisen, weshalb jedes männliche Tier nach der Schlachtung zunächst auf die Genusstauglichkeit getestet werden muss. Hier schrieb die Bundesrepublik bis zum Jahr 1999 eine bestimmte, in Dänemark damals nicht vorgesehene Testmethode vor.

Die Klägerin ist ein Branchenverband genossenschaftlich organisierter dänischer Schlachthofgesellschaften und Schweinezüchter. Sie warf der Bundesrepublik vor, diese habe entgegen geltendem europäischem Gemeinschaftsrecht faktisch ein Importverbot für Fleisch von nicht kastrierten männlichen Schweinen aus Dänemark verhängt und machte geltend, die dänischen Schweinezüchter hätten hierdurch einen Schaden von rund 140 Mio. € erlitten.

Der EuGH hatte bereits Ende 1998 entschieden (Rs.: C-102/96), dass die Vorgehensweise der Bundesrepublik im Ergebnis einer EU-Richtlinie aus dem Jahr 1993 widersprochen habe, wonach die jeweiligen nationalen Testmethoden und Testergebnisse der Ausfuhrländer auch in den übrigen Mitgliedstaaten anzuerkennen seien.

Das LG wies später den Anspruch der Klägerin als teilweise verjährt zurück und gab der Klage im Übrigen dem Grunde nach statt. Nachdem das OLG und der BGH einer teilweisen Verjährung nicht entsprochen hatten, lag die seit dem Jahr 2000 anhängige Sache erneut dem OLG zur Entscheidung vor. Dieses wies die Klage nun insgesamt als nicht begründet ab. Die Revision zum BGH wurde nicht zugelassen.

Die Gründe:
Zum einen war nicht erkennbar, dass die Klägerin überhaupt Inhaberin des gesamten geltend gemachten Anspruchs ist. Denn sie hatte zwar zunächst unwidersprochen behauptet, ihr seien die Schadensersatzansprüche von insgesamt 15.476 Schweinezüchtern und drei Schlachthofgesellschaften abgetreten worden. Diese Aussage hielt die Klägerin nun im Verlauf des Prozesses - bezogen auf die Züchter - ausdrücklich nicht mehr aufrecht.

Außerdem wurde nicht nachgewiesen, dass der behauptete Schaden gerade aufgrund der europarechtswidrigen deutschen Vorschrift entstanden war. Die nun vom Gericht angeforderten Protokolle der Besprechungen der in Dänemark maßgeblichen Gremien haben vielmehr ergeben, dass bereits vor Erlass der Richtlinie die Preise für Schweinefleisch von nicht kastrierten männlichen Schweinen heruntergesetzt worden waren, um deren Produktion zu drosseln.

Letztlich hatten die dänischen Schweinezüchter nach der Anpassung des deutschen Rechts an die EU-Richtlinie die Aufzucht von nicht kastrierten Schweinen zur Fleischproduktion nicht wieder aufgenommen. Ein unmittelbarer Kausalzusammenhang zwischen dem gemeinschaftsrechtlichen Verstoß und dem geltend gemachten Schaden war daher nicht zu erkennen.

OLG Köln PM vom 20.3.2012
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