Keine 0,8-Verfahrensgebühr bei einem auf die Kosten beschränkten Widerspruch nach einer im Beschlusswege erlassenen einstweiligen Verfügung
BGH 15.8.2013, I ZB 68/12Die Antragstellerin hatte wegen einer von ihr als wettbewerbswidrig angesehenen Behauptung gegen die Antragsgegnerin ohne deren vorherige Anhörung eine Beschlussverfügung erwirkt. Die Antragsgegnerin erkannte diese bis auf die Kostenentscheidung als endgültige Regelung an. Auf ihren zugleich eingelegten Kostenwiderspruch hob das LG die einstweilige Verfügung im Kostenpunkt auf und verpflichtete gem. § 93 ZPO die Antragstellerin zur Kostenübernahme. Deren hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde blieb erfolglos.
Die Rechtspflegerin des LG setzte die der Antragsgegnerin von der Antragstellerin zu erstattenden Kosten auf rund 1.849 € fest. Sie sah dabei eine 1,3-Verfahrensgebühr in nach dem Wert der Kosten berechneter Höhe und zusätzlich eine 0,8-Verfahrensgebühr nach dem Gegenstandswert des Verfügungsverfahrens als erstattungsfähig an. Auch die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Antragstellerin blieb vor dem OLG ohne Erfolg.
Auf die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin, mit der diese sich weiterhin gegen die Festsetzung einer nach dem Gegenstandswert des Verfügungsverfahrens berechneten 0,8-Verfahrensgebühr der Antragsgegnerin wandte, hob der BGH den Beschluss des OLG auf soweit dieses die Festsetzung einer 0,8-Verfahrensgebühr aus dem Gegenstandswert des Verfügungsverfahrens im Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin des LG bestätigt hatte.
Gründe:
Der Senat hatte unter der Geltung der Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGO) entschieden, dass mit dem Kostenwiderspruch auf Seiten des Antragsgegners keine 5/10-Prozessgebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 1, § 32 Abs. 1 BRAGO aus dem Gegenstandswert des Verfügungsverfahrens anfällt, weil der dem Rechtsanwalt erteilte Auftrag, gegen eine einstweilige Verfügung nur zum Kostenpunkt Widerspruch zu erheben, allein auf die Abänderung der Kostenentscheidung abzielt (Beschl. v. 22.5.2003, Az.: I ZB 38/02). An dieser Sichtweise hält er auch unter der Geltung des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) fest.
Weder die Begründung des Beschwerdegerichts noch die Neuregelung des anwaltlichen Vergütungsrechts geben Anlass, von dieser Rechtsprechung abzuweichen, die auch von der ganz herrschenden Ansicht in der Rechtsprechung und im Schrifttum geteilt wird. Entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts lässt sich die Situation bei einem auf die Kosten beschränkten Widerspruch nach einer im Beschlusswege erlassenen einstweiligen Verfügung nicht mit der Situation vergleichen, die bei einem Anerkenntnis nach Erhebung einer Hauptsacheklage besteht.
Die Rechtslage unter der Geltung des RVG ist mit der nach der BRAGO vergleichbar. Die Voraussetzungen für die Entstehung einer Verfahrensgebühr gem. Nr. 3100 i.V.m. der Vorbemerkung 3 Abs. 2 VV RVG sind dieselben wie die, unter denen früher gem. § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO die seinerzeitige Prozessgebühr angefallen ist. Dasselbe gilt für die Voraussetzungen, unter denen die Gebühr bei vorzeitiger Beendigung des Auftrags zu vermindern ist (vgl. § 32 Abs. 1 BRAGO einerseits und Nr. 3101 Nr. 1 VV RVG andererseits). Auch ansonsten hat die Neuregelung des anwaltlichen Vergütungsrechts keinen Einfluss auf die Frage, welche Gebühren im Falle eines Kostenwiderspruchs nach einer im Beschlusswege ergangenen einstweiligen Verfügung entstehen und erstattungsfähig sind.
Unerheblich war im vorliegenden Fall daher auch nach dem nunmehr geltenden Recht, ob die Antragsgegnerin ihrem Prozessbevollmächtigten ein uneingeschränktes Mandat erteilt hatte. Eine diesem daraus erwachsene 0,8-Verfahrensgebühr gem. Nr. 3101 Ziffer 1 VV RVG wäre nicht erstattungsfähig. Entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts betrifft dies auch die Kosten einer anwaltlichen Beratung, die der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen. Solche Kosten sind nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig i.S.v. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO. An dieser Beurteilung ist auch nach der Ablösung der BRAGO durch das RVG festzuhalten.
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