Keine arglistige Täuschung eines Anlegers durch den Vertrieb über die Höhe einer im Kaufpreis einer Immobilie enthaltenen Innenprovision
BGH 5.6.2012, XI ZR 149/11 u.a.In dem vorliegenden hatten die Kläger in Eigentumswohnungen einer Wohnanlage investiert, die alle von der beklagten Bank durchfinanziert wurden. Die Beklagte bediente sich dazu einer Vertriebsfirma. Das Vertriebskonzept sah vor, die Eigentumswohnungen als "Steuersparmodell" zu vermarkten. Für das Bauvorhaben wurde ein Prospekt erstellt. In dem Verkaufsprospekt war angegeben, dass vom Gesamtaufwand für den Erwerb einer Immobilie 76,70 % auf "Grundstück, Gebäude incl. Vertrieb und Marketing" entfielen. Darin eingepreist war eine Vertriebsprovision i.H.v. 18,24 %.
Nachdem die die Kläger die Zahlungen eingestellt hatten, kündigte die Beklagte die Darlehen nach vorherigen Zahlungsaufforderungen und betrieb daraufhin die Zwangsvollstreckung in die erworbenen Wohnungseigentümer durch Zwangsversteigerung sowie Zwangsverwaltung. Die Kläger meinten, die Zwangsvollstreckung sei unzulässig. Die Beklagte habe von sämtlichen Teilen der Kalkulation, insbesondere der Vertriebsprovision von 18,24 %, Kenntnis gehabt. Weder der Prospekt noch die Vertriebsmitarbeiter hätten die Kläger über die von der Verkäuferin an den Vertrieb gezahlte Vertriebsprovision aufgeklärt. Ihnen stünden infolgedessen aufrechenbare Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte zu.
Entgegen dem LG hat das OLG die Zwangsvollstreckung aus notariellen Urkunden, die im Zusammenhang mit dem Immobilienerwerb errichtet wurden und Darlehensrückzahlungsansprüche der Beklagten sichern sollten, für unzulässig erklärt. Auf die Revisionen der Beklagten hat der BGH die Berufungsurteile aufgehoben und die Verfahren an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Die Gründe:
Nach ständiger BGH-Rechtsprechung ist eine kreditgebende Bank, mit der kein Anlageberatungsvertrag geschlossen wurde, bei steuersparenden Bauherren-, Bauträger- und Erwerbermodellen zur Risikoaufklärung über das finanzierte Anlagegeschäft nur unter ganz besonderen Voraussetzungen verpflichtet. Das ist etwa bei einem Wissensvorsprung der Bank der Fall. Ein solcher liegt u.a. vor, wenn die Bank positive Kenntnis davon hat, dass der Anleger von seinem Geschäftspartner oder durch den Verkaufsprospekt über die von ihm zu zahlenden Vertriebsprovisionen arglistig getäuscht wurde.
Der hier verwendete Verkaufsprospekt wies zwar nicht aus, dass in den Kaufpreis eine Vertriebsprovision i.H.v. 18,24 % eingepreist war. Eine arglistige Täuschung lag dennoch nicht vor. Schließlich wurde der Anfall von Vertriebsprovisionen im prospektierten Gesamtaufwand unter der Rubrik "Grundstück, Gebäude incl. Vertrieb und Marketing" deutlich erkennbar dem Grunde nach offengelegt. Auch eine Täuschung über die Höhe der Vertriebsprovision lag nicht vor. Denn aus der geringen Höhe anderer offen gelegter Bestandteile des Gesamtaufwandes konnte, entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts, nicht geschlossen werden, die im Kaufpreis enthaltene Vertriebsprovision sei ebenfalls gering.
In den von den Vermittlern verwendeten formularmäßigen Vermittlungsaufträgen und Berechnungsbeispielen wurde ebenfalls nicht arglistig über die Höhe der Vertriebsprovision getäuscht. Diese wiesen zwar nur die vom Anleger direkt an den jeweiligen Vermittler zu zahlende "Bearbeitungsgebühr" i.H.v. 3,42 % aus. Darin lag jedoch keine abschließende Erklärung über Anfall und Höhe sonstiger Vertriebsprovisionen. Vielmehr wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Vermittler nicht nur für die Erwerber, sondern auch als Nachweismakler für eine zwischengeschaltete Vertriebsgesellschaft tätig wurden und Provisionsansprüche auch gegen andere am Immobilienprojekt Beteiligte bestehen könnten.
Schließlich ergab die in den Vorinstanzen durchgeführte Beweisaufnahme auch nicht, dass die Vermittler in den Verkaufsgesprächen wahrheitswidrige Angaben über Anfall und Höhe weiterer Vertriebsprovisionen gemacht hatten. Mangels einer arglistigen Täuschung der Anleger durch den Vertrieb konnte der Bank deshalb nicht der Verwurf gemacht werden, eine Aufklärungspflicht verletzt zu haben. Schadensersatzansprüche der Anleger gegen die Bank, die der Zwangsvollstreckung entgegen gehalten werden könnten, bestanden somit nicht. Die Verfahren waren zur Klärung weiterer, vom Berufungsgericht bislang noch nicht geprüfter Einwendungen der Anleger zurückzuverweisen.
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