Kennzeichnungspflicht als Werbung gilt auch bei geschenkten Waren (Influencerin III)
BGH v. 13.1.2022 - I ZR 35/21
Der Sachverhalt:
Die Beklagte ist eine Bloggerin, die überwiegend im Bereich Mode und Lebensstil tätig ist, in jüngerer Zeit aber auch zu politischen und gesellschaftlichen Themen Beiträge verbreitet. Sie hat ein eigenes Profilkonto auf den Social-Media-Plattformen Instagram und YouTube mit jeweils einer hohen sechsstelligen Anzahl von Abonnenten und Seitenaufrufen. Die Beklagte beschäftigt sich hauptberuflich mit Blogs, hat einen Manager beauftragt und erzielt jährlich sechsstellige Umsätze.
Im Oktober 2019 hatte die Beklagte auf Instagram u.a. Ohrringe und Kleidung präsentiert. Der Ohrschmuck war ihr zuvor vom Hersteller geschenkt worden, die Kleidung hatte sie sich selbst gekauft. Die Modeartikel und -accessoires waren mit elektronischen Markierungen ("Tap Tags") versehen, aus denen der Name der Hersteller von Bekleidung oder der Erbringer von Dienstleistungen wie Fotoshootings oder Körperstyling hervorging. Beim Anklicken der "Tap Tags" wurde der Nutzer auf die jeweiligen Profilseiten dieser Unternehmen geführt, ohne dass die Beklagte darauf hinwies, dass es sich um Werbung handelte. Schon 2018 war sie deswegen vom Kläger, dem Verband Sozialer Wettbewerb e.V., abgemahnt worden und hatte auch eine entsprechende Unterlassungserklärung abgegeben.
Im vorliegenden Verfahren forderte der Kläger die Unterlassung und die Zahlung einer Vertragsstrafe. Das LG hat der Klage stattgegeben. Das OLG hat die Entscheidung im Berufungsverfahren bestätigt. Auch die hiergegen gerichtete Revision der Beklagten vor dem BGH blieb erfolglos.
Gründe:
Die Vorinstanzen haben den geltend gemachten Unterlassungsanspruch gem. § 8 Abs. 1 Satz 1, § 3 Abs. 1, § 5a Abs. 6 UWG im Ergebnis zu Recht zuerkannt. Die Beklagte hatte zugunsten des eigenen Unternehmens und fremder Unternehmen geschäftlich gehandelt. Die dokumentierten Handlungen sind i.S.d. § 5a Abs. 6 UWG unlauter.
Im Streitfall fördert die Beklagte ihr eigenes Unternehmen, weil durch den Betrieb des Instagram-Profils ihre Bekanntheit und ihr Werbewert gesteigert und das Interesse von Drittunternehmen an einer Kooperation geweckt werden. Der Betrieb eines solchen Instagram-Profils ist ferner unabhängig davon eine geschäftliche Handlung zur Förderung des eigenen Unternehmens, dass darin redaktionelle Beiträge veröffentlicht werden. In dieser Konstellation dient die Veröffentlichung redaktioneller Beiträge vorrangig dem Ziel, geschäftliche Entscheidungen von Verbrauchern oder sonstigen Marktteilnehmern in Bezug auf Produkte des eigenen Unternehmens zu beeinflussen. Infolgedessen steht der Annahme einer geschäftlichen Handlung die lauterkeitsrechtliche Privilegierung vorrangig redaktionellen Zwecken dienender Beiträge nicht entgegen.
Das Nichtkenntlichmachen des kommerziellen Zwecks der geschäftlichen Handlung ist dazu geeignet, Nutzer des Instagram-Beitrags der Beklagten zum Klick auf den "Tap Tag" zu veranlassen. Ebenso wie für die Informationspflichtverletzung nach § 5a Abs. 2 UWG gilt für die Informationspflichtverletzung nach § 5a Abs. 6 UWG die Annahme, dass die Nichtkenntlichmachung des kommerziellen Zwecks im Regelfall geeignet ist, eine geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers zu veranlassen.
Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 TMG haben Diensteanbieter bei kommerziellen Kommunikationen, die Telemedien oder Bestandteile von Telemedien sind, zu beachten, dass die kommerziellen Kommunikationen klar als solche zu erkennen sein müssen. Influencer, die ein eigenständiges Profil auf der Social-Media-Plattform Instagram, einem Telemedium i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 1 TMG, betreiben, sind Diensteanbieter i.S.d. § 2 Satz 1 Nr. 1 TMG. Kommerzielle Kommunikation ist gem. § 2 Satz 1 Nr. 5 TMG jede Form der Kommunikation, die der unmittelbaren oder mittelbaren Förderung des Absatzes von Waren, Dienstleistungen oder des Erscheinungsbilds eines Unter-nehmens, einer sonstigen Organisation oder einer natürlichen Person dient, die eine Tätigkeit im Handel, Gewerbe oder Handwerk oder einen freien Beruf ausübt.
Fördert eine Influencerin durch einen Bericht über Waren oder Dienstleistungen in sozialen Medien (hier: Instagram) den Absatz eines fremden Unternehmens, so handelt es sich um kommerzielle Kommunikation i.S.d. § 2 Satz 1 Nr. 5 Buchst. b TMG und Werbung i.S.v. § 2 Abs. 2 Nr. 7 RStV und § 2 Abs. 2 Nr. 7 MStV, wenn ihr die Waren oder Dienstleistungen von dem durch den Bericht begünstigten Unternehmen kostenlos zur Verfügung gestellt wurden. Im Hinblick auf die dargestellten Ohrringe lag somit eine zu kennzeichnende Werbung vor. Die Präsentation der selbst erworbenen Kleidung stellte hingegen weder eine kommerzielle Kommunikation noch Werbung dar. Diese spezialgesetzlichen Wertungen bestimmen auch die Einordnung, ob ein Verhalten "unlauter" i.S.d. § 5a Abs. 6 UWG wegen fehlender Offenlegung des kommerziellen Charakters einer geschäftlichen Handlung ist.
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BGH online
Die Beklagte ist eine Bloggerin, die überwiegend im Bereich Mode und Lebensstil tätig ist, in jüngerer Zeit aber auch zu politischen und gesellschaftlichen Themen Beiträge verbreitet. Sie hat ein eigenes Profilkonto auf den Social-Media-Plattformen Instagram und YouTube mit jeweils einer hohen sechsstelligen Anzahl von Abonnenten und Seitenaufrufen. Die Beklagte beschäftigt sich hauptberuflich mit Blogs, hat einen Manager beauftragt und erzielt jährlich sechsstellige Umsätze.
Im Oktober 2019 hatte die Beklagte auf Instagram u.a. Ohrringe und Kleidung präsentiert. Der Ohrschmuck war ihr zuvor vom Hersteller geschenkt worden, die Kleidung hatte sie sich selbst gekauft. Die Modeartikel und -accessoires waren mit elektronischen Markierungen ("Tap Tags") versehen, aus denen der Name der Hersteller von Bekleidung oder der Erbringer von Dienstleistungen wie Fotoshootings oder Körperstyling hervorging. Beim Anklicken der "Tap Tags" wurde der Nutzer auf die jeweiligen Profilseiten dieser Unternehmen geführt, ohne dass die Beklagte darauf hinwies, dass es sich um Werbung handelte. Schon 2018 war sie deswegen vom Kläger, dem Verband Sozialer Wettbewerb e.V., abgemahnt worden und hatte auch eine entsprechende Unterlassungserklärung abgegeben.
Im vorliegenden Verfahren forderte der Kläger die Unterlassung und die Zahlung einer Vertragsstrafe. Das LG hat der Klage stattgegeben. Das OLG hat die Entscheidung im Berufungsverfahren bestätigt. Auch die hiergegen gerichtete Revision der Beklagten vor dem BGH blieb erfolglos.
Gründe:
Die Vorinstanzen haben den geltend gemachten Unterlassungsanspruch gem. § 8 Abs. 1 Satz 1, § 3 Abs. 1, § 5a Abs. 6 UWG im Ergebnis zu Recht zuerkannt. Die Beklagte hatte zugunsten des eigenen Unternehmens und fremder Unternehmen geschäftlich gehandelt. Die dokumentierten Handlungen sind i.S.d. § 5a Abs. 6 UWG unlauter.
Im Streitfall fördert die Beklagte ihr eigenes Unternehmen, weil durch den Betrieb des Instagram-Profils ihre Bekanntheit und ihr Werbewert gesteigert und das Interesse von Drittunternehmen an einer Kooperation geweckt werden. Der Betrieb eines solchen Instagram-Profils ist ferner unabhängig davon eine geschäftliche Handlung zur Förderung des eigenen Unternehmens, dass darin redaktionelle Beiträge veröffentlicht werden. In dieser Konstellation dient die Veröffentlichung redaktioneller Beiträge vorrangig dem Ziel, geschäftliche Entscheidungen von Verbrauchern oder sonstigen Marktteilnehmern in Bezug auf Produkte des eigenen Unternehmens zu beeinflussen. Infolgedessen steht der Annahme einer geschäftlichen Handlung die lauterkeitsrechtliche Privilegierung vorrangig redaktionellen Zwecken dienender Beiträge nicht entgegen.
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Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 TMG haben Diensteanbieter bei kommerziellen Kommunikationen, die Telemedien oder Bestandteile von Telemedien sind, zu beachten, dass die kommerziellen Kommunikationen klar als solche zu erkennen sein müssen. Influencer, die ein eigenständiges Profil auf der Social-Media-Plattform Instagram, einem Telemedium i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 1 TMG, betreiben, sind Diensteanbieter i.S.d. § 2 Satz 1 Nr. 1 TMG. Kommerzielle Kommunikation ist gem. § 2 Satz 1 Nr. 5 TMG jede Form der Kommunikation, die der unmittelbaren oder mittelbaren Förderung des Absatzes von Waren, Dienstleistungen oder des Erscheinungsbilds eines Unter-nehmens, einer sonstigen Organisation oder einer natürlichen Person dient, die eine Tätigkeit im Handel, Gewerbe oder Handwerk oder einen freien Beruf ausübt.
Fördert eine Influencerin durch einen Bericht über Waren oder Dienstleistungen in sozialen Medien (hier: Instagram) den Absatz eines fremden Unternehmens, so handelt es sich um kommerzielle Kommunikation i.S.d. § 2 Satz 1 Nr. 5 Buchst. b TMG und Werbung i.S.v. § 2 Abs. 2 Nr. 7 RStV und § 2 Abs. 2 Nr. 7 MStV, wenn ihr die Waren oder Dienstleistungen von dem durch den Bericht begünstigten Unternehmen kostenlos zur Verfügung gestellt wurden. Im Hinblick auf die dargestellten Ohrringe lag somit eine zu kennzeichnende Werbung vor. Die Präsentation der selbst erworbenen Kleidung stellte hingegen weder eine kommerzielle Kommunikation noch Werbung dar. Diese spezialgesetzlichen Wertungen bestimmen auch die Einordnung, ob ein Verhalten "unlauter" i.S.d. § 5a Abs. 6 UWG wegen fehlender Offenlegung des kommerziellen Charakters einer geschäftlichen Handlung ist.
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