11.06.2012

Kosten für Gas- und Stromnetze: Berechnungsmethode der Bundesnetzagentur unzutreffend

Das OLG Düsseldorf hat in 19 Pilot-Beschwerdeverfahren entschieden, dass die Berechnungsmethode der Bundesnetzagentur zur Ermittlung der Anlagenkosten unzutreffend ist. In den Verfahren wird um die Frage gestritten, inwieweit Gas- und Stromnetzbetreiber die Preis- und Lohnentwicklung bei den Herstellungskosten ihrer Leitungen und Anlagen berücksichtigen dürfen.

OLG Düsseldorf 6.6.2012, VI-3 Kart 245/07 (V) u.a.
Der Sachverhalt:
Die beklagte Bundesnetzagentur, die als Bundesoberbehörde die Durchleitungsentgelte im Gas- und Strommarkt festsetzt, bestimmte 2007 die Berechnungsmethode, nach der Netzbetreiber für die Jahre bis 2006 ihre Anlagenkosten und Abschreibungen berechnen konnten (Indexierung der Tagesneuwerte). Sie stützte sich für die Berechnung der kalkulatorischen Neuwerte auf Indexreihen des Statistischen Bundesamtes. Da jedoch nicht für alle der vielen teils netzspezifischen Gerätschaften und Anlagen Indexreihen zur Verfügung stehen, kombinierte die Bundesnetzagentur insbes. einige Material- und Lohnindizes, um für bestimmte Anlagegruppen zu nach ihrer Auffassung sachgerechten Ergebnissen zu kommen.

Hiergegen und gegen die Fortschreibung des Index bis zum Jahr 2010 wehren sich vor dem OLG fast 300 Gas- und Strom-Netzbetreiber aus dem gesamten Bundesgebiet, darunter zahlreiche Stadtwerke. Die 19 Pilot-Verfahren betreffen die Festsetzungen bis zum Jahr 2006. Die Netzbetreiber halten die von der Bundesnetzagentur angewendeten Preisindizes für unzutreffend. Sie meinen, der von der Bundesnetzagentur gewählte Ansatz sei fehlerhaft, hinsichtlich der Lohnkosten auf den Index der Löhne und Gehälter des "Produzierenden Gewerbes" statt etwa auf den Gehaltsindex des Baugewerbes abzustellen. Da die Lohnentwicklung im Baugewerbe höher als im "Produzierenden Gewerbe" ist, könnten die Netzbetreiber bei Anwendung des Baugewerbeindex höhere Kosten geltend machen und diese dann auf die Energieversorger und letztlich den Endverbraucher umlegen.

Der Lohnindex "Produzierendes Gewerbe" enthalte i.Ü. überwiegend sachfremde Branchen. Es fehle ferner an einer Plausibilisierung der Indexreihen. Außerdem sind die Netzbetreiber der Auffassung, dass die Bundesnetzagentur von einem zu hohen Produktivitätsfortschritt ausgegangen sei. Sie meinen, dass etwa das Verlegen von Leitungen nur geringe und damit kaum kostenmindernde Produktivitätsfortschritte ermögliche. Die Auswirkungen der unterschiedlichen Berechnungsweise betreffen alle Gas- und Stromnetzbetreiber in Deutschland und betragen pro Jahr je nach Netzbetreiber jeweils bis zu mehrere Millionen Euro.

Das OLG hob die entsprechenden Bescheide der Bundesnetzagentur auf. Gegen die Entscheidungen kann die Bundesnetzagentur binnen eines Monats nach Zustellung Rechtsbeschwerde zum BGH einlegen.

Die Gründe:
Die Berechnungsmethode der Bundesnetzagentur zur Ermittlung der Anlagenkosten ist unzutreffend. Die Bescheide der Bundesnetzagentur waren daher aufzuheben.

Die Verfahren betreffen insbes. die Frage, inwieweit Gas- und Stromnetzbetreiber die Preis- und Lohnentwicklung bei den Herstellungskosten ihrer Leitungen und Anlagen berücksichtigen dürfen. Im Ergebnis war vorliegend festzuhalten, dass die Bundesnetzagentur die Berechnungsgrundlagen nicht ausreichend ermittelt und plausibilisiert hat. Außerdem wurden sich aus der Berechnungsmethode ergebende Unsicherheiten nicht genügend berücksichtigt, so dass im Ergebnis zum Nachteil der Unternehmen kalkuliert worden ist. Dabei sind etwa Produktivitätssteigerungen zu hoch angesetzt worden.

OLG Düsseldorf PM vom 6.6.2012
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