18.11.2014

Kreditkarte als Barzahlungsersatz: Deckungsanfechtung in der Insolvenz des Karteninhabers nicht gegen den Kartenaussteller

Wird eine Kreditkarte als Barzahlungsersatz eingesetzt, richtet sich die Deckungsanfechtung in der Insolvenz des Karteninhabers gegen das Vertragsunternehmen und nicht gegen den Kartenaussteller. Der Zahlungsvorgang mittels der Kreditkarte ersetzt eine Barzahlung; vergleichbar der Zahlung durch Überweisung, Lastschrift oder Scheck ist deshalb auch anfechtungsrechtlich keine andere Behandlung gerechtfertigt als im Fall einer Barzahlung des Schuldners an seinen Gläubiger nach vorheriger Auszahlung eines entsprechenden Guthabens durch seine Bank.

BGH 23.10.2014, IX ZR 290/13
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Verwalter in dem auf einen Eigenantrag (März 2012) am 1.5.2012 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der S-AG (fortan: Schuldnerin). Die beklagte Bank führte für die Schuldnerin ein Geschäftskonto und hatte ihr eine Firmenkreditkarte zur Verfügung gestellt, die auf den Namen des Vorstands der Schuldnerin als Karteninhaber lautete. Herausgeberin der Kreditkarte war aus lizenzrechtlichen Gründen die D. Bank AG. Diese hatte ihre Aufwendungsersatzansprüche aus den vom Karteninhaber autorisierten Kartenzahlungen an die Beklagte verkauft.

Nach den als AGB einbezogenen Vertragsbedingungen für Firmenkreditkarten hatte die Beklagte die Aufwendungsersatzansprüche in einer Umsatzaufstellung zu saldieren und den Saldo dem Karteninhaber mindestens einmal monatlich mitzuteilen. Mit der Erteilung der Abrechnung wurde der Umsatzsaldo zur Zahlung fällig. Der Ausgleich des Saldos erfolgte durch Abbuchung vom Geschäftskonto der Schuldnerin, zu dessen Belastung diese die Beklagte ermächtigt hatte.

Im April 2012 belastete die Beklagte das Geschäftskonto der Schuldnerin, das ein Guthaben von rd. 20.000 € auswies, mit dem Umsatzsaldo von rd. 19.300 € aus der Kreditkartenabrechnung vom 30.3.2012 über Kartenverfügungen im Zeitraum vom 27.2.2012 bis zum 18.3.2012. Der Kläger verlangt mit der Begründung, die Verrechnung des Guthabens sei insolvenzrechtlich anfechtbar, die Auszahlung des Guthabens in voller Höhe.

Das LG verneinte die Anfechtbarkeit und gab der Klage wegen einer vom Kläger nicht berücksichtigten Auszahlung i.H.v. rd. 810 € nur zu einem Teilbetrag von 25 € statt. Das OLG verwarf die Berufung des Klägers hinsichtlich des Teilbetrags von 810 € mangels eines Berufungsangriffs als unzulässig. Bzgl. des verrechneten Guthabens von 19.300 € wies es die Berufung als unbegründet zurück. Die Revision des Klägers hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Die insolvenzrechtliche Deckungsanfechtung nach den §§ 130, 131 InsO ist im Verhältnis zur beklagten Bank wegen des Vorrangs der Anfechtung gegenüber dem jeweiligen Vertragsunternehmen als Leistungsempfänger ausgeschlossen.

Hat der Schuldner eine Zwischenperson eingeschaltet, die für ihn im Wege einer einheitlichen Handlung eine Zuwendung an einen Dritten bewirkt und damit zugleich unmittelbar das den Insolvenzgläubigern haftende Vermögen vermindert hat, so richtet sich die Deckungsanfechtung allein gegen den Dritten als Empfänger, wenn es sich für diesen erkennbar wirtschaftlich um eine Leistung des Schuldners handelte. Da mittelbare Zuwendungen so zu behandeln sind, als habe der befriedigte Gläubiger unmittelbar von dem Schuldner erworben, findet die Deckungsanfechtung nicht gegen den Leistungsmittler, der als solcher kein Gläubiger des Schuldners ist, sondern allein gegen den Leistungsempfänger statt.

Eine solche mittelbare Zuwendung liegt regelmäßig vor, wenn der Schuldner ein Bankguthaben durch Überweisung, Lastschrifteinzug oder durch Scheckzahlung auf einen Leistungsempfänger überträgt. Die als bloße Zahlstelle des Schuldners eingeschaltete Bank ist in diesen Fällen nicht der Deckungsanfechtung ausgesetzt, weil sie bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung nicht als Insolvenzgläubigerin, sondern als Schuldnerin des Insolvenzschuldners handelt. Für den Zahlungsverkehr mittels einer Kreditkarte gilt nichts anderes, wenn der Einsatz der Kreditkarte - wie hier - nur die Funktion des Bargeldersatzes hat und es zu keiner Kreditgewährung kommt.

Vorliegend hatte der Karteninhaber nach den getroffenen Vereinbarungen im Anschluss an die monatliche Abrechnung jeweils den vollen Saldo aus einem im Guthaben geführten Konto auszugleichen. Zur Gewährung eines Kredits kam es deshalb nicht; der mit der Sammelabrechnung verbundene Zahlungsaufschub hatte nur abwicklungstechnische Gründe. Der in den Vertragsbedingungen angesprochene Verfügungsrahmen begrenzt lediglich den Einsatz der Kreditkarte. Der Zahlungsvorgang mittels der Kreditkarte ersetzte unter diesen Umständen eine Barzahlung. Vergleichbar der Zahlung durch Überweisung, Lastschrift oder Scheck ist deshalb auch anfechtungsrechtlich keine andere Behandlung gerechtfertigt als im Fall einer Barzahlung des Schuldners an seinen Gläubiger nach vorheriger Auszahlung eines entsprechenden Guthabens durch seine Bank.

Sie kommt mit der Zahlungsabwicklung lediglich ihren Verpflichtungen aus dem Zahlungsdienstevertrag nach. Nach dem Willen aller Beteiligten soll im wirtschaftlichen Ergebnis das Vertragsunternehmen eine Leistung aus dem Vermögen des Karteninhabers erhalten. Die Kartengesellschaft oder die mit der Abwicklung der Kartenzahlung beauftragte Bank handelt in einem solchen Fall als bloße Zahlungsmittlerin des den Vorgang veranlassenden Karteninhabers gegenüber seinem Gläubiger als Leistungsempfänger.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung ist auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
  • Um direkt zum Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.
BGH online
Zurück