02.08.2024

Künstliche Intelligenz kann nicht Erfinder sein

Erfinder i.S.v. § 37 Abs. 1 PatG kann nur eine natürliche Person sein. Ein maschinelles, aus Hard- oder Software bestehendes System kann auch dann nicht als Erfinder benannt werden, wenn es über Funktionen künstlicher Intelligenz verfügt. Die Benennung einer natürlichen Person als Erfinder ist auch dann möglich und erforderlich, wenn zum Auffinden der beanspruchten technischen Lehre ein System mit künstlicher Intelligenz eingesetzt worden ist.

BGH v. 11.6.2024 - X ZB 5/22
Der Sachverhalt:
Der Anmelder begehrt die Erteilung eines Patents, für das eine Künstliche Intelligenz als Erfinder benannt ist. Der Anmelder reichte im Oktober 2019 die Patentanmeldung 10 2019 128 120.2 ein. Der in der Anmeldung formulierte Anspruch 1 lautet: Ein Lebensmittel- oder Getränkebehälter, umfassend: eine Wandung, die eine innere Kammer des Behälters definiert, wobei die Wandung Innen- und Außenflächen aufweist und von im Wesentlichen gleichmäßiger Dicke ist; [...]. Ein Ausführungsbeispiel ist im axialen Querschnitt dargestellt. Die am gleichen Tag auf dem dafür vorgesehenen amtlichen Formblatt eingereichte Erfinderbenennung enthält folgende Angabe: DABUS - Die Erfindung wurde selbständig durch eine künstliche Intelligenz erzeugt.

Das Patentamt wies die Anmeldung nach vorherigem Hinweis mit der Begründung zurück, als Erfinder könne nur eine natürliche Person benannt werden. Dem dagegen angestrengten Beschwerdeverfahren trat die Präsidentin des Patentamts gem. § 77 PatG bei. Im Beschwerdeverfahren beantragte der Anmelder in erster Linie, die oben genannte Erfinderbenennung mit dem Zusatz "c/o S. " zuzulassen. Mit seinem ersten Hilfsantrag begehrte der Anmelder die Feststellung, dass es keiner Erfinderbenennung bedürfe. Sein zweiter Hilfsantrag war darauf gerichtet, ihn als Erfinder zu benennen und die erste Seite der Beschreibung wie folgt zu ergänzen: "Die vorliegende Erfindung wurde von einer künstlichen Intelligenz namens DABUS geschaffen." Mit seinem dritten Hilfsantrag strebte der Anmelder folgende Erfinderbenennung an: S, der die künstliche Intelligenz DABUS dazu veranlasst hat, die Erfindung zu generieren.

Das BPatG hob den Beschluss des Patentamts unter Zurückweisung der weitergehenden Beschwerde auf und verwies die Sache mit der Maßgabe zurück, dass die Erfinderbenennung gem. Hilfsantrag 3 als frist- und formgerecht eingereicht anzuerkennen sei. Mit ihrer vom BPatG zugelassenen Rechtsbeschwerde begehrt die Präsidentin des Patentamts die Aufhebung der Entscheidung, soweit der Beschwerde stattgegeben wurde. Der Anmelder tritt dem Rechtsmittel entgegen und verfolgt seine vom BPatG zurückgewiesenen Anträge mit der Anschlussrechtsbeschwerde weiter. Die Präsidentin tritt diesem Rechtsbehelf entgegen.

Rechtsbeschwerde und Anschlussrechtsbeschwerde hatten vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Zu Recht ist das BPatG zu dem Ergebnis gelangt, dass der Hauptantrag unbegründet ist.

Erfinder i.S.v. § 37 Abs. 1 PatG kann nur eine natürliche Person sein. Ein maschinelles, aus Hard- oder Software bestehendes System kann auch dann nicht als Erfinder benannt werden, wenn es über Funktionen künstlicher Intelligenz verfügt. Aus der Möglichkeit, Systeme der künstlichen Intelligenz zum Auffinden technischer Lehren einzusetzen, ergibt sich weder die Möglichkeit noch die Notwendigkeit eines abweichenden Verständnisses von § 6 und § 37 Abs. 1 PatG. Die Benennung einer natürlichen Person als Erfinder ist auch dann möglich und erforderlich, wenn zum Auffinden der beanspruchten technischen Lehre ein System mit künstlicher Intelligenz eingesetzt worden ist. Da die Benennung von DABUS als Erfinder danach nicht den Anforderungen von § 37 Abs. 1 PatG genügt und der Anmelder diesen Mangel trotz Aufforderung nicht beseitigt hat, ist die Anmeldung in der Fassung des Hauptantrags mithin gem. § 42 Abs. 3 Satz 1 PatG zurückzuweisen.

Im Ergebnis zu Recht hat das BPatG (neben dem Hilfsantrag 1) auch Hilfsantrag 2 als unbegründet angesehen. Die angestrebte Ergänzung ist schon deshalb nicht zulässig, weil sie die Benennung des Anmelders als Erfinder in Frage stellt und deshalb dazu führt, dass die Erfinderbenennung insgesamt nicht den Anforderungen des § 37 Abs. 1 PatG genügt. Die Benennung des Erfinders muss inhaltlich eindeutig und in sich schlüssig sein. Im Streitfall sind hierbei nicht allein die - für sich gesehen nicht zu beanstandenden - Angaben im Formular für die Erfinderbenennung maßgeblich, sondern auch die nach Hilfsantrag 2 zusammen damit angestrebte Ergänzung der Beschreibung. Der insoweit vorgesehene Hinweis, die Erfindung sei durch die künstliche Intelligenz DABUS geschaffen worden, lässt nicht eindeutig erkennen, ob die Angaben im Formular lediglich um eine Benennung von eingesetzten Hilfsmitteln ergänzt oder ob sie inhaltlich in Frage gestellt werden sollen. Damit fehlt es der Anmeldung insgesamt an einer eindeutigen Angabe des Erfinders.

Im Ergebnis zu Recht hat das BPatG die mit Hilfsantrag 3 begehrte Erfinderbenennung als noch zulässig angesehen. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde stellt die der Benennung des Anmelders als Erfinder hinzugefügte Angabe, der Erfinder habe die künstliche Intelligenz DABUS zur Generierung der Erfindung veranlasst, keinen hinreichenden Grund für eine Zurückweisung der Anmeldung dar. Diese Ergänzung ist rechtlich unerheblich und rechtfertigt nicht die Zurückweisung der Anmeldung nach § 42 Abs. 3 PatG.

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