LKW-Kartell: Auch Müllfahrzeuge sind betroffene Produkte
EuGH, C-588/20: Schlussanträge des Generalanwalts vom 24.2.2022
Der Sachverhalt:
Am 19.7.2016 verhängte die Kommission die bisher höchste Kartellgeldbuße in einer Sache, nämlich 2,93 Mrd. € (und insgesamt 3,81 Mrd. €) gegen Lkw-Hersteller wegen Absprachen zur künstlichen Erhöhung von Preisen für Lastkraftwagen und die Weitergabe der Kosten für die Einhaltung strengerer Emissionsregeln über einen Zeitraum von 14 Jahren.
Das LG Hannover ist mit einer sog. "Folgeklage" zwischen dem Landkreis Northeim und der Daimler AG befasst. Der Landkreis fordert von Daimler Ersatz des durch das wettbewerbswidrige Verhalten verursachten Schadens im Zusammenhang mit zwei Müllfahrzeugen, die er von Daimler erworben hat. Nach Ansicht des Landkreises werden die Müllfahrzeuge von der Definition der "Lastwagen" in dem Kommissionsbeschluss erfasst, da nach dessen Wortlaut Sonderfahrzeuge nicht ausdrücklich ausgenommen seien. Demgegenüber macht Daimler geltend, dass diese Müllfahrzeuge als Sonderfahrzeuge nicht von dem Beschluss erfasst seien.
Vor diesem Hintergrund möchte das LG vom EuGH wissen, ob der Kommissionsbeschluss dahin auszulegen ist, dass Sonderfahrzeuge, insbesondere Müllfahrzeuge, für die Zwecke dieses Beschlusses unter den Begriff der "von der Zuwiderhandlung betroffenen Produkte" fallen.
Die Gründe:
Der Beschluss der Kommission vom 19.7.2016 ist dahin auszulegen, dass auch Sonderfahrzeuge - ausgenommen Lastkraftwagen für militärische Zwecke -, insbesondere Müllfahrzeuge, von den Feststellungen dieses Beschlusses erfasst sind.
Da der Beschluss nur Lastkraftwagen für militärische Zwecke von seinem Geltungsbereich ausdrücklich ausnimmt, muss in Bezug auf Sonderfahrzeuge davon ausgegangen werden, dass er alle Lastkraftwagen mit einem Gewicht von 6 bis 16 Tonnen und mit einem Gewicht von über 16 Tonnen einschließlich Sonderfahrzeuge (mit der einzigen Ausnahme der Lastkraftwagen für militärische Zwecke) erfasst. Hätte die Kommission andere Arten von Lastkraftwagen wie Müllfahrzeuge vom Geltungsbereich des Beschlusses ausnehmen wollen, hätte sie diese ausdrücklich erwähnt.
Es wäre nicht mit Ziel und Zweck des Beschlusses vereinbar, Sonderfahrzeuge nur deshalb von seinem m Geltungsbereich auszunehmen, weil die darin verbauten Fahrgestelle mit zusätzlicher Ausstattung versehen werden. Denn sämtliche Lastkraftwagen, unabhängig davon, ob in Basisausführung oder mit Sonderaufbauten, basieren grundsätzlich auf den gleichen Fahrgestellen. In Sonderfahrzeugen, die für Zwecke wie etwa Feuerwehr, Müllentsorgung, Winterdienst oder Straßenreinigung eingesetzt werden, werden standardmäßig die von den betroffenen Unternehmen hergestellten Lkw-Fahrgestelle verbaut.
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Am 19.7.2016 verhängte die Kommission die bisher höchste Kartellgeldbuße in einer Sache, nämlich 2,93 Mrd. € (und insgesamt 3,81 Mrd. €) gegen Lkw-Hersteller wegen Absprachen zur künstlichen Erhöhung von Preisen für Lastkraftwagen und die Weitergabe der Kosten für die Einhaltung strengerer Emissionsregeln über einen Zeitraum von 14 Jahren.
Das LG Hannover ist mit einer sog. "Folgeklage" zwischen dem Landkreis Northeim und der Daimler AG befasst. Der Landkreis fordert von Daimler Ersatz des durch das wettbewerbswidrige Verhalten verursachten Schadens im Zusammenhang mit zwei Müllfahrzeugen, die er von Daimler erworben hat. Nach Ansicht des Landkreises werden die Müllfahrzeuge von der Definition der "Lastwagen" in dem Kommissionsbeschluss erfasst, da nach dessen Wortlaut Sonderfahrzeuge nicht ausdrücklich ausgenommen seien. Demgegenüber macht Daimler geltend, dass diese Müllfahrzeuge als Sonderfahrzeuge nicht von dem Beschluss erfasst seien.
Vor diesem Hintergrund möchte das LG vom EuGH wissen, ob der Kommissionsbeschluss dahin auszulegen ist, dass Sonderfahrzeuge, insbesondere Müllfahrzeuge, für die Zwecke dieses Beschlusses unter den Begriff der "von der Zuwiderhandlung betroffenen Produkte" fallen.
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Der Beschluss der Kommission vom 19.7.2016 ist dahin auszulegen, dass auch Sonderfahrzeuge - ausgenommen Lastkraftwagen für militärische Zwecke -, insbesondere Müllfahrzeuge, von den Feststellungen dieses Beschlusses erfasst sind.
Da der Beschluss nur Lastkraftwagen für militärische Zwecke von seinem Geltungsbereich ausdrücklich ausnimmt, muss in Bezug auf Sonderfahrzeuge davon ausgegangen werden, dass er alle Lastkraftwagen mit einem Gewicht von 6 bis 16 Tonnen und mit einem Gewicht von über 16 Tonnen einschließlich Sonderfahrzeuge (mit der einzigen Ausnahme der Lastkraftwagen für militärische Zwecke) erfasst. Hätte die Kommission andere Arten von Lastkraftwagen wie Müllfahrzeuge vom Geltungsbereich des Beschlusses ausnehmen wollen, hätte sie diese ausdrücklich erwähnt.
Es wäre nicht mit Ziel und Zweck des Beschlusses vereinbar, Sonderfahrzeuge nur deshalb von seinem m Geltungsbereich auszunehmen, weil die darin verbauten Fahrgestelle mit zusätzlicher Ausstattung versehen werden. Denn sämtliche Lastkraftwagen, unabhängig davon, ob in Basisausführung oder mit Sonderaufbauten, basieren grundsätzlich auf den gleichen Fahrgestellen. In Sonderfahrzeugen, die für Zwecke wie etwa Feuerwehr, Müllentsorgung, Winterdienst oder Straßenreinigung eingesetzt werden, werden standardmäßig die von den betroffenen Unternehmen hergestellten Lkw-Fahrgestelle verbaut.
- Aufsatz: Ekkenga, Erlemann - Lieferkettengesetz, Europäisches Kartellrecht und die Folgen: Effiziente Missbrauchsbekämpfung oder nutzlose Gängelung gesetzestreuer Unternehmen? (ZIP 2022, 49)
- Rechtsprechung: EuGH vom 06.10.2021, Rs C-882/19 - Haftung der Tochtergesellschaft für Wettbewerbsverstoß der Muttergesellschaft ("Sumal") (ZIP 2021, 2194)
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