30.05.2012

Löschungsanspruch aus § 1179 a Abs. 1 S. 1 BGB ist insolvenzfest

Ein Anspruch aus § 1179 a Abs. 1 S. 1 BGB mit den Wirkungen des S. 3 der Norm liegt auch vor, wenn der vorrangige (oder gleichrangige) Grundpfandrechtsgläubiger auf sein Recht erst nach erfolgter Versteigerung des Grundstücks im Verteilungsverfahren verzichtet. Soweit der IX. Zivilsenat bisher eine andere Rechtsauffassung vertreten hatte, hält er hieran nicht mehr fest.

BGH 27.4.2012, V ZR 270/10
Der Sachverhalt:
Die klagende Sparkasse hatte dem Schuldner, über deren Vermögen im Mai 2006 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, ein Darlehen i.H.v. 100.000 € gewährt und einen Kontokorrentkredit i.H.v. 50.000 € eingeräumt. Zur Sicherung der Forderungen wurden zwei Grundschulden bestellt. Die Zweckerklärung aus Januar 2004 enthielt eine Abtretung des "auch zukünftigen oder bedingten Anspruch(s) des Sicherungsgebers auf Rückgewähr aller vor- und gleichrangigen Grundschulden (Anspruch auf Übertragung oder Löschung oder Verzicht sowie auf Zuteilung des Versteigerungserlöses)" an die Klägerin.

Im Zeitpunkt der Eintragung der beiden Grundschulden war das Grundstück bereits mit einer zugunsten einer Volksbank eingetragenen Grundschuld belastet, die der Absicherung auch zukünftiger Ansprüche diente. Dieses Grundpfandrecht valutierte nicht mehr, nachdem die gesicherten Forderungen aufgrund einer von der Volksbank im Februar 2006 erklärten Kündigung zurückgeführt worden waren. Die Klägerin zeigte daraufhin die Abtretung der Rückgewähransprüche gegenüber der Volksbank an, die die Anzeige bestätigte. Der beklagte Insolvenzverwalter erklärte die insolvenzrechtliche Anfechtung der Kündigung und der Abtretung.

Im Juli 2008 wurde das belastete Grundstück versteigert. Von dem Erlös wurden an den Beklagten mit Blick auf die nicht mehr valutierende Grundschuld 27.003 € ausgekehrt, nachdem die Volksbank im Oktober 2008 auf das Grundpfandrecht verzichtet hatte. Diesen Betrag beanspruchte fortan die Klägerin. Das LG gab der Klage statt; das OLG wies sie ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BGH das Berufungsurteil auf und wies die Berufung zurück.

Die Gründe:
Die Klägerin konnte, nachdem der Teilungsplan ausgeführt worden war, gem. § 812 Abs. 1 S. 1 BGB von dem Beklagten die Herausgabe des an diesen ausgekehrten Anteils an dem Versteigerungserlös verlangen; der Geltendmachung des Anspruchs stünde es nicht entgegen, wenn die Klägerin - wozu das OLG keine Feststellungen getroffen hatte - dem Teilungsplan nicht widersprochen haben sollte.

Die Klägerin konnte als nachrangige Grundschuldgläubigerin nach der gem. § 1192 Abs. 1 BGB auf die Grundschuld anwendbaren Vorschrift des § 1179 a Abs. 1 S. 1 BGB Löschung der ihren Rechten vorgehenden Grundschuld der Volksbank beanspruchen. Dass die Voraussetzungen für den Anspruch aus § 1179 a Abs. 1 S. 1 BGB bzw. für die dem gleich zu achtende Rechtsposition der Klägerin erst nach Insolvenzeröffnung entstanden war, war entgegen der Auffassung des OLG ohne Belang. Denn der Anspruch mit den Wirkungen des S. 3 der Norm ist auch gegeben, wenn der vorrangige (oder gleichrangige) Grundpfandrechtsgläubiger auf sein Recht erst nach erfolgter Versteigerung des Grundstücks im Verteilungsverfahren verzichtet.

Ob die Klägerin darüber hinaus auch aufgrund des ihr durch den Schuldner abgetretenen Rückgewähranspruchs den Erlösanteil von dem Beklagten herausverlangen konnte, war unerheblich. Soweit der IX. Zivilsenat in dem Urteil vom 9.3.2006 (Az.: IX ZR 11/05) hinsichtlich der Insolvenzfestigkeit des Löschungsanspruchs nach § 1179 a Abs. 1 S. 1 BGB und in dem Urteil vom 22.7.2004 (Az.: IX ZR 131/03) hinsichtlich der Rechte an dem Versteigerungserlös bei einem erst im Verteilungsverfahren erklärten Verzicht des Gläubigers auf sein vorrangiges Grundpfandrecht eine andere Rechtsauffassung vertreten hat, so hält er hieran nicht mehr fest.

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