Lottowerbung auf Linienbussen: Formulierung darf keine "gute Idee" vermitteln
OLG Hamburg 11.8.2011, 3 U 145/09Die Beklagte ist ein staatliches Glücksspielunternehmen, das im Gebiet von Hamburg exklusiv eine gesetzlich festgelegte Zahl von Glücksspielen veranstaltet. Zu diesen gehören auch die Lotterie "Lotto 6 aus 49" sowie "KENO - Die tägliche Lotterie". Die Beklagte ließ zu Werbezwecken einige Busse der öffentlichen Verkehrsbetriebe in Hamburg mit Aufschriften versehen. Diese lauteten u.a. "Lotto Guter Tipp", "Fahrscheine vorn - Spielscheine am Kiosk" und "Jeden Tag Gewinne bis 1 Million € KENO die tägliche Zahlenlotterie".
Der Verband für Gewerbetreibende im Glücksspielwesen e.V. sah darin einen Verstoß gegen den Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) und wollte die Werbekampagne verbieten lassen. Das LG wies die Klage ab. Auf die Berufung des Klägers hob das OLG das Urteil auf und gab der Klage statt. Allerdings wurde die Revision zum BGH zugelassen.
Die Gründe:
Die Werbung der Beklagten verstieß in ihrer konkreten Gestaltung gegen das im GlüStV verankerte Sachlichkeitsgebot und war infolgedessen wettbewerbswidrig.
Der GlüStV sieht vor, dass sich die Werbung für öffentliches Glücksspiel auf Information und Aufklärung über die Möglichkeiten des Glücksspiels beschränken muss. Dahinter steht insbesondere das Ziel, das Glücksspielangebot zu begrenzen und den in der Bevölkerung bereits vorhandenen Spieltrieb in geordnete Bahnen zu lenken. Gleichzeitig soll aber verhindert werden, dass Spiel- und Wettsucht entstehen.
Infolgedessen ist Werbung als unzulässig anzusehen, wenn Text und Aufmachung von einem noch nicht zum Glücksspiel Entschlossenen als Motivierung zum Glücksspiel verstanden werden muss. Das war bei der Werbekampagne der Beklagten der Fall, denn der Werbeaussage "Lotto Guter Tipp" konnte keine Informationen über das konkrete Spiel "Lotto" entnommen werden. Stattdessen enthielt sie eine positive Wertung, die dazu anregen kann, an dem Spiel teilzunehmen. Durch die gewählte Formulierung wurde der Öffentlichkeit vermittelt, dass das Lottospiel eine sinnvolle, nützliche, empfehlenswerte Beschäftigung, also eine "gute Idee" darstellt.
Auch der Hinweis auf die täglichen Gewinne bei KENO war in der konkreten Form unzulässig. Zwar darf grundsätzlich über Art und Höhe der Gewinne informiert werden. Die Beklagte hatte aber die in diesem Zusammenhang vorgeschriebenen Warnhinweise zu Jugendschutz und Suchtgefahren zu unauffällig und in so kleiner Drucktype gestaltet, dass sie auf den fahrenden Bussen nicht lesbar waren.
Schließlich ließ die Gegenüberstellung "Fahrscheine vorn - Spielscheine am Kiosk" die Spielscheine als Gegenstände des täglichen Bedarfs wie Busfahrscheine erscheinen. Damit erhielt das Lottospiel den Anstrich einer sozialadäquaten Verhaltensweise. So etwas ist mit dem Sachlichkeitsgebot ebenfalls nicht vereinbar.