Markenrecht: Zum Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs nach Zustellung einer Entscheidung an Verkündungs Statt
BGH 22.6.2011, I ZR 9/10Die Antragstellerin beantragte die Löschung der im Mai 2001 angemeldeten und im September 2001 für die Markeninhaberin eingetragenen Wortmarke Nr. 301 33 025 "STAHLSCHLUESSEL". Die Marke betrifft Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 16, 38 und 42, u.a. Software; auf Datenträgern gespeicherte Computerprogramme und Dateien; Druckerzeugnisse; Bücher, Handbücher, Broschüren, Loseblatt-Sammlungen, Zeitschriften.
Das Deutsche Patent- und Markenamt wies den Löschungsantrag zurück. Auf die Beschwerde der Antragstellerin hob das BPatG den Beschluss des Patent- und Markenamts auf und ordnete die Löschung der Marke an. Die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde der Markeninhaberin, mit der sie die Versagung rechtlichen Gehörs rügt, hatte vor dem BGH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Die Rechtsbeschwerde rügt ohne Erfolg, das BPatG habe seine Entscheidung getroffen, ohne von der Markeninhaberin angekündigtes und entscheidungserhebliches Vorbringen zur Verkehrsdurchsetzung der angegriffenen Marke abzuwarten. Das BPatG war auch nicht verpflichtet, die Markeninhaberin gesondert darauf hinzuweisen, wann es zu entscheiden beabsichtige.
Das BPatG verhandelte am 21.8.2009 mündlich über die Beschwerde. Der Vertreter der Markeninhaberin berief sich dort auf eine Verkehrsdurchsetzung der angegriffenen Marke, ohne dies jedoch zu begründen, Beweismittel vorzulegen oder anzubieten. Nachdem die Antragstellerin, die die mündliche Verhandlung beantragt hatte, auf die Fortsetzung des Verfahrens in mündlicher Verhandlung verzichtet hatte, schloss die Vorsitzende sie (§ 76 Abs. 6 S. 1 MarkenG). Das schriftliche Verfahren ordnete das BPatG nicht an. Nach Schluss der mündlichen Verhandlung war die Markeninhaberin mit erstmaligem Tatsachenvortrag zur Verkehrsdurchsetzung grundsätzlich ausgeschlossen (§ 82 Abs. 1 MarkenG i.V.m. § 296a ZPO). Solchen Vortrag hätte das BPatG nur berücksichtigen können, wenn es deswegen die mündliche Verhandlung wiedereröffnet hätte.
Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde geltend, die Senatsvorsitzende des BPatG habe dem Vertreter der Markeninhaberin zugesagt, mit einer Entscheidung abzuwarten, bis die Markeninhaberin zur Frage der Verkehrsdurchsetzung Stellung genommen hatte. Eine solche Zusage lässt sich den Akten nicht entnehmen. Vielmehr findet sich dort nur eine handschriftliche Notiz der Senatsvorsitzenden über ein Telefongespräch mit dem Vertreter der Markeninhaberin am 3.9.2009. Danach seien die Vergleichsverhandlungen der Parteien negativ verlaufen und wolle die Markeninhaberin jetzt auf jeden Fall Durchsetzung beanspruchen.
Weder aufgrund dieses Aktenvermerks noch anhand einer entsprechenden Telefonnotiz des Vertreters der Markeninhaberin durfte dieser annehmen, zeitlich unbeschränkt nach Schluss der mündlichen Verhandlung noch zur Verkehrsdurchsetzung vortragen zu können. Es ist nicht zu beanstanden, dass das BPatG nach Ablauf von mehr als drei Monaten seit der mündlichen Verhandlung und mehr als zwei Monate, nachdem die Antragstellerin um Fortsetzung des Verfahrens gebeten hatte, eine Entscheidung getroffen hat, wenn in der Zwischenzeit weder entsprechender Vortrag noch ein Hinweis der Markeninhaberin erfolgte, wann mit der Vorlage von Unterlagen zur Verkehrsdurchsetzung gerechnet werden könne.
Da die Markeninhaberin jedenfalls drei Monate nach Schluss der mündlichen Verhandlung mit einer Entscheidung des BPatG rechnen musste, war auch kein entsprechender Hinweis erforderlich, wann das BPatG entscheiden werde. Vielmehr musste die Markeninhaberin davon ausgehen, dass ihr nach einem angemessenen Zeitraum, der vorliegend jedenfalls nicht länger als drei Monate nach mündlicher Verhandlung lag, eine Entscheidung an Verkündungs Statt zugestellt werden würde (§ 79 Abs. 1 S 3 MarkenG), nachdem das BPatG weder im Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen wurde, eine Entscheidung verkündet noch einen gesonderten Verkündungstermin anberaumt hatte (§ 79 Abs. 1 S. 1 MarkenG).
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