12.08.2022

Öffnung von Outlet-Center-Filiale an Feriensonntagen nicht wettbewerbswidrig

Eine Entscheidung mit Bindungswirkung erga omnes zur Rechtsgültigkeit der die Feriensonntagsöffnungen in dem ZFO erlaubenden Rechtsverordnung der Landesregierung Rheinland-Pfalz vom 13.3.2007 kann in dem vorliegenden Zivilrechtsstreit nicht getroffen werden. Denn die ordentlichen Gerichte sind in dem zwischen den Parteien geführten Wettbewerbsprozess nicht zu einer prinzipalen (abstrakten) Normenkontrolle hinsichtlich der Rechtsgültigkeit der Landesverordnung zur Durchführung des § 7 Abs. 2 LadöffnG Rheinland-Pfalz berufen.

OLG Zweibrücken v. 30.6.2022 - 4 U 2020/21
Der Sachverhalt:
Die Parteien streiten im Wettbewerbsprozess nach dem UWG über die rechtliche Zulässigkeit der von der Landesregierung Rheinland-Pfalz mittels Durchführungsverordnung vom 13.3.2007 zu § 7 Abs. 2 LadöffnG Rheinland-Pfalz vom 21.11.2006 erlaubten Sonntagsöffnungen von Verkaufsstellen in dem Zweibrücken Fashion Outlet Center (ZFO) im zeitlichen Zusammenhang mit den jährlichen Oster-, Sommer- und Herbstferien in Rheinland-Pfalz.

Die Klägerin, deren wirtschaftlicher Inhaber zugleich Präsident des Handelsverbands Textil Schuhe Lederwaren ist, betreibt als mittelständisches Unternehmen an Standorten in der Pfalz und in Baden Ladengeschäfte und verkauft dort u.a. Damenmodeartikel. Die Beklagte ist ein Damenoberbekleidungsunternehmen, das seine Produkte in eigenen Filialen vertreibt, u.a auch in dem ZFO. Ihr dortiges Ladenlokal hat die Beklagte von ihrer Streithelferin, der Betreiberin des ZFO, seit dem Jahr 2018 angemietet; nach den Bestimmungen des Mietvertrages ist die Beklagte ihrer Vermieterin gegenüber zur Öffnung des Geschäfts an den in Rede stehenden Feriensonntagen verpflichtet.

Die Klägerin war der Ansicht, dass die Ladenöffnungen der Beklagten in dem ZFO an den streitgegenständlichen Feriensonntagen eine unlautere geschäftliche Handlung i.S.d. UWG darstellten. Die Beklagte verstoße damit gegen das in § 3 LadöffnG Rheinland-Pfalz normierte grundsätzliche Verbot der Öffnung von Verkaufsstellen an Sonntagen und verschaffe sich dadurch gegenüber ihren Mitbewerbern, zu denen sich die Klägerin zählt, einen unlauteren Wettbewerbsvorteil i.S.d. § 3a UWG ("Vorsprung durch Rechtsbruch"). Der Rechtsverstoß der Beklagten werde nicht dadurch ausgeräumt, dass die Feriensonntagsöffnungen in dem ZFO durch die vorbezeichnete Rechtsverordnung der rheinland-pfälzischen Landesregierung erlaubt sind.

Das LG hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin blieb vor dem OLG erfolglos. Allerdings wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache und zur Fortbildung des Rechts die Revision zum BGH zugelassen.

Die Gründe:
Die inkriminierten Feriensonntagsöffnungen der Verkaufsstelle der Beklagten in dem ZFO sind, stellen gegenwärtig keine unlautere Wettbewerbshandlung zum Nachteil von Mitbewerbern i.S.v. §§ 3, 3a UWG dar. Dabei kann dahinstehen, ob die Klägerin Mitbewerberin der Beklagten i.S.v. § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG ist und ihr die Befugnis zur Erhebung der Wettbewerbsklage zusteht.

Ebenso wenig muss der Senat - im Rahmen einer Inzidentkontrolle der Norm mit Wirkung dann nur im Verhältnis zwischen den Prozessparteien - eine Aussage dazu treffen, ob die Rechtsverordnung der Landesregierung Rheinland-Pfalz vom 13.3.2007 zur Durchführung des § 7 Abs. 2 LadöffnG Rheinland-Pfalz (noch) für rechtmäßig zu erachten ist oder nicht. Denn der Klägerin stehen, ihre Klagebefugnis unterstellt, die geltend gemachten Ansprüche aus §§ 8, 9 UWG auf Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz jedenfalls deshalb nicht zu, weil die Sonntagsöffnungen der Verkaufsstelle der Beklagten in dem ZFO, selbst wenn die Verordnung der Landesregierung rechtswidrig (geworden) sein sollte, wegen der Legitimationswirkung der gesetzlichen Erlaubnis keine unlauteren Wettbewerbshandlungen i.S.v. §§ 3, 3a UWG i.V.m. § 3 Nr. 1 LadöffnG Rheinland-Pfalz sind.

Das gilt auch für den in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruch. Zwar erscheint es nicht ausgeschlossen, dass die Regierungsverordnung vom 13.3.2007 künftig geändert oder aufgehoben wird oder dass der Verfassungsgerichtshof des Landes Rheinland-Pfalz in einem Verfahren der abstrakten Normenkontrolle nach Art. 130 Abs.1 der Verfassung für Rheinland-Pfalz ihre (Landes-) Verfassungswidrigkeit feststellt; die Frage eines Wettbewerbsverstoßes der Beklagten durch Rechtsbruch wäre dann neu zu beurteilen. Maßgeblicher Zeitpunkt für die in dem Berufungsverfahren zu treffende Entscheidung, ob die Klägerin die geltend gemachte Unterlassung beanspruchen kann, ist gleichwohl die mündliche Verhandlung in zweiter Instanz. Nach der zu diesem Zeitpunkt (30.6.2022) gegebenen Sach- und Rechtslage können der Beklagten die inkriminierten Feriensonntagsöffnungen wettbewerbsrechtlich nicht verboten werden.

Eine Entscheidung mit Bindungswirkung erga omnes zur Rechtsgültigkeit der die Feriensonntagsöffnungen in dem ZFO erlaubenden Rechtsverordnung der Landesregierung Rheinland-Pfalz vom 13.3.2007 kann in dem vorliegenden Zivilrechtsstreit nicht getroffen werden. Denn die ordentlichen Gerichte sind in dem zwischen den Parteien geführten Wettbewerbsprozess nicht zu einer prinzipalen (abstrakten) Normenkontrolle hinsichtlich der Rechtsgültigkeit der Landesverordnung zur Durchführung des § 7 Abs. 2 LadöffnG Rheinland-Pfalz berufen. Sofern es für die Entscheidung - wie indes nicht - auf die Wirksamkeit der Rechtsverordnung ankäme, hätte der Senat lediglich die Befugnis, die etwaige Ungültigkeit der Verordnung eigenständig festzustellen und die Rechtsvorschrift bei der Urteilsfindung in dem vorliegenden Rechtsstreit unbeachtet zu lassen.

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