09.04.2025

Online-Apotheken als "Schmarotzer unseres Steuersystems"? Unterlassungsantrag gegen örtlichen Apotheker erfolglos

Das LG München II hat den Antrag einer in den Niederlanden ansässigen Online-Apotheke gegen den Inhaber einer Apotheke aus dem Isarwinkel auf Unterlassung bestimmter Äußerungen, die dieser im Lokalteil einer überregionalen Zeitung veröffentlichten Interview getätigt hatte, zurückgewiesen. Gegenständlich waren Aussagen zu behaupteten Unterschieden zwischen Online-Apotheken und örtlichen Apotheken hinsichtlich deren Kostenstruktur, unterschiedlichen Steuerbelastungen und der Beratung von Kunden.

LG München II v. 20.3.2025 - 2 HK O 627/25
Der Sachverhalt:
So wurde der Antragsgegner u.a. mit den Aussagen zitiert, dass "der Onlinehandel ja ganz viele Posten, für die wir Händler vor Ort hohe Ausgaben haben, gar nicht" habe. Ein Beispiel sei die Gewerbesteuer. "Dazu sitzen die Online-Apotheken in Holland, da fallen dann schon mal die 19 % Mehrwertsteuer weg. Wie sollen wir da mithalten?" Online-Apotheken seien Schmarotzer unseres Steuersystems, es gebe "keine Beratung mehr und keinen Apotheker, der nochmal drüberschaut, ob sich das Medikament mit den anderen verträgt, oder erwähnt, dass die Tablette zu teilen ist - manche können nämlich nicht geteilt werden, und so weiter."

Das LG hat den Antrag auf Unterlassung der Äußerungen zurückgewiesen. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.

Die Gründe:
Das Interview im Lokalteil der Zeitung stellt keine geschäftliche Handlung nach § 2 Absatz 1 Nr. 2 UWG dar.

Darüber hinaus hat die Antragstellerin aber auch nicht glaubhaft gemacht, dass die von ihr angegriffenen Tatsachenbehauptungen falsch sind. Tatsächlich ist der Mehrwertsteuersatz auf Arzneimittel in Deutschland 19 %, in den Niederlanden 9 %. Auch gibt es im niederländischen Recht keine Gewerbesteuer. Die vom Antragsgegner in dem Interview dargestellten Vorteile einer aktiven persönlichen Ansprache in der Apotheke liegen darüber hinaus auf der Hand. 

Der getätigte Ausdruck "Schmarotzer" ist schließlich im Zusammenhang des Interviews zu sehen und weist auf die Nachteile niedergelassener Apotheker hin, welche mit Versandapotheken nicht mithalten können, da die niedergelassenen Apotheker stärker belastet sind als Versandapotheken. Mit dem Ausdruck ist grundsätzlich jemand gemeint, der sich eigennützig und rücksichtslos auf Kosten anderer bereichert. Da es, im Gesamtzusammenhang gesehen, dem Antragsgegner vorrangig um eine Auseinandersetzung in der Sache ging, ist dieser Begriff als polemische Zuspitzung von der Meinungsfreiheit gedeckt.

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LG München II PM Nr. 4 vom 2.4.2025