Online-Bildbericht über Polizeibeamten im Dienst: Unterlassungsanspruch ohne Geldentschädigung
OLG Celle v. 23.9.2021, 13 U 55/20
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Polizeibeamter. Er hatte im November 2016 an einem Einsatz teilgenommen, bei dem Gefahr von einer aggressiven Wildschweinrotte ausging. Nachdem es nicht geglückt war, die Tiere durch einen Jäger mit Betäubungspfeilen zu betäuben, setzte die Polizei - nicht allerdings der Kläger selbst - Maschinenpistolen ein. Eines der Tiere wurde getötet.
Während des Einsatzes wurde - neben vielen anderen Bildern - ein Foto gefertigt, das den Kläger mit einer Maschinenpistole in den Händen zeigt. Die Beklagte, die den Online-Auftritt der Bild-Zeitung betreibt, verwendete dieses Foto ohne Einwilligung des Klägers in verschiedenen Veröffentlichungen, u.a.als Foto eines Online-Artikels über den Einsatz, als Startbild eines Videos sowie in der Übersicht "Top-Videos". Das Ereignis selbst war Gegenstand einer breiten Berichterstattung auch in anderen Medien.
Der Kläger begehrte daraufhin Unterlassung der Veröffentlichung dieses Fotos, soweit er darauf identifizierbar ist, die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten sowie deren Verurteilung zur Zahlung einer in das Ermessen des Gerichts gestellten Geldentschädigung. Das LG hat die Beklagte antragsgemäß insbesondere zur Unterlassung und zur Zahlung einer Geldentschädigung von 10.000 € verurteilt sowie ihre Schadensersatzpflicht festgestellt. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten war im Hinblick auf die Geldentschädigung erfolgreich, im Übrigen wurde sie zurückgewiesen.
Die Gründe:
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Unterlassungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 1, § 823 Abs. 1 BGB, Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG, §§ 22, 23 KUG wegen eines rechtswidrigen Eingriffs in sein Persönlichkeitsrecht.
Zum Kern der Presse- und der Meinungsbildungsfreiheit gehört es, dass die Presse innerhalb der gesetzlichen Grenzen einen ausreichenden Spielraum besitzt, in dem sie nach ihren publizistischen Kriterien entscheiden kann, was öffentliches Interesse beansprucht, und dass sich im Meinungsbildungsprozess herausstellt, was eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ist, wobei unterhaltende Beiträge davon nicht ausgenommen sind. Dazu zählt auch die Entscheidung, ob und wie ein Presseerzeugnis bebildert wird. Zwar nehmen Bildaussagen am verfassungsrechtlichen Schutz des Berichts teil, dessen Bebilderung sie dienen. Allerdings besteht das Informationsinteresse nicht schrankenlos. Vielmehr wird der Einbruch in die persönliche Sphäre des Abgebildeten durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt.
Die Veröffentlichung der Abbildung eines Polizeibeamten im Dienst kann dessen Persönlichkeitsrechte auch bei einer Verwendung im Rahmen einer Presseberichterstattung verletzen, wenn der Beamte unschwer identifiziert werden kann, ein besonderes Informationsinteresse gerade an seiner Person nicht besteht und die Veröffentlichung den Beamten in nachvollziehbarer Weise zur Zielscheibe verbaler oder tätlicher Angriffe machen kann. Insoweit kann sich die Beklagte auch nicht darauf zurückziehen, dass die Berichterstattung nur an "lokale Leser" gerichtet gewesen sei, weil der von ihr veröffentlichte Artikel und die dazugehörigen Fotos und Videos unstreitig weltweit im Internet abrufbar waren.
Dem Kläger ist zudem derjenige Schaden zu ersetzen, der ihm aus der Verbreitung dieser Abbildung entstanden ist und/oder noch entstehen wird. Bei Verletzung eines absoluten Rechtsgutes besteht ein Feststellungsinteresse bereits dann, wenn künftige Schadensfolgen (wenn auch nur entfernt) möglich, ihre Art und der Umfang, sogar ihr Eintritt aber noch ungewiss sind. Die Voraussetzungen für die Feststellung einer Ersatzpflicht liegen hier vor.
Allerdings besteht kein Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung. Eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes begründet nach der ständigen BGH-Rechtsprechung nur dann einen Anspruch auf eine Geldentschädigung, wenn es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handelt und die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend aufgefangen werden kann. Vorliegend spricht gegen eine Geldentschädigung bereits, dass die Zulässigkeit der Verwendung des Bildes letztlich aufgrund einer Abwägung zu beurteilen war, die im Ergebnis nicht derart eindeutig sein mag, dass dies den Rückschluss auf einen erheblichen Verschuldensgrad zulässt.
Niedersächsisches Landesjustizportal
Der Kläger ist Polizeibeamter. Er hatte im November 2016 an einem Einsatz teilgenommen, bei dem Gefahr von einer aggressiven Wildschweinrotte ausging. Nachdem es nicht geglückt war, die Tiere durch einen Jäger mit Betäubungspfeilen zu betäuben, setzte die Polizei - nicht allerdings der Kläger selbst - Maschinenpistolen ein. Eines der Tiere wurde getötet.
Während des Einsatzes wurde - neben vielen anderen Bildern - ein Foto gefertigt, das den Kläger mit einer Maschinenpistole in den Händen zeigt. Die Beklagte, die den Online-Auftritt der Bild-Zeitung betreibt, verwendete dieses Foto ohne Einwilligung des Klägers in verschiedenen Veröffentlichungen, u.a.als Foto eines Online-Artikels über den Einsatz, als Startbild eines Videos sowie in der Übersicht "Top-Videos". Das Ereignis selbst war Gegenstand einer breiten Berichterstattung auch in anderen Medien.
Der Kläger begehrte daraufhin Unterlassung der Veröffentlichung dieses Fotos, soweit er darauf identifizierbar ist, die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten sowie deren Verurteilung zur Zahlung einer in das Ermessen des Gerichts gestellten Geldentschädigung. Das LG hat die Beklagte antragsgemäß insbesondere zur Unterlassung und zur Zahlung einer Geldentschädigung von 10.000 € verurteilt sowie ihre Schadensersatzpflicht festgestellt. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten war im Hinblick auf die Geldentschädigung erfolgreich, im Übrigen wurde sie zurückgewiesen.
Die Gründe:
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Unterlassungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 1, § 823 Abs. 1 BGB, Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG, §§ 22, 23 KUG wegen eines rechtswidrigen Eingriffs in sein Persönlichkeitsrecht.
Zum Kern der Presse- und der Meinungsbildungsfreiheit gehört es, dass die Presse innerhalb der gesetzlichen Grenzen einen ausreichenden Spielraum besitzt, in dem sie nach ihren publizistischen Kriterien entscheiden kann, was öffentliches Interesse beansprucht, und dass sich im Meinungsbildungsprozess herausstellt, was eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ist, wobei unterhaltende Beiträge davon nicht ausgenommen sind. Dazu zählt auch die Entscheidung, ob und wie ein Presseerzeugnis bebildert wird. Zwar nehmen Bildaussagen am verfassungsrechtlichen Schutz des Berichts teil, dessen Bebilderung sie dienen. Allerdings besteht das Informationsinteresse nicht schrankenlos. Vielmehr wird der Einbruch in die persönliche Sphäre des Abgebildeten durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt.
Die Veröffentlichung der Abbildung eines Polizeibeamten im Dienst kann dessen Persönlichkeitsrechte auch bei einer Verwendung im Rahmen einer Presseberichterstattung verletzen, wenn der Beamte unschwer identifiziert werden kann, ein besonderes Informationsinteresse gerade an seiner Person nicht besteht und die Veröffentlichung den Beamten in nachvollziehbarer Weise zur Zielscheibe verbaler oder tätlicher Angriffe machen kann. Insoweit kann sich die Beklagte auch nicht darauf zurückziehen, dass die Berichterstattung nur an "lokale Leser" gerichtet gewesen sei, weil der von ihr veröffentlichte Artikel und die dazugehörigen Fotos und Videos unstreitig weltweit im Internet abrufbar waren.
Dem Kläger ist zudem derjenige Schaden zu ersetzen, der ihm aus der Verbreitung dieser Abbildung entstanden ist und/oder noch entstehen wird. Bei Verletzung eines absoluten Rechtsgutes besteht ein Feststellungsinteresse bereits dann, wenn künftige Schadensfolgen (wenn auch nur entfernt) möglich, ihre Art und der Umfang, sogar ihr Eintritt aber noch ungewiss sind. Die Voraussetzungen für die Feststellung einer Ersatzpflicht liegen hier vor.
Allerdings besteht kein Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung. Eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes begründet nach der ständigen BGH-Rechtsprechung nur dann einen Anspruch auf eine Geldentschädigung, wenn es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handelt und die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend aufgefangen werden kann. Vorliegend spricht gegen eine Geldentschädigung bereits, dass die Zulässigkeit der Verwendung des Bildes letztlich aufgrund einer Abwägung zu beurteilen war, die im Ergebnis nicht derart eindeutig sein mag, dass dies den Rückschluss auf einen erheblichen Verschuldensgrad zulässt.