18.07.2011

Pflichten einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft gegenüber Anlegern aus dem Mittelverwendungskontrollvertrag

Ein Mittelverwendungskontrollvertrag entfaltet jedenfalls dann Schutzwirkung für Anleger, wenn der Vertrag im Emissionsprospekt abgedruckt ist und der Mittelverwendungskontrolleur hiervon Kenntnis hat. Der Mittelverwendungskontrolleur ist aus dem Mittelverwendungskontrollvertrag nicht verpflichtet, den Anleger darauf hinzuweisen, dass er das Prospektprüfungsgutachten erstellt hat.

OLG Stuttgart 21.6.2011, 12 U 26/11
Sachverhalt:
Die Klägerin hatte sich am 13.6.2004, ohne dass ihr der Prospekt bzw. das Prospektprüfungsgutachten bekannt waren, an einem Anlagemodell der M. beteiligt. Gegenstand des Unternehmens sollte insbesondere der Erwerb, das Halten und die Veräußerung von Wertpapieren und Fondsanteilen sowie die Beteiligung im Bereich Private Equity als direkte Investitionen jeweils im eigenen Namen und auf eigene Rechnung sein. Die Beklagte ist eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und war als Prospektprüferin tätig sowie mit der Mittelverwendungskontrolle des Anlagemodells befasst. Danach sollten die Mittel der Anleger auf einem Undkonto eingezahlt werden, über das die M. nur mit Zustimmung der Beklagten verfügen durfte. Die Beklagte durfte die Mittel nur unter bestimmten Bedingungen freigeben.

Am 26.10.2004 teilte die BaFin der M. mit, dass sie die Geschäftstätigkeit als unzulässiges Betreiben eines Finanzkommissionsgeschäfts i.S.v. § 1 Abs. 1 S. 4 Nr. 4 KWG ansehe. Nach Erörterungen zwischen Mitarbeitern der BaFin und der M. ordnete die BaFin schließlich am 15.6.2005 die unverzügliche Abwicklung der unerlaubt betriebenen Bankgeschäfte an. Der Abwickler stellte zwei Monate später Insolvenzantrag.

Die Klägerin hatte bis dahin den Einmalbetrag von 3.150 € sowie 8 Monatsraten zu je 105 €, mithin insgesamt 3990 € eingezahlt. Diesen Betrag verlangte sie von der Beklagten ersetzt. Diese verwies wiederum darauf, dass sie die Pflichten aus dem Mittelverwendungskontrollvertrag ordnungsgemäß erfüllt habe. Die von der BaFin vertretene Auffassung habe einer gerichtlichen Prüfung nicht standgehalten. Im Übrigen habe der Mittelverwendungskontrollvertrag auch keine Schutzwirkung zu Gunsten der Anleger.

Das LG wies die Klage ab. Die Berufung der Klägerin blieb vor dem OLG erfolglos. Die Revision zum BGH wurde nicht zugelassen.

Gründe:
Die Voraussetzungen für eine Haftung der Beklagten aus § 280 Abs. 1 BGB i.V.m. dem Mittelverwendungskontrollvertrag lagen nicht vor.

Zwar entfaltete der zwischen der Beklagten und der M. geschlossene Mittelverwendungskontrollvertrag eine Schutzwirkung für die Anleger und damit auch für die Klägerin. Eine solche Schutzwirkung liegt immer dann vor, wenn der Vertrag im Emissionsprospekt abgedruckt ist und der Mittelverwendungskontrolleur hiervon Kenntnis hat. Es konnte allerdings nicht festgestellt werden, dass die Beklagte eine aus dem Vertrag folgende Pflicht verletzt hatte. So ist der Mittelverwendungskontrolleur grundsätzlich nicht verpflichtet, den Anleger darauf hinzuweisen, dass er das Prospektprüfungsgutachten erstellt hat. Vielmehr bestehen die Pflichten nur hinsichtlich derjenigen Umstände, die geeignet sind, den Zweck des Mittelverwendungskontrollvertrages zu gefährden. Eine solche Gefährdung konnte hier durch die vorangegangene Prospektprüfung allerdings nicht angenommen werden.

Die Beklagte war auch nicht verpflichtet, die Anleger davor zu warnen, dass das Geschäftsmodell von der BaFin beanstandet wurde. Denn der Zweck des Mittelverwendungskontrollvertrag lag vielmehr darin, unberechtigte Zahlungen zu verhindern. Eine Haftung für ein fehlerhaftes Prospektprüfungsgutachten besteht hingegen nur dann, wenn die Anlageentscheidung auf dem erstatteten Gutachten beruht. Dies war hier allerdings nicht der Fall, da der Klägerin vor Vertragsschluss weder das Prospekt noch das Gutachten ausgehändigt worden war.

Letztlich war die Beklagte auch weder berechtigt noch verpflichtet, Zahlungen aufgrund der Beanstandung des Geschäftsmodells durch die BaFin anzuhalten. Hiergegen sprach schon, dass die BaFin während der Dauer des Mittelverwendungskontrollvertrages bis Ende 2004 noch keine abschließende Entscheidung getroffen hatte, sondern vielmehr noch Verhandlungen liefen. Hinzu kam noch, dass die Auffassung der BaFin, dass die M. erlaubnispflichtige Finanzkommissionsgeschäfte i.S.v. § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 KWG betreibe, unzutreffend war.

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