14.06.2012

Preisfestsetzung durch Vermieter nach billigem Ermessen ist nicht zwangsläufig rechtswidrig

Ist in einem gewerblichen Mietvertrag eine Klausel enthalten, die dem Vermieter ein Leistungsbestimmungsrecht dahingehend einräumt, bei einer Änderung der ortsüblichen oder angemessenen Miete den vom Mieter zusätzlich oder weniger zu zahlenden Betrag nach billigem Ermessen (§ 315 BGB) festzusetzen, so hält dies der Inhaltskontrolle gem. § 307 Abs. 1 BGB stand. Eine solche Klausel bietet dem Vermieter gerade nicht die Möglichkeit, seinen Gewinn einseitig zu Lasten des Mieters zu vergrößern.

BGH 9.5.2012, XII ZR 79/10
Der Sachverhalt:
Die Klägerin hatte im Jahr 1998 mit der Beklagten - einem Segelverein - einen gewerblichen Mietvertrag abgeschlossen, der die Zahlung eines "Nutzungsentgeltes" für die Nutzung einer Steganlage, einer Slipanlage sowie einer Wasserfläche an einer Bundeswasserstraße, deren Eigentümerin die Klägerin ist, vorsah. Die Höhe des jährlich zu zahlenden Nutzungsentgelts betrug anfangs 2.099 DM. Das Vertragsverhältnis sollte am 31.12.2002 enden und sich dann jeweils um ein Jahr verlängern. Eine Klausel räumte dem Vermieter zudem ein Leistungsbestimmungsrecht dahingehend ein, bei einer Änderung der ortsüblichen oder angemessenen Miete den vom Mieter zusätzlich oder weniger zu zahlenden Betrag nach billigem Ermessen (§ 315 BGB) festzusetzen.

Nach einer ersten Entgeltanpassung zum 1.1.1999, setzte die Klägerin zum 1.1.2002 das jährliche Nutzungsentgelt auf 1.639 € fest, was der Beklagte auch akzeptierte. Mit Schreiben vom 14.10.2002 verlangte die Klägerin von dem Beklagten zum 1.1.2005 zunächst eine weitere Entgeltanpassung auf 3.197 €, die nach Verhandlungen der Parteien von der Klägerin auf jährlich 2.049 € reduziert wurde. Der Beklagte zahlte in den Jahren 2005, 2006 und 2007 jedoch nur den Betrag, den die Klägerin mit der Erhöhung zum 1.1.2002 verlangt hatte. Die Klägerin machte mit der Klage das nicht gezahlte Nutzungsentgelt von insgesamt rund 1.229 € geltend.

AG und LG wiesen die Klage ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BGH das Berufungsurteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LG zurück.

Die Gründe:
Unzutreffend war das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der Beklagte durch die Regelung zur Anpassung des Nutzungsentgelts unangemessen benachteiligt wurde und die Klausel daher gem. § 307 Abs. 1 S. 2 BGB unwirksam sei.

Die Parteien hatten zur Wertsicherung der Miete einen sog. Leistungsvorbehalt zugunsten der Klägerin vereinbart. Eine solche Wertsicherungsklausel unterfällt gem. § 1 Abs. 2 Nr. 1 des Gesetzes über das Verbot der Verwendung von Preisklauseln bei der Bestimmung von Geldschulden vom 7.9.2007 zwar nicht dem Preisklauselverbot des § 1 Abs. 1 PrKG. Ist die Leistungsvorbehaltsklausel jedoch - wie hier - in vorformulierten Vertragsbedingungen i.S.v. § 305 Abs. 1 S. 1 BGB enthalten, unterliegt sie einer Überprüfung am Maßstab des § 307 BGB.

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts wurde die Klausel nicht dadurch intransparent, dass das Recht der Klägerin zu einer Anpassung der Miete davon abhängig gemacht wurde, dass das gezahlte Nutzungsentgelt "noch ortsüblich oder sonst angemessen" ist. Rechtsfehlerhaft war zudem die Auffassung, die Mietanpassungsklausel verstoße deshalb gegen das Transparenzgebot, weil sich aus ihr der Maßstab für die neu festzusetzende Miete nicht klar ergebe. Der Klägerin wurde schließlich durch die Bezugnahme auf § 315 BGB bei der Anpassung der Miete ein Ermessenspielraum eingeräumt, der durch den Begriff der Billigkeit begrenzt wird. Nach BGH-Rechtsprechung entspricht eine einseitige Preisbestimmung in der Regel dann der Billigkeit i.S.v. § 315 Abs. 1 BGB, wenn das verlangte Entgelt im Rahmen des Marktüblichen liegt und dem entspricht, was regelmäßig als Preis für eine vergleichbare Leistung verlangt wird.

Die Mietanpassungsklausel hielt zuletzt auch einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB stand. Durch die Klausel wurde sichergestellt, dass die Beklagte als Mieterin nur mit einer Veränderung der Miete rechnen musste, die der allgemeinen Preisentwicklung bei den Bezugsgrößen entsprach. Zudem sah die Klausel auch die Möglichkeit einer Herabsetzung der Miete vor und berücksichtigte damit nicht nur einseitig die Interessen der Klägerin an einer Mietpreiserhöhung, sondern auch die Interessen des Mieters an einer Herabsetzung der Miete, wenn es aufgrund der allgemeinen Marktentwicklung oder infolge sonstiger Umstände zu einem Absinken der Mietpreise gekommen war. Infolgedessen bot die Klausel dem Vermieter nicht die Möglichkeit, seinen Gewinn einseitig zu Lasten des Mieters zu vergrößern.

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