Prospekthaftungsansprüche: Zu den Mindestanforderungen an eine ordnungsgemäße Berufungsbegründung
BGH 6.12.2011, II ZB 21/10Der Kläger macht Prospekthaftungsansprüche gegen die Beklagten als Gründungsgesellschafter des geschlossenen Immobilienfonds "L.-Grundstücksgesellschaft b. R." geltend. Das LG wies die Klage ab, weil der vom Kläger beanstandete Prospekt keine Fehler bei der Aufklärung über die Haftung der Gesellschafter enthalte. Es werde insbes. keine bestimmte Reihenfolge bei der Haftung für Gesellschaftskredite zugesichert.
Der Kläger legte gegen das ihm am 12.4.2010 zugestellte Urteil am 12.5.2010 Berufung ein und begründete diese mit Schriftsatz vom 8.7.2010 innerhalb der verlängerten Frist. Das KG verwarf die Berufung durch Beschluss gem. § 522 Abs. 1 S. 1 bis 3 ZPO als unzulässig. Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Rechtsbeschwerde.
Der BGH hob den Beschluss des KG auf und verwies die Sache zur neuen Entscheidung dorthin zurück.
Die Gründe:
Entgegen der Auffassung des KG sind die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Berufungsbegründung (noch) gewahrt.
Wird die Berufung darauf gestützt, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht, so hat die Berufungsbegründung nach § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 ZPO die Bezeichnung der Umstände zu enthalten, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt. Dabei ist lediglich die Mitteilung der Umstände erforderlich, die das Urteil aus der Sicht des Berufungsführers in Frage stellen. Besondere formale Anforderungen werden nicht gestellt. Enthält die Berufungsbegründung immerhin zu einem Streitpunkt eine § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 ZPO genügende Begründung, ist die Berufung insgesamt zulässig, wenn die bezeichneten Umstände geeignet sind, der angegriffenen Entscheidung insgesamt die Grundlage zu entziehen.
Diesen Anforderungen wird die Berufungsbegründung des Klägers gerade noch gerecht. Auch wenn sie sich mit der Haftung wegen fehlerhafter Angaben im Emissionsprospekt weitgehend abstrakt beschäftigt, wird mit noch hinreichender Deutlichkeit klar, dass sie rügt, das LG habe mit der gegebenen Begründung das Vorliegen eines Prospektfehlers nicht ablehnen dürfen. Die Berufungsbegründung beanstandet die Auffassung des LG, bei den Angaben über die Haftung für Gesellschaftskredite sei dem Prospekt keine bestimmte Haftungsreihenfolge zu entnehmen.
Zu den aus der Sicht des Berufungsführers maßgeblichen Rechtsgrundsätzen für die Feststellung, welchen Eindruck Angaben in einem Emissionsprospekt dem Anleger vermitteln, wird in den die Berufungsbegründung einleitenden Rechtsausführungen unter Bezugnahme auf Rechtsprechungsnachweise darauf hingewiesen, dass "durch die Anhäufung positiver Werturteile unter Missachtung einer ausreichenden Risikodarstellung kein unrichtiger Gesamteindruck beim Anleger über die Chancen und Risiken der Investition entstehen" dürfe.
Mit diesem Angriff gegen die rechtliche Würdigung der beanstandeten Prospektangaben über die Haftung der Gesellschafter durch das LG genügt die Berufungsbegründung den Anforderungen des § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 ZPO. Es ist für die Zulässigkeit der Berufung ohne Belang, ob dieser Angriff begründet ist und ob die Berufungsbegründung weitere Rügen zu rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkten enthält, auf die das angefochtene Urteil gar nicht gestützt ist.
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