18.09.2024

Qualcomm: Missbrauch marktbeherrschender Stellung bei UMTS-Chips

Das EuG hat weitgehend die gegen Qualcomm verhängte Geldbuße wegen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung bestätigt. Die von der EU-Kommission verhängte Geldbuße wurde lediglich geringfügig von 242 Mio. € auf rd. 240 Mio. € reduziert.

EuG v. 18.9.2024 - T-671/19
Der Sachverhalt:
Das klagende US-amerikanische Unternehmen Qualcomm ist im Bereich zellularer und drahtloser Technologien tätig. Die Chips von Qualcomm werden (mitsamt der Lizenzierung ihrer Systemsoftware) an Unternehmen verkauft, die sie zur Ausstattung von Mobiltelefonen, Tablets, Laptops, Datenmodulen und anderen elektronischen Gebrauchsgütern verwenden. Im Juni 2009 reichte das britische Unternehmen Icera bei der EU-Kommission eine Beschwerde gegen Qualcomm ein, auf deren Grundlage die Kommission eine Untersuchung einleitete. Im Jahr 2012 legte die Streithelferin, das US-Unternehmen Nvidia, das im Mai 2011 Icera erworben hatte, zusätzliche Informationen vor, trat der Beschwerde bei und warf Qualcomm vor, Verdrängungspreise zu verwenden.

Im Juli 2019 erließ die Kommission den angefochtenen Beschluss und verhängte gegen Qualcomm eine Geldbuße i.H.v. 242 Mio. €. Die Kommission definierte den relevanten Markt als den Markt für mit der Technologie "Universal Mobile Telecommunications System" (UMTS) kompatible autonome und integrierte Basisbandchips. Sie stellte fest, dass Qualcomm zumindest von Januar 2009 bis Dezember 2011 weltweit eine beherrschende Stellung auf diesem Markt innehatte. Qualcomm habe seine marktbeherrschende Stellung missbraucht, indem es in diesem Zeitraum zwei seiner Hauptabnehmer, nämlich Huawei und ZTE, zu Preisen unterhalb seiner Kosten mit bestimmten Mengen seiner UMTS-Chips beliefert habe, um Icera, seinen damaligen Hauptkonkurrenten, zu verdrängen.

Qualcomm beantragte, die verhängte Geldbuße für nichtig zu erklären oder, hilfsweise, wesentlich herabzusetzen, und macht 15 Klagegründe geltend, die u.a. auf Verfahrensfehler gestützt sind, darunter die überlange Dauer der Untersuchung, die behauptete Knappheit bestimmter Notizen, die bei von der Kommission nicht aufgezeichneten Gesprächen mit Dritten gemacht worden seien, offensichtliche Beurteilungsfehler in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht sowie eine Verletzung der Begründungspflicht durch die Kommission in Bezug auf mehrere Aspekte des in Rede stehenden Beschlusses.

Das EuG wies die Klage ganz überwiegend ab. Gegen Entscheidungen des EuG kann ein auf Rechtsfragen beschränktes Rechtsmittel eingelegt werden.

Die Gründe:
Lediglich ein die Berechnung der Geldbuße betreffender Klagegrund ist teilweise begründet. Sämtliche anderen geltend gemachten Klagegründe waren vollständig zurückzuweisen.

Die Rüge von Qualcomm, die Kommission habe zur Definition des relevanten Marktes den Test "Small but significant and non-transitory increase in price" anwenden müssen, war zurückzuweisen. Dieser Test stellt nicht die einzige Methode dar, auf die die Kommission bei der Definition des relevanten Marktes zurückgreifen kann. Auch die Kritik von Qualcomm an den von der Kommission im Rahmen ihrer Preis-Kosten-Analyse herangezogenen Referenzkosten war zurückzuweisen, da die gewählten Referenzkosten für Qualcomm günstiger sind und die Kommission sich dafür entschieden hat, die Absicht von Qualcomm, einen Konkurrenten zu verdrängen, zu untersuchen.

Was die Schlussfolgerungen der Kommission zur Marktverdrängung von Icera betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission entgegen dem Vorbringen von Qualcomm bei ihrer Prüfung, ob es Verdrängungspreise gibt, die von einem Unternehmen in beherrschender Stellung aufgerufen werden, nicht prüfen muss, ob die Markterfassung durch die beanstandete Praxis so groß ist, dass diese Praxis wettbewerbswidrige Wirkungen entfaltet. Zum Vorbringen, das Kriterium des "ebenso leistungsfähigen" Wettbewerbers auf dem relevanten Markt sei nicht angewandt worden, ist festzustellen, dass im Rahmen einer Untersuchung möglicher Verdrängungspreise die Analyse, mit der die Kommission wie im vorliegenden Fall die von einem Unternehmen mit marktbeherrschender Stellung aufgerufenen Preise mit bestimmten Kosten dieses Unternehmens vergleicht, um zu beurteilen, ob es Preise aufgerufen hat, die unter den durchschnittlichen Gesamtkosten (ATC), aber über den durchschnittlichen variablen Kosten (AVC) liegen, bereits eine Analyse des "ebenso leistungsfähigen" Wettbewerbers beinhaltet.

Zu den Schlussfolgerungen im angefochtenen Beschluss in Bezug auf die Absicht von Qualcomm, Icera vom relevanten Markt zu verdrängen, ist klarzustellen, dass die Kommission diese Feststellung dadurch untermauert hat, dass sie sowohl unmittelbare als auch mittelbare Beweise vorgelegt hat. Was schließlich die Berechnung der Geldbuße betrifft, ist das Gericht der Auffassung, dass die Kommission im angefochtenen Beschluss ohne Begründung von der in ihren Leitlinien von 2006 vorgesehenen Methode abgewichen ist. Daher war die verhängte Geldbuße auf rd. 239 Mio. € zu reduzieren.

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EuGH PM Nr. 142 vom 18.9.2024
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