13.12.2024

Rechtsbeschwerde gegen Aussetzung eines Verfahrens gem. § 8 Abs. 1 Satz 1 KapMuG a.F.

Gegen die Aussetzung eines Verfahrens gem. § 8 Abs. 1 Satz 1 KapMuG in der bis zum 19.7.2024 geltenden Fassung durch ein Berufungsgericht ist die Rechtsbeschwerde nur unter den Voraussetzungen des § 574 Abs. 1 ZPO statthaft.

BGH v. 6.11.2024 - III ZB 107/22
Der Sachverhalt:
Der Kläger verlangt von der beklagten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Schadensersatz im Zusammenhang mit dem Erwerb von Aktien der W. AG insbesondere unter dem Vorwurf, die Beklagte habe behauptete Vermögenswerte der W. AG "ins Blaue hinein" testiert.

Das LG wies die Klage ab. Das OLG, vor dem der Kläger seine Ansprüche weiterverfolgt, setzte das Verfahren durch Beschluss vom 4.7.2022 gem. § 8 Abs. 1 Satz 1 KapMuG a.F. im Hinblick auf den am 16.3.2022 im elektronischen Bundesanzeiger veröffentlichten Vorlagebeschluss des LGndgerichts München I - 3. Zivilkammer - vom 14.3.2022 - 3 OH 2767/22 KapMuG - aus. Die Rechtsbeschwerde gegen diesen Beschluss ließ das OLG nicht zu. Gegen diesen Beschluss legte der Kläger "Beschwerde" ein, beantragte "nochmals die Zulassung der Rechtsbeschwerde" und bat darum, seine Ausführungen - sollte das OLG diesen Anträgen nicht stattgeben - als Anhörungsrüge gem. § 321a ZPO zu verstehen.

Das OLG verwarf mit Beschluss vom 21.7.2022 die Beschwerde sowie die Anhörungsrüge als unzulässig und lehnte eine Fortsetzung des Verfahrens ab. Die Rechtsbeschwerde ließ das OLG wiederum nicht zu. Mit seiner Rechtsbeschwerde möchte der Kläger, der die Voraussetzungen für eine Aussetzung gem. § 8 Abs. 1 Satz 1 KapMuG a.F. nicht für gegeben erachtet, sein Begehren weiterverfolgen.

LG und OLG gaben der Klage nach dem auf Leistung Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche der Klägerin aus dem Insolvenzverfahren gegen die G. Bank AG gerichteten Hilfsantrag statt. Auf die Revision der Beklagten wies der BGH die Klage ab.

Die Gründe:
Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig. Das Rechtsmittel ist nur statthaft, wenn dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das OLG im ersten Rechtszug es in dem angefochtenen Beschluss zugelassen hat (§ 574 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Daran fehlt es. Die Rechtsbeschwerde ist auch nicht als außerordentlicher Rechtsbehelf statthaft.

Auf den angefochtenen Beschluss ist § 574 ZPO anwendbar. Aussetzungsbeschlüsse gem. § 8 Abs. 1 Satz 1 KapMuG in der hier maßgeblichen bis zum 19.7.2024 geltenden Fassung sind nach Maßgabe des § 252 ZPO anfechtbar, nachdem durch das Gesetz zur Reform des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes vom 19.10.2012 der Ausschluss der Anfechtbarkeit gem. § 7 Abs. 1 Satz 4 des KapMuG in der bis zum 31.10.2012 gültigen Fassung ersatzlos aufgehoben worden war. § 252 ZPO wiederum steht im Zusammenhang mit der Regelung des § 567 Abs. 1 ZPO, woraus sich ergibt, dass die sofortige Beschwerde nur gegen im ersten Rechtszug ergangene Entscheidungen der AGs und LGs statthaft ist. Bei allen Entscheidungen der OLGs kommt das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde nicht in Betracht, sondern ist die Rechtsbeschwerde eröffnet, die entweder die ausdrückliche Zulassung in einem Gesetz (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO) oder die Zulassung durch das OLG im Einzelfall (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO) erfordert. Diese Rechtsprechung entspricht ganz überwiegender Ansicht. Ein Rechtsmittel gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde ist im Gesetz nicht vorgesehen und auch verfassungsrechtlich nicht geboten.

Etwas anderes kann - entgegen der von der Rechtsbeschwerde und Knops vertretenen Auffassung - auch nicht für eine Aussetzung gem. § 8 Abs. 1 Satz 1 KapMuG a.F. gelten. Ein Instanzenzug ist von Verfassungs wegen nicht garantiert. Soweit aus dem allgemeinen Justizgewährleistungsanspruch das Gebot einer zumindest einmaligen Kontrolle der Einhaltung von Verfahrensgrundrechten, insbesondere demjenigen gem. Art. 103 Abs. 1 GG folgt, hat dem der Gesetzgeber durch die Einführung der Anhörungsrüge gem. § 321a ZPO Rechnung getragen. Die Zulassung eines Rechtsbehelfs neben denjenigen, die in den Verfahrensgesetzen normiert sind, verstieße gegen das aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende verfassungsrechtliche Gebot der Rechtsmittelklarheit. Soweit die Rechtsbeschwerde die Garantie effektiven Rechtsschutzes dadurch verletzt sieht, dass eine Verzögerung des Musterverfahrens zu einer wirtschaftlichen Entwertung der Ansprüche des Klägers führen könne, rechtfertigt dies keine Abweichung von den dargestellten Grundsätzen.

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