Rechtskraft eines im Prozess gegen die Gesellschafter ergangenen Urteils erstreckt sich nicht auf die Gesellschaft
BGH 22.3.2011, II ZR 249/09Die Beklagte ist eine GbR. Ihre vier Gesellschafter hatten im Oktober 2003 der Klägerin mit notarieller Urkunde ein Angebot zum Kauf einer noch zu vermessenden Grundstücksteilfläche von 3.350 qm zum Preis von 335.000 € unterbreitet. Das bis Dezember 2006 befristete Angebot wurde von der Klägerin im Oktober 2005 angenommen. Schon im März 2005 hatte die Beklagte das Kaufobjekt allerdings an eine Stadtentwicklungsgesellschaft veräußert, die als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen wurde.
Daraufhin machte die Klägerin geltend, dass ihr durch die Nichterfüllung des Grundstückskaufvertrags ein Gewinn in Höhe von rund 221.753 € entgangen sei, den sie durch den Weiterverkauf des Grundstücks hätte erzielen können. In einem ersten Rechtsstreit nahm sie die vier Gesellschafter der Beklagten als Gesamtschuldner auf Zahlung von Schadensersatz in Anspruch. Ihre in erster Instanz erfolgreiche Klage ist in der Berufungsinstanz rechtskräftig abgewiesen worden. Infolgedessen verfolgte sie den Schadensersatzanspruch gegen die GbR.
Das LG wies die Klage als unbegründet ab, das hielt sie für unzulässig. Auf die Revision der Klägerin hob der BGH das Berufungsurteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.
Die Gründe:
Die Klage ist entgegen der Auffassung des OLG zulässig.
Nimmt ein Dritter in einem Rechtsstreit die Gesellschafter einer GbR aus ihrer persönlichen Haftung für eine Gesellschaftsschuld in Anspruch, entfaltet die Rechtskraft eines in diesem Prozess ergangenen Urteils keine Wirkung in einem weiteren Prozess, in dem er nunmehr den Anspruch gegen die Gesellschaft verfolgt. Dies gilt auch dann, wenn alle Gesellschafter am Vorprozess beteiligt waren. Denn die Rechtskraft eines im Prozess gegen die Gesellschafter ergangenen Urteils erstreckt sich nach § 325 ZPO nicht auf die Gesellschaft.
Die Rechtskraft eines Urteils wirkt grundsätzlich nur für und gegen die Parteien des Rechtsstreits, in dem das Urteil ergangen ist. Hier war die beklagte GbR am Vorprozess nicht beteiligt. Parteien des Vorprozesses waren vielmehr ihre vier Gesellschafter. Bei der GbR und ihren Gesellschaftern handelt es sich nach der neueren BGH-Rechtsprechung um verschiedene Rechtssubjekte. Richtet sich eine Klage ausschließlich gegen die Gesellschafter einer GbR, sind nur diese und nicht auch die Gesellschaft am Verfahren beteiligt.
Allerdings kann sich die Rechtskraft eines Urteils ausnahmsweise auch auf einen nicht am Verfahren beteiligten Dritten erstrecken. Dies ist aber nicht schon dann der Fall, wenn es einem Dritten zumutbar ist, die rechtskräftige Entscheidung über ein vorgreifliches Rechtsverhältnis gegen sich gelten zu lassen. Eine Durchbrechung des Grundsatzes, dass ein Dritter an ein ohne seine Mitwirkung zustande gekommenes gerichtliches Erkenntnis grundsätzlich nicht gebunden sein soll, kommt nämlich nur in Betracht, wenn dies im Einzelfall vom Gesetz ausdrücklich angeordnet oder zumindest nach dem Sinn einer Gesetzesvorschrift geboten ist.
Diese Voraussetzung war hier nicht erfüllt. Schließlich kann weder § 129 Abs. 1 HGB noch § 736 ZPO entnommen werden, dass ein in einem Rechtsstreit mit einem Dritten gegen sämtliche Gesellschafter einer GbR ergangenes Urteil über deren persönliche Haftung für eine Gesellschaftsschuld für und gegen die nicht am Prozess beteiligte Gesellschaft Wirkung entfaltet, wenn der Anspruch nunmehr gegen die Gesellschaft verfolgt wird.
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