10.05.2019

Regress einer KfZ-Haftpflichtversicherung begründet keine gesetzliche Sonderzuweisung gem. § 119a Satz 1 GVG

Für den Rückgriffsanspruch einer KfZ-Haftpflichtversicherung nach § 426 BGB, §§ 115 Abs. 1 Satz 4, 116 Abs. 1 VVG wegen einer Obliegenheitsverletzung des Halters oder Fahrers ist eine gesetzliche Sonderzuständigkeit nach § 119a Satz 1 Nr. 4 GVG nicht begründet.

KG Berlin v. 15.4.2019 - 2 AR 9/19
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine Haftpflichtversicherung. Der Beklagte verursachte als Fahrer eines bei der Klägerin versicherten Fahrzeugs einen Verkehrsunfall. Die Klägerin leistete dem geschädigten Unfallgegner Ersatz. Den Beklagten nahm sie für den gezahlten Betrag in Regress, weil er zum Zeitpunkt des Unfalls alkoholbedingt fahruntüchtig gewesen sei und sich außerdem unerlaubt vom Unfallort entfernt habe. Das LG gab der Klage statt.

Dagegen wendete sich der Beklagte mit seiner Berufung. Diese wurde zunächst bei dem nach dem Geschäftsverteilungsplan des Kammergerichts für Verkehrsfallsachen zuständigen 22. Zivilsenat eingetragen. Der Senat hat sich daraufhin für unzuständig erklärt, weil es sich um eine Streitigkeit aus einem Versicherungsvertragsverhältnis handele, für die gem. § 119a Satz 1 Nr. 4 GVG eine gesetzliche Sonderzuständigkeit bestehe. Der für Streitigkeiten aus Versicherungsvertragsverhältnissen zuständige 6. Zivilsenat des KG erklärte sich ebenfalls für unzuständig.

Die Gründe:
Die allgemeinen Zivilsenate des Kammergerichts werden als funktionell zuständige Spruchkörper bestimmt.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Sonderzuständigkeit nach § 119a Satz 1 GVG sind nicht erfüllt. Zwar sind hierunter nicht nur Streitigkeiten der Versicherung mit dem Versicherungsnehmer zu verstehen, sondern auch solche mit dem Versicherten oder einem Bezugsberechtigten sind erfasst. Gleichwohl beruht der streitgegenständliche Anspruch auf einer gesetzlichen Grundlage und entsteht letztlich nicht aus dem Versicherungsvertragsverhältnis, auch wenn er durch dieses mitbeeinflusst sein mag.

Versicherer und ersatzpflichtiger Versicherungsnehmer haften gem. § 115 Abs. 1 Satz 4 VVG gegenüber dem Geschädigten als Gesamtschuldner. Im Innenverhältnis besteht gem. § 116 Abs. 1 GVG die Verpflichtung der alleinigen Haftung des Versicherers, solange eine solche Verpflichtung nicht besteht. Der mögliche Regress der Versicherung lässt sich zum einen auf die Ausgleichsregelung in § 426 Abs. 1 BGB stützen, bei der es sich um eine selbstständige gesetzliche Anspruchsgrundlage handelt. Zum anderen kann die Versicherung die auf sie nach § 426 Abs. 2 BGB übergegangenen deliktischen Anspruche des Geschädigten aus § 823 Abs. 1 BGB bzw. § 18 StVG geltend machen. Das Versicherungsvertragsverhältnis ist lediglich für die nachgelagerte Frage von Bedeutung, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe Obliegenheitsverletzungen des Versicherungsnehmers im Innenverhältnis zu einer Leistungsfreiheit des Versicherers führen können. Aufgrund der zwingenden gesetzlichen Vorgaben nach §§ 5ff. KfzPflVV besteht jedoch auch dort kaum ein vertraglicher Gestaltungsspielraum.

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KG Berlin Beschluss vom 15.4.2019
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