07.06.2024

Schadensersatz für entgangene Chancen im Vergaberecht

Ein rechtswidrig von einem Vergabeverfahren hinsichtlich öffentlicher Aufträge ausgeschlossener Bieter kann Schadensersatz wegen des Verlusts einer Chance verlangen.

EuGH v. 6.6.2024 - C-547/22
Der Sachverhalt:
Im Jahr 2013 schloss der slowakische Fußballverband eine Bietergemeinschaft, der das Unternehmen INGSTEEL angehörte, von einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags über die Rekonstruktion, Modernisierung und den Bau von 16 Fußballstadien aus. Der Ausschluss wurde damit begründet, die Bietergemeinschaft erfülle nicht die Anforderungen der Bekanntmachung, insbesondere hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit. Nachdem das slowakische oberste Gericht dem Gerichtshof ein Vorabentscheidungsersuchen in dem Bereich vorgelegt hatte, hob es den Ausschluss auf.

In der Zwischenzeit wurde das betreffende Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags durch den Abschluss eines Rahmenvertrags mit dem einzigen Bieter, der noch verblieben war, beendet. Unter diesen Bedingungen erhob INGSTEEL beim zuständigen Gericht in der Slowakei Klage auf Ersatz des Schadens, der ihr durch den Ausschluss der genannten Bietergemeinschaft von diesem Verfahren entstanden sein soll. Das slowakische Gericht hat das Verfahren ausgesetzt und fragt den EuGH im Wege eines Vorabentscheidungsersuchens, ob die Richtlinie 89/665/EWG über die Nachprüfung im Bereich öffentlicher Aufträge der nationalen slowakischen Regelung oder Praxis entgegensteht, nach der es ausgeschlossen scheint, dass ein rechtswidrig von einem Vergabeverfahren ausgeschlossener Bieter für den Schaden entschädigt wird, der ihm durch den Verlust der Chance entstanden ist, an diesem Verfahren teilzunehmen, um den betreffenden Auftrag zu erhalten.

Die Gründe:
Die Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten, denjenigen, die durch einen Verstoß gegen das Unionsrecht im Bereich der Vergabe öffentlicher Aufträge geschädigt worden sind, Schadensersatz zuzuerkennen. Mangels Angaben zur Unterscheidung zwischen verschiedenen Schadenskategorien erfasst die Richtlinie jede Art des diesen Personen entstandenen Schadens, einschließlich des Schadens, der sich aus dem Verlust der Chance ergibt, an dem Verfahren zur Vergabe eines Auftrags teilzunehmen. Ein Schaden kann sich aus dem Umstand ergeben, dass man einen öffentlichen Auftrag nicht erhält, und als entgangener Gewinn verwirklichen. Der rechtswidrig ausgeschlossene Bieter kann jedoch auch einen gesonderten Schaden erleiden, der dem Verlust der Chance entspricht, an dem betreffenden Vergabeverfahren teilzunehmen, um diesen Auftrag zu erhalten.

Aus diesem Grunde steht die Richtlinie einer nationalen Regelung oder Praxis entgegen, nach der es grundsätzlich ausgeschlossen ist, dass ein rechtswidrig von einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags ausgeschlossener Bieter für den Schaden entschädigt wird, der ihm durch den Verlust der Chance entstanden ist, an diesem Verfahren teilzunehmen, um den betreffenden Auftrag zu erhalten.

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