Schadensersatz wegen unterlassener Baumkontrolle
OLG Frankfurt a.M.
Der Sachverhalt:
Die Klägerin parkte ihren Fiat 500 im August 2019 in Frankfurt a.M. in einem Wohngebiet. Von einer Robinie auf dem Bürgersteig brach nachts ein großer Ast ab und stürzte auf das Fahrzeug. Dieses erlitt einen Totalschaden. Die beklagte Stadt Frankfurt a.M. hatte den Baum letztmals im August 2018 kontrolliert.
Das LG gab der Schadensersatzklage statt und verurteilte die Beklagte zur Zahlung i.H.v. gut 6.500 €. Die Berufung der Beklagten hatte vor dem OLG keinen Erfolg. Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Die Gründe:
Die Klägerin kann Schadensersatz wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht verlangen.
Grundsätzlich genügt eine Gemeinde ihrer Verkehrssicherungspflicht, wenn sie Straßenbäume regelmäßig auf trockenes Laub, dürre Äste, Beschädigungen oder Frostrisse beobachtet und eine eingehende Untersuchung dort vornimmt, wo besondere Umstände wie das Alter des Baumes, sein Erhaltungszustand, die Eigenart seiner Stellung oder sein statischer Aufbau sie dem Einsichtigen angezeigt erscheinen lassen. Ob dies konkret eine zweimalige jährliche Kontrolle in belaubtem und unbelaubtem Zustand erfordert oder aber eine einmalig jährliche Kontrolle ausreicht, wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt.
Der Senat hält es sachverständig beraten nicht für pflichtwidrig, dass die beklagte Stadt Frankfurt a.M. die im öffentlichen Straßenraum stehenden Bäume nicht generell in halbjährlichem Abstand einer Sichtkontrolle in belaubtem und unbelaubtem Zustand unterzieht. Die Beklagte stützt ihre Dienstanweisung für die Baumkontrolle dabei auf die sog. FLL-Richtlinie (Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e.V). Diese gibt den fachlichen Standard zutreffend wieder und beruht auf der Erfahrung von zahlreichen mit der Baumpflege befassten Fachverbänden. Demnach ist es grundsätzlich ausreichend, bei einem stärker geschädigten Baum, der sich in der Reife- oder Altersphase befindet und an einem Standort mit berechtigterweise höheren Sicherheitserwartung des Verkehrs steht, ein Kontrollintervall von einem Jahr festzulegen, soweit die Schädigungen so geartet sind, dass sich voraussichtlich nicht innerhalb eines Jahres auf die Verkehrssicherheit auswirken.
Die Richtlinie sieht in begründeten Fällen allerdings kürzere Intervalle und besondere Untersuchungen vor. Derartige Besonderheiten lagen hier vor. Nach Angaben des Sachverständigen hat die Beklagte nicht ausreichend berücksichtigt, dass das äußere Erscheinungsbild der Baumkrone mit einer gesunden und vitalen Robinie nicht annähernd vergleichbar war. Die Krone stellte sich vielmehr als ausgesprochen schütter dar. Dies Erscheinungsbild konnte sich auch nicht erst seit der letzten Regeluntersuchung entwickeln, sondern muss in ähnlicher und auffälliger Weise schon seinerzeit bestanden haben. Die wiederholte und das übliche Maß übersteigende Beseitigung von Totholz und sog. Starkästen beinhaltetet einen weiteren Hinweis auf die Vitalitätsbeeinträchtigung. Schließlich waren auch wegen der Trockenheit 2018 zusätzliche Kontrollen des in seiner Vitalität bereits beeinträchtigten Baumes erforderlich. Diese besonderen Umstände wären Anlass gewesen, in kürzerem Abstand und unter Benutzung eines Hubsteigers oder Einsatz eines Baumkletterers den Kronenbereich besonders zu kontrollieren.
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OLG Frankfurt a.M. PM Nr. 37 vom 25.5.2023
Die Klägerin parkte ihren Fiat 500 im August 2019 in Frankfurt a.M. in einem Wohngebiet. Von einer Robinie auf dem Bürgersteig brach nachts ein großer Ast ab und stürzte auf das Fahrzeug. Dieses erlitt einen Totalschaden. Die beklagte Stadt Frankfurt a.M. hatte den Baum letztmals im August 2018 kontrolliert.
Das LG gab der Schadensersatzklage statt und verurteilte die Beklagte zur Zahlung i.H.v. gut 6.500 €. Die Berufung der Beklagten hatte vor dem OLG keinen Erfolg. Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Die Gründe:
Die Klägerin kann Schadensersatz wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht verlangen.
Grundsätzlich genügt eine Gemeinde ihrer Verkehrssicherungspflicht, wenn sie Straßenbäume regelmäßig auf trockenes Laub, dürre Äste, Beschädigungen oder Frostrisse beobachtet und eine eingehende Untersuchung dort vornimmt, wo besondere Umstände wie das Alter des Baumes, sein Erhaltungszustand, die Eigenart seiner Stellung oder sein statischer Aufbau sie dem Einsichtigen angezeigt erscheinen lassen. Ob dies konkret eine zweimalige jährliche Kontrolle in belaubtem und unbelaubtem Zustand erfordert oder aber eine einmalig jährliche Kontrolle ausreicht, wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt.
Der Senat hält es sachverständig beraten nicht für pflichtwidrig, dass die beklagte Stadt Frankfurt a.M. die im öffentlichen Straßenraum stehenden Bäume nicht generell in halbjährlichem Abstand einer Sichtkontrolle in belaubtem und unbelaubtem Zustand unterzieht. Die Beklagte stützt ihre Dienstanweisung für die Baumkontrolle dabei auf die sog. FLL-Richtlinie (Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e.V). Diese gibt den fachlichen Standard zutreffend wieder und beruht auf der Erfahrung von zahlreichen mit der Baumpflege befassten Fachverbänden. Demnach ist es grundsätzlich ausreichend, bei einem stärker geschädigten Baum, der sich in der Reife- oder Altersphase befindet und an einem Standort mit berechtigterweise höheren Sicherheitserwartung des Verkehrs steht, ein Kontrollintervall von einem Jahr festzulegen, soweit die Schädigungen so geartet sind, dass sich voraussichtlich nicht innerhalb eines Jahres auf die Verkehrssicherheit auswirken.
Die Richtlinie sieht in begründeten Fällen allerdings kürzere Intervalle und besondere Untersuchungen vor. Derartige Besonderheiten lagen hier vor. Nach Angaben des Sachverständigen hat die Beklagte nicht ausreichend berücksichtigt, dass das äußere Erscheinungsbild der Baumkrone mit einer gesunden und vitalen Robinie nicht annähernd vergleichbar war. Die Krone stellte sich vielmehr als ausgesprochen schütter dar. Dies Erscheinungsbild konnte sich auch nicht erst seit der letzten Regeluntersuchung entwickeln, sondern muss in ähnlicher und auffälliger Weise schon seinerzeit bestanden haben. Die wiederholte und das übliche Maß übersteigende Beseitigung von Totholz und sog. Starkästen beinhaltetet einen weiteren Hinweis auf die Vitalitätsbeeinträchtigung. Schließlich waren auch wegen der Trockenheit 2018 zusätzliche Kontrollen des in seiner Vitalität bereits beeinträchtigten Baumes erforderlich. Diese besonderen Umstände wären Anlass gewesen, in kürzerem Abstand und unter Benutzung eines Hubsteigers oder Einsatz eines Baumkletterers den Kronenbereich besonders zu kontrollieren.
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