22.03.2022

"Shill bidding" - eBay-Abbruchjäger

Als sog. eBay-Abbruchjäger kann auch derjenige zu bezeichnen sein, der selektiv auf hochwertige Artikel bietet, die zur Vermeidung einer Angebotsgebühr mit minimalen Anfangsgeboten eingestellt werden, um dann im Falle eines unerlaubten Abbruchs oder eines sog. shill biddings gegen die Verkäufer Schadensersatz- oder Erfüllungsansprüche zu -erfolgen. Ein derartiges Verhalten verstößt, wenn es plan- und geschäftsmäßig zur Erzielung erheblicher Einkünfte (gleichsam als ein c2b-Geschäft) erfolgt, gegen den Grundgedanken von eBay.

Schleswig-Holsteinisches OLG v. 23.8.2021 - 16 U 119/20
Der Sachverhalt:
Der Beklagte hatte am 15.4.2018 eine Herren-Luxusuhr Rolex Oyster Perpetual Date Sea-Dweller "Red" mit den Angaben "Ref. 126600 EU 2017, neuwertig, teilweise noch verklebt, mit 5 Jahren Herstellergarantie" zu einem Startpreis von 1,99 € (und damit für ihn kostenfrei) für eine Dauer von 7 Tagen im Format "Auktion" eingestellt. Noch am selben Tag beendete er das Angebot. Kurz zuvor hatte er unter einem ihm zugeordneten Zweitaccount 11.500 € geboten. Dieses - nach den eBay-AGB als sog. shill bidding verbotene und unwirksame - Gebot stellte zum Zeitpunkt des Abbruchs das Höchstgebot dar. Das zweithöchste Gebot von 10.955 € war zuvor unter dem auf die Klägerin registrierten Benutzeraccount durch den Bruder der Klägerin (Y.) über eine IP-Adresse abgegeben werden, die einem Internetanschluss an seinem Wohnsitz zugeordnet ist. Das dritthöchste Gebot eines unbekannten Nutzers belief sich auf 100 €.

Zwei Wochen später stellte der Beklagte auf eBay unter demselben Account die Uhr mit derselben Ref.-Nr., allerdings "EU 2018", zu einem Startpreis von nunmehr 11.850 € (und damit gebührenpflichtig) erneut zum Verkauf. In der Annahme, dass es sich bei dem Gebot von 11.500 € um ein manipuliertes Gebot zur Vorbereitung eines nach den eBay-Regeln unberechtigten Abbruchs gehandelt habe, kaufte der Y. über den Account der Klägerin vom Beklagten einen Karabinerhaken für 1 €, um dessen Kontaktdaten zu erlangen. Nachdem er den Zweitaccount des Beklagten ermittelt hatte, beauftragte Y. einen Rechtsanwalt, der namens der Klägerin den Beklagten dazu aufforderte, dieser die Uhr gegen Zahlung eines Kaufpreises von 101 € (der sich unter Ausscheidung des unzulässigen Eigengebotes des Beklagten nach den eBay-Regeln als das Höchstgebot ergibt) zu übergeben und zu übereignen.

Die Klage blieb in allen Instanzen erfolglos.

Die Gründe:
Die Klägerin hat keinen Anspruch aus § 433 Abs. 1 BGB auf Erfüllung des Kaufvertrages. Es kann dahingestellt bleiben, ob zwischen den Parteien ein wirksamer Kaufvertrag zustande gekommen ist oder nicht, §§ 145ff. BGB. Die auf "Käuferseite" abgegebenen Erklärungen sind im eigenen Geschäftsinteresse des Y. unter fremdem Namen (dem der Klägerin) abgegeben worden. Der Y. ist selbst nicht dazu berechtigt gewesen, an eBay-Auktionen teilzunehmen, weil er in Person als Nutzer der eBay-Dienste ausgeschlossen war. Die Zulässigkeit der Bevollmächtigung des Y. bzw. der Genehmigung seines Handelns durch die Klägerin dahingestellt, zielte die Benutzung des Accounts der Klägerin durch Y. in deren Einverständnis auf eine bewusste und gewollte Umgehung seines Ausschlusses und stellte dergestalt einen Missbrauch dar mit der Folge, dass die Berufung auf ein wirksames Handeln unter fremdem Namen jedenfalls rechtsmissbräuchlich und deshalb nach Treu und Glauben, § 242 BGB, unwirksam ist.

Als sog. eBay-Abbruchjäger kann auch derjenige zu bezeichnen sein, der selektiv auf hochwertige Artikel bietet, die zur Vermeidung einer Angebotsgebühr mit minimalen Anfangsgeboten eingestellt werden, um dann im Falle eines unerlaubten Abbruchs oder eines sog. shill biddings gegen die Verkäufer Schadensersatz- oder Erfüllungsansprüche zu -erfolgen. Ein derartiges Verhalten verstößt, wenn es plan- und geschäftsmäßig zur Erzielung erheblicher Einkünfte (gleichsam als ein c2b-Geschäft) erfolgt, gegen den Grundgedanken von eBay.

Wem wegen solcher Geschäfte die von ihm eingerichteten Accounts von eBay geschlossen worden sind und wer in Person als Nutzer der eBay-Dienste ausgeschlossen ist, kann sich in Ansehung einer in bewusster und gewollter Umgehung des eigenen Ausschlusses unter fremdem Account fortgesetzten Geschäftstätigkeit nicht auf eine Genehmigung des Geschäftes durch den Inhaber des Accounts berufen. Die Berufung auf ein wirksames Handeln unter fremdem Namen ist dann rechtsmissbräuchlich.

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