Sicherungszession: Zur Einbeziehung von belasteten Forderungen in die Berechnungsgrundlage für die Vergütung des vorläufigen Verwalters
BGH 7.2.2013, IX ZB 286/11Der weitere Beteiligte wurde auf Antrag des Schuldners vom 10.6.2010 am gleichen Tag zum vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungs-vorbehalt über dessen Vermögen bestellt. Er wurde ermächtigt, Bankguthaben und Forderungen des Schuldners einzuziehen, auch Forderungen, die der Schuldner zur Sicherung eines Anspruchs abgetreten hatte. Am 14.12.2010 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und der weitere Beteiligte zum Insolvenzverwalter bestellt.
Er begehrt die Festsetzung seiner Vergütung für die Tätigkeit als vorläufiger Insolvenzverwalter i.H.v. rd. 8.200 € zzgl. Auslagen von rd. 1.000 € und Umsatzsteuer von rd. 1.800 €, zusammen rd. 11.000 €. Als Berechnungsgrundlage legt er einen Betrag von rd. 209.000 € zugrunde, in den er die Rückkaufswerte nebst Überschussbeteiligung zweier Lebensversicherungen i.H.v. rd. 91.000 € und 78.100 € einbezieht, die der Schuldner an das Land Nordrhein-Westfalen sicherungshalber abgetreten hatte. Die Einbeziehung begründet er damit, dass die Sicherungsabtretung jeweils der Insolvenzanfechtung unterliege.
Das AG setzte die Vergütung unter Zugrundelegung einer Berechnungsgrundlage ohne den Wert der beiden Lebensversicherungen i.H.v. rd. 40.100 € auf einen Endbetrag von rd. 6.400 € fest. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde blieb vor dem LG ebenso ohne Erfolg wie die vorliegende Rechtsbeschwerde vor dem BGH.
Die Gründe:
Die von den Vorinstanzen zugrunde gelegte Berechnungsgrundlage war zu beanstanden.
Die Lebensversicherungen kämen als Bestandteil der Berechnungsgrundlage selbst dann nicht in Betracht, wenn sich der vorläufige Insolvenzverwalter - wie es § 11 Abs. 1 S. 4 InsVV voraussetzt - in erheblichem Umfang mit ihnen befasst hätte. Denn die Vorschrift ist insoweit mit der Ermächtigungsgrundlage des § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, § 63 Abs. 1, § 65 InsO unvereinbar und nichtig, als er anordnet, dass mit Absonderungsrechten wertausschöpfend belastete Gegenstände unter der Voraussetzung erheblicher Befassung bei der Berechnungsgrundlage zu berücksichtigen sind.
Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass der Insolvenzverwalter nach Verfahrenseröffnung nach § 166 Abs. 2 InsO zur Einziehung der sicherungszedierten Forderungen berechtigt ist und einem Absonderungsbegehren des Sicherungszessionars gem. § 146 Abs. 2 InsO zeitlich unbegrenzt die Einrede der Anfechtbarkeit entgegenhalten kann. Dies betrifft die Tätigkeit des endgültigen Verwalters, nicht diejenige des hier zu vergütenden vorläufigen Verwalters.
Wie der Senat entschieden hat, ist die mögliche Anfechtbarkeit eines bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestehenden Absonderungsrechts für die Berechnungsgrundlage der Vergütung des vorläufigen Verwalters ohne Bedeutung, auch soweit damit der Wert der Masse erhöht würde. Mögliche Anfechtungsansprüche entstehen erst mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens; sie müssen vom endgültigen Verwalter erst geltend gemacht und durchgesetzt werden und haben nur einen schuldrechtlichen Anspruch auf Rückabtretung zur Folge. Der Zessionar der Sicherungsabtretung bleibt Inhaber der Forderung, bis der Anspruch an den Insolvenzverwalter zurückabgetreten worden ist oder infolge der Verurteilung des Zessionars als zurückabgetreten gilt.
Deshalb ist auch der Wert des Anfechtungsanspruchs selbst, der erst mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens entsteht, nach ständiger Rechtsprechung des Senats nach geltendem Recht nicht Gegenstand der Berechnungsgrundlage für die Vergütung des vorläufigen Verwalters. Ob und in welchem Umfang das Einziehungsrecht des Verwalters nach § 166 Abs. 2 InsO die Berechnungsgrundlage für die Vergütung des (endgültigen) Verwalters erhöht, kann dahinstehen. Dieses Einziehungsrecht entsteht erst mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens und kann deshalb nicht die Berechnungsgrundlage für die Vergütung des vorläufigen Verwalters erhöhen.
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