22.11.2012

Siegelbruch bei Nachprüfung in Wettbewerbssachen: Geldbuße gegen E.ON bestätigt

Die E.ON Energie AG muss eine Geldbuße von 38 Mio. € wegen des bei einer Nachprüfung in Wettbewerbssachen begangenen Siegelbruchs zahlen. Der EuGH hat ein entsprechendes Urteil des EuG bestätigt, mit dem die Entscheidung der Kommission, diese Geldbuße zu verhängen, bestätigt wurde.

EuGH 22.11.2012, C-89/11 P
Der Sachverhalt:
Im Mai 2006 führte die beklagte EU-Kommission in den Geschäftsräumen der Klägerin, der E.ON Energie AG, in München eine Nachprüfung durch, um dem Verdacht der Beteiligung dieser Gesellschaft an wettbewerbswidrigen Absprachen nachzugehen. Da die Nachprüfung nicht am selben Tag abgeschlossen werden konnte, wurden die für die weitere Prüfung ausgewählten Dokumente in einen Raum gebracht, der der Kommission von der Klägerin zur Verfügung gestellt worden war. Die Tür des Raums wurde verschlossen und mit einem amtlichen Siegel der Kommission versehen.

Die Siegel der Kommission bestehen aus einem Kunststoffaufkleber. Versucht man, sie zu entfernen, reißen sie nicht, sondern sowohl auf ihrer Oberfläche als auch auf ihrer klebenden Unterseite erscheinen "VOID"-Schriftzüge, die nicht entfernt werden können. Als das Nachprüfungsteam am Morgen des zweiten Tages der Nachprüfung zurückkehrte, stellte es fest, dass auf dem am Vorabend angebrachten Siegel der Schriftzug "VOID" sichtbar war. Die Kommission setzte daraufhin gegen die Klägerin eine Geldbuße i.H.v. 38 Mio. € wegen Siegelbruchs fest. Die Klägerin erhob Klage auf Nichtigerklärung dieser Entscheidung.

Das EuG wies die Klage ab. Das hiergegen gerichtete Rechtsmittel der Klägerin hatte vor dem EuGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Das EuG hat weder in unzulässiger Weise die Beweislast umgekehrt noch gegen die Unschuldsvermutung verstoßen. Da die Kommission aufgrund eines Bündels von Beweisen einen Siegelbruch festgestellt hatte, war das EuG zu der Annahme berechtigt, dass es der Klägerin oblag, Beweise vorzulegen, die diese Feststellung erschüttern konnten. In diesem Zusammenhang gilt, dass ein Unternehmen den Beweiswert eines Siegels nicht unter Berufung auf die bloße Möglichkeit eines Mangels in Frage stellen kann. Könnte ein solches, nicht durch Beweismittel untermauertes Vorbringen Erfolg haben, würde der Kommission jede Verwendung von Siegeln unmöglich gemacht.

Das EuG hat auch nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen, in dem es die von der Kommission verhängte Geldbuße nicht herabgesetzt hat. Nur dann, wenn der EuGH der Ansicht wäre, dass die Höhe der Sanktion nicht nur unangemessen, sondern auch derart überhöht ist, dass sie unverhältnismäßig wird, wäre ein Rechtsfehler des EuG wegen der unangemessenen Höhe einer Geldbuße festzustellen.

Das EuG hat i.Ü. zu Recht festgestellt, dass eine Zuwiderhandlung in Form eines Siegelbruchs ihrem Wesen nach besonders schwerwiegend sei. Da die Kommission gegen die Klägerin eine Geldbuße i.H.v. 10 Prozent ihres Jahresumsatzes hätte verhängen können, wenn sie ihr wettbewerbswidrige Praktiken nachgewiesen hätte, kann die wegen des Siegelbruchs verhängte Geldbuße von 38 Mio. €, die lediglich 0,14 Prozent ihres Jahresumsatzes entspricht, in Anbetracht des Erfordernisses, die Abschreckungswirkung dieser Sanktion zu gewährleisten, auch nicht als überhöht angesehen werden.

Linkhinweis:

Für den auf den Webseiten des EuGH veröffentlichten Volltext der Entscheidung klicken Sie bitte hier.

EuGH PM Nr. 148 vom 22.11.2012
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